In höherem Alter feststellen, dass Beziehung nicht gut war?

vom 14.03.2014, 23:51 Uhr

In einem anderen Beitrag hat jemand gefragt, ob man Partnerschaften erzwingen kann. Für mich geht damit auch die Frage einher, ob eine langfristige Partnerschaft, also ein jahrelanges Miteinander, überhaupt ohne Zwang möglich sind. Es gibt ja sicherlich viele Paare, die den Weg zueinander ganz ohne Zwang gefunden haben. Die haben sich verliebt und waren Feuer und Flamme füreinander, haben vielleicht sogar geheiratet und Kinder bekommen. Jahre später schleicht sich dann so eine Art gemeinsamer Alltagstrott ein. Ich habe den Eindruck, dass viele damit unglücklich sind.

Letztens habe ich mich etwa mit einer Frau unterhalten, die Mitte 40 oder Ende 40 war. Sie arbeitete Teilzeit im Handel und half ansonsten ihrem Mann, der ein eigenes Unternehmen hatte. Die Hilfe für ihren Mann hat sie kostenlos erbracht; sie meinte, das wäre nicht anders möglich, weil ihr Mann sich für diese Aufgaben keine eigene Bürokraft leisten könne. Sie hat nichts dafür bekommen; sie war dadurch auch in gewisser Weise abhängig von ihrem Mann, der ihr zwar direkt kein Geld gab, aber sie hat ja von dem mit gelebt, was die Firma erwirtschaftet hat und sollte der sich mal trennen, dann hat sie finanzielle Einbußen, weil sie in der Zeit gar keine Rentenpunkte gesammelt hat. Ich hab sie dann gefragt, ob sie das gerne macht und ob sie die Beziehung zu ihrem Mann als gut erlebe. Das hat sie nicht so eindeutig sagen wollen. Als ich dann nochmal fragte, ob sie sich denn nochmal für diesen Mann entscheiden würde, da hat sie geantwortet, dass sie, wenn sie nochmal die Wahl hätte, gar keinen Mann mehr nehmen würde. Das fand ich schon traurig; das heißt ja, dass sie sich ihr Leben eigentlich grundsätzlich anders vorgestellt hat, als es dann kam oder dass sie von der Partnerschaft an sich enttäuscht ist.

Ich habe den Eindruck, dass es vielen so geht, die eine Weile zusammen sind. Da macht der eine etwas für den anderen, was er eigentlich gar nicht will und umgekehrt; da schleichen sich so Gewohnheiten ein, mit denen der eine unzufrieden ist oder es gibt vielleicht Enttäuschungen, weil man mit der Zeit merkt, dass man sich sein Leben irgendwie anders vorgestellt hat. Gleichzeitig hat sich diese Frau ja nicht von ihrem Mann getrennt, weil sie eben schon so viel gemeinsam haben und ohne ihn hätte sie kein Haus mehr und wäre der finanziellen Unsicherheit ausgeliefert. Ab einem gewissen Alter ist es dann ja auch unwahrscheinlich, dass man noch jemand anderes abbekommt und das ist sicherlich den Leuten auch bewusst, die dann mit Ende 40 über ihr Leben nachdenken und feststellen, dass sie Partnerschaft nicht so war wie gewünscht.

In früheren Partnerschaften hatte ich schon manchmal das Gefühl, dass es nicht so ist, wie ich es möchte. Eigentlich hatte ich den Eindruck oft. Manchmal waren es Kleinigkeiten, wie etwa, dass der andere sich nicht so oft und ausgiebig gemeldet hat, wie ich es mir vorgestellt hatte, dass ich mich dadurch ein bisschen zu wenig beachtet fühlte oder dass der Partner Freunde hatte, die ich nicht mochte. Manchmal waren das gravierendere Dinge, wie etwa dass der andere mich oft genötigt hat, zu irgendwelchen Veranstaltungen mitzugehen, die mich überhaupt nicht interessiert haben. Da habe ich manchmal auch gedacht, dass ich mir das nicht so vorgestellt habe und war frustriert. Aber da waren wir meistens noch gar nicht so lange zusammen und da gab es noch keine großartigen gemeinsamen Verflechtungen, die eine Trennung erschwert hätten.

Lange Zeit habe ich gedacht, dass es ja gut ist, am Anfang zu merken, dass einen Dinge stören, denn dann kann man weiter nach einem „Besseren“ suchen. Aber mir hat dann mal eine Kollegin erzählt, dass es auch ganz anders sein kann. Sie meinte, man kann durchaus erst zusammenpassen, auch jahrelang, sich dann aber irgendwie in verschiedene Richtungen entwickeln. So sei es bei ihr und ihrem ersten Mann gewesen. Da habe sie mit diesem noch eine Weile zusammengelebt, aber innerlich waren sie schon getrennt. Das würde ja dann bedeuten, dass man sich nie sicher sein kann. Denn auch wenn man am Anfang zusammenpasst und alles gut ist, so wie gewünscht, kann es ja dennoch passieren, dass man sich irgendwann in verschiedene Richtungen entwickelt, sich verändert und dann der andere unzufrieden ist, weil er diese Entwicklung nicht begrüßt.

