Welche fehlgeschlagenen Verbesserungsversuche an euren Unis?

vom 15.03.2014, 20:35 Uhr

Vor kurzem lief im Fernsehen ein Beitrag über unsere Universität, über das Chemische Institut um genauer zu sein. Einer unserer Professoren hat auch einen Lehrpreis gewonnen und er hat für unser Semester ein neues Lernkonzept erarbeitet, mit dem er erreichen wollte, dass mehr Studenten die Prüfung zum Modul bestehen, da die Durchfallquote vorher sehr hoch war. Für die Studenten war das schon ein ziemlicher Happen, denn das Durchfallen in diesem Modul bedeutete gleichzeitig eine Verlängerung der Studienzeit um ein volles Jahr, da die Module nur jeweils jedes Jahr angeboten werden und man mit dem Nichtbestehen für Praktika und Module im kommenden Semester nicht zugelassen war.

Die neue Lehrmethode die der Professor zusammen mit Tutoren und dem Studiengangsmanagment erarbeitet hat bezog sich hauptsächlich auf die Seminare und Tutorien, dort wurde viel umstrukturiert und die Vorlesung gab es dieses Jahr dann auch nicht mehr als Power Point zum download und anhören in der Vorlesung, sondern man musste mitschreiben. Da der Stoff super umfangreich war, hatten wir alle in der Vorlesung regelmäßig Krämpfe in den Händen und bemühten uns auch recht schnell darum, die PDF zur Vorlesung von den früheren Semestern zu bekommen, da es einfach nur eine Folter und für viele wenig sinnvoll war, das alles abzuschreiben. Jeder lernt eben auf eine andere Art und Weise.

Mit der neuen Lernmethode sollte die Quote der durchfallenden Studenten gesenkt werden und der Beitrag endete mit den Worten, man würde sehen, wie die Klausur ausgeht. Nun ist die Klausur jetzt auch schon geschrieben worden und es sind über ein Drittel der Studenten durchgefallen. Das ist für ein drittes Semester vielleicht doch ein bisschen viel, besonders wenn man bedenkt, dass es sich um ein Modul handelt, was quasi die Eintrittskarte für das nächste Semester ist. Leider weiß ich nicht, wie hoch die Durchfallquote vorher war, so dass ich nicht sagen kann, ob es sich um eine Verbesserung zum Vorjahr handelt, dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass die neue Lernmethode so gut geklappt haben soll, wenn noch immer so viele durchgefallen sind.

Generell war der Zeitaufwand höher, als für die Jahre davor, eben weil die Vorlesung handschriftlich war und die Seminare und Tutorien umfangreicher. Und gerade wenn es sich um ein Studium handelt, in dem die Zeit ohnehin enorm knapp bemessen ist, da nebenher noch Ganztagspraktika stattfinden und diverse andere Module für die man auch keine Zeit mehr hat, ist das vielleicht nicht unbedingt die Beste Lösung. Welche neuen Lernmethoden sind bereits an eurer Universität ausprobiert worden und vielleicht auch eher nach hinten losgegangen, als dass sie was geholfen hätten? Habt ihr da auch eher schlechte Erfahrungen mit gemacht?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



In meiner alten Universität gab es in einem Modul auch massive Probleme mit einem Dozenten. Dieser Dozent war relativ neu zugezogen und hatte noch nicht sehr viel Erfahrung in der Lehre. Die Klausuren waren total unrealistisch gestellt und er hatte sehr sehr hohe Erwartungen an uns alle, die kaum jemand erfüllen konnte. Die Durchfallquote bei diesem Dozenten lag bei 83% und das nur in diesem einen Fach. In einem anderen Pflichtmodul lag die Durchfallquote bei 95% und daran haben sämtliche Seminare, Tutorien oder Übungen nichts geändert. Dabei gab es schon diverse Änderungen in der Notenvergabe und auch was die Lehrmethoden angeht.

Es gab in der alten Universität eine Art Mentorenprogramm. Jeder Student aus unserem Fachbereich musste mindestens einmal im Semester zu seinem zu Studienbeginn zugeteilten Mentor gehen und mit ihm eventuelle Probleme klären. Die Mentoren waren allesamt Dozenten der Universität, die man in der Regel auch durch diverse Veranstaltungen kannte. Es gab auch diverse Bescherden zu den beiden oben genannten Professoren und mein Mentor hat sich total darüber aufgeregt und wollte unbedingt etwas unternehmen. Er meinte zu mir, er hätte diese Beschwerde schon häufiger gehört, auch von anderen Studenten und dass er das bei irgendeiner Form von Konferenz oder Komission oder was auch immer ansprechen würde. Die betreffenden Dozenten sollten auch darauf angesprochen werden und mein Mentor war zuversichtlich, dass sich das bald verbessern und die hohen Durchfallquoten sinken würden.

Getan hat sich bis heute nichts davon. Ich wechselte mehrere Semester danach die Hochschule und fragte lange nach meinem Wechsel eine alte Bekannte, die dort noch studiert, ob sich inzwischen etwas geändert hätte. Sie verneinte meine Frage und es scheint nicht der Fall zu sein, dass das Ende in irgendeiner Weise in Sicht ist.

Gerade die Studenten werden bei sowas ja total unter Druck gesetzt. In der alten Uni war das nämlich so, dass man nur 3 Versuche hat, eine Klausur zu bestehen. Wenn man jedes Mal durchfällt, muss man in die "Existenzprüfung", eine Art mündliche Abschlussprüfung, in dem dann der gesamte Stoff der beiden Semester abgefragt wird. Wenn man durch diese Prüfung allerdings auch durchfällt, wird man für das gesamte Studium dieses Studienfaches in Deutschland gesperrt. Also muss man dann entweder abbrechen oder ins Ausland gehen. Ich kenne so einige ehemalige Studenten, die aus lauter Verzweiflung die Hochschule gewechselt haben, damit die Fehlversuche gelöscht werden und sie nicht deutschlandweit gesperrt werden. Ich gehöre glücklicherweise nicht dazu. Bei mir spielte der Forschungsschwerpunkt der Universität und eine berufliche Neuorientierung die größte Rolle bei meiner Entscheidung.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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