Was wurde auf den Arbeiterfestspielen in der DDR aufgeführt?

vom 08.09.2013, 15:14 Uhr

Ein Teil meiner Verwandten hat früher in der DDR gewohnt, sind aber alle leider schon verstorben. Wir haben meine Oma und meinen Onkel immer in den Sommerferien besucht. 1978 waren wir auch dort, als in Suhl die sogenannten Arbeiterfestspiele stattfanden. Ich war aber noch klein und habe nicht allzu viel mitbekommen, aber es muss wohl die Erwachsenen begeistert haben. Wir sind auch meist nicht zu den Vorführungen mitgefahren, sondern bei meiner Oma in ihrem paradiesischen Garten geblieben.

Was waren eigentlich die Arbeiterfestspiele in der DDR? Was wurde dort aufgeführt oder ausgestellt? War jemand von euch dabei und kann von eigenen Erfahrungen berichten? Gab es künstlerische Freiheiten oder musste alles systemkonform sein?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 08.09.2013, 17:06, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Die Arbeiterfestspiele waren immer eine feste Größe in der ehemaligen DDR und wenn ich mich richtig erinnere waren sie immer gut besucht. Natürlich wurden auch ganze Brigaden dorthin gekarrt die dort ihren K&S- Fonds (Topf mit Geld für Kulturelles und Soziales) verbraten wollten und die sich nicht unbedingt dafür interessierten, aber das war damals so. Vielleicht zur kurzen Erläuterung. Jede Brigade, also das konnten meinetwegen die Mitarbeiter einer Schicht oder einer Konsumverkaufsstelle sein, befanden sich permanent im sozialistischen Wettbewerb mit anderen Gruppen. Zu diesem Zweck war es unter anderem erforderlich auch bestimmte kulturelle Veranstaltungen gemeinsam zu besuchen. Vom Betrieb gab es immer Geld dazu und da so etwas dann auch als Arbeitszeit zählte hatte sowieso niemand Probleme damit. Wenn man alle Vorgaben erfüllte dann durfte man sich am Ende des Jahres „sozialistisches Kollektiv“ nennen und es hagelte Prämien und Auszeichnungen.

Diese Arbeiterfestspiele waren eigentlich recht vielfältig in ihrem