Genau das macht mir Angst. Ich hatte bisher immer nur kurze Partnerschaften; die längste war mal drei Jahre, aber da waren 1,5 Jahre Unzufriedenheit dabei. Ich möchte in Zukunft zwar nicht alleine sein, aber ich hätte wirklich Angst davor, an jemanden zu geraten, wo ich dann (wie die Frau, mit der ich mich da unterhalten habe) später mal denke, dass ich doch lieber hätte alleine bleiben sollen, aber das erst dann feststelle, wenn man vom Alter her schon höchstwahrscheinlich niemanden anderen mehr abbekommt. Sind das Bindungsängste? Oder kommen einem solche Gedanken automatisch, wenn man eine Weile alleine lebt und sich mit anderen über deren gescheiterte Beziehungsentwürfe unterhält? Ist denn eine langfristige Partnerschaft oder eine längere Beziehung möglich, ohne dass ein Partner irgendwann denkt „Na, das habe ich mir aber anders vorgestellt.“?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 14.03.2014, 23:53, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich bin 5 Jahre mit meinem Partner zusammen und ich muss sagen, dass ich immer noch jeden Tag genieße. Es ist so, dass wir uns absolut ergänzen. Man muss also nicht an jemanden geraten, mit dem man eigentlich nichts anfangen kann. Eine lange Beziehung kann durchaus eine Bereicherung sein, weil man sich eben komplett kennt und alles aneinander mag. Man muss nicht viel sagen und versteht sich, das ist doch schön.

An deiner Stelle würde ich versuchen zu lernen Dinge anzusprechen. Man muss ja gar nicht unglücklich sein. Probleme kann man ja ansprechen und sollte dies auch, wenn man glücklich werden will. Dann kann man entweder was ändern oder sieht gemeinsam ein, dass man eben nichts füreinander ist. Dieses Unwohlsein baut sich ja auch nicht von heute auf morgen auf, sondern ist ein Prozess, der länger dauert. Man muss eben miteinander reden und Schluss machen, wenn es nicht passt.

Ich finde, dass man das einfach ansprechen muss. Man muss doch nicht bei jemanden bleiben, den man nicht mehr mag. Auch finde ich nicht, dass man irgendwann zu alt ist um einen Partner zu finden. Es gibt auch Senioren, die noch jemanden finden. Man darf sich eben nicht so versteifen und sollte keine Bindungsangst entwickeln. Ich finde, dass jeder seine Chance verdient hat und man sollte einer neuen Beziehung gegenüber offen sein sollte und man nicht seine ganzen Altlasten mit in die Beziehung nehmen sollte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Nein, man kann sich nie sicher sein. Mein Extrembeispiel ist dabei immer, dass mein Mann einen Unfall mit einem Nahtoderlebnis haben könnte. Das wäre sicherlich ein einschneidendes Erlebnis. Wenn er danach an Gott glaubt, wäre er nicht mehr der Mann, in den ich mich verliebt habe. Das ist immer mein nicht ganz ernst gemeintes Beispiel, weil mein Mann meine Sichtweise da nicht so ganz nachvollziehen kann. Er ist glücklich mit mir und möchte das auch bleiben. Das ist bei mir ganz genauso. Ich sage nur, dass es vielleicht nicht in unserer Hand liegen wird, dass es so bleibt.

Es kann immer etwas passieren, plötzlich oder schleichend, das ein Paar auseinandertreibt. Menschen verändern sich, entwickeln sich. Wir sind ja nicht irgendwann fertig und machen keine neuen Erfahrungen oder erlangen neue Erkenntnisse mehr.

Aber es kann genauso gut auch nichts passieren und man ist gemeinsam glücklich bis an sein Lebensende. Man wird es erst wissen, wenn man es ausprobiert. Und daher bin ich auf jeden Fall dazu bereit, es zu probieren. Ich bin nun seit 9 Jahren mit meinem Mann zusammen und bisher ist es großartig. Sollten irgendwann Probleme auftauchen, werde ich mich ihnen stellen. Es ist müßig, diese Probleme jetzt schon vorherzusehen. Es kann sein, dass ich mich verändere, dass er sich verändert, dass ich einen neuen Partner will, dass ich gar keinen Partner will oder tausend andere Dinge.

Wenn es so weit ist, werde ich eine Lösung finden und habe dann auch hoffentlich den Mut, sie anzuwenden. Man kann sich auch mit Ende 40 noch trennen, auch mit Ende 60. Man braucht nur Mut. Dass man sich in einer Partnerschaft abhängig voneinander macht, kommt häufig vor und lässt sich oft gar nicht vermeiden. Dann braucht man noch etwas mehr Mut, aber es ist nicht unmöglich.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Das was du beschreibst ist in den Grundzügen genau das, was ich mir vor mehr als vier Jahren abgeschafft habe. Gut bei uns war es, dass ich die Firma hatte und mein Ex-Mann einen Vollzeitjob. Aber ich habe ein gemeinsames Haus und finanzielle Sicherheit aufgegeben, damit ich nicht irgendwann gestehen muss, dass ich nur aus Gewohnheit ein Leben geführt habe, was ich so nicht wollte. Und mich hat wirklich mal jemand gefragt, wie ich so ein tolles Haus einfach aufgeben konnte.

Heute wohne ich zur Miete, bin zum zweiten Mal verheiratet und bin damit glücklich. Der Schritt damals hat mir das gebracht, was ich immer gesucht habe. Vor allem habe ich nun einen Partner an meiner Seite, der mich und meine Arbeit unterstützt. Zum Beispiel hatte ich letzte Woche erfahren, dass Sonntag ein Sänger in der Stadt ist, den ich quasi seit meiner Kindheit aus dem Fernsehen kenne. Da ist mir glatt entschlüpft, dass ich mir die Gelegenheit eigentlich nicht entgehen lassen darf diesen Mann zu treffen und eben ein Interview zu machen.

Mein Mann hat die Idee sofort unterstützt, auch wenn es Sonntagnachmittag war und wir damit weniger gemeinsame Freizeit haben. Das hätte ich bei meinem Ex-Mann nie so erleben können, weil er das was ich mache eben nicht als Arbeit akzeptiert hat. Ist ja nicht körperlich anstrengend und Denkarbeit passt eben nicht in seine Vorstellungskraft.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich denke, dass es nicht immer so sein muss, dass man nach einiger Zeit merkt, dass man doch einen besseren Partner haben könnte. Immerhin gibt es durchaus Paare, die ein Leben lang glücklich miteinander sind. Dabei ist es eigentlich auch völlig normal, dass es in jeder Beziehung hin und wieder Streit gibt oder dass man sich auch nicht immer einig ist. In einer guten Beziehung sollte man dann jedoch auch immer Kompromisse finden, so dass man dennoch glücklich und zufrieden in der Beziehung leben kann, ohne daran zu zweifeln.

Auch wenn man nach vielen Jahren merken sollte, dass man die Beziehung doch nicht mehr weiter führen möchte, dann muss das dennoch nicht heißen, dass die ganzen Jahre umsonst waren. Immerhin denke ich mir immer, dass es völlig egal ist, wie lange man mit dem Partner zusammen ist oder ob die Beziehung halten wird oder nicht. Wichtig ist nur, dass man selbst glücklich ist. Und wenn es wirklich so war, dass man viele Jahre mit dem Partner glücklich in einer Beziehung war, dann muss man sich auch keine Gedanken darüber machen, sein Leben verschwendet zu haben. Immerhin hatte man eine glückliche Zeit und hat auch Erfahrungen gesammelt, weshalb ich diese Zeit nach einer Trennung nicht als negativ ansehen würde.

Ich habe auch zwei Beziehungen hinter mir, wobei ich mich heute frage, wieso ich überhaupt jemals mit den Männern zusammen gekommen bin. Immerhin war von Anfang an klar, dass wir nicht so richtig zusammen passten. Dennoch habe ich versucht, mir mit ihnen eine Zukunft aufzubauen. Von daher denke ich auch ab und zu darüber nach, ob ich es nicht bereue, mit den Männern zusammen gekommen zu sein. Daraufhin bemerke ich dann jedoch, dass es auch schöne Zeiten in den Beziehungen gab. Es war nicht immer alles nur schlecht und es gab auch Zeiten in denen ich glücklich war. Zudem habe ich auch Erfahrungen für mein Leben gesammelt, die mir wichtig sind. Somit bereue ich es nicht, die Beziehungen eingegangen zu sein. Sie gehören einfach zu meinem Leben dazu.

Ich denke, dass es wichtig ist, nicht immer vor Augen zu haben, dass man um jeden Preis einen Partner fürs Leben finden muss. Natürlich wünscht sich das insgeheim jeder und ist wäre das Schönste, einen Partner zu finden, mit dem man für immer glücklich wäre. Allerdings heißt das noch lange nicht, dass alle anderen Beziehungen dann immer schlecht und auch umsonst gewesen sind. Umsonst ist eine Beziehung nie gewesen, wenn man sich in dem Moment sicher war, dass es das Richtige ist und auch glückliche Zeiten hatte. Von daher denke ich, dass man es auch nicht als so schlimm ansehen sollte, wenn man mit der Zeit merkt, dass der Partner doch nicht der Richtige für einen ist. In so einem Fall sollte man sich trennen und an die schönen Zeiten und Erfahrungen denken, die man mitgenommen hat.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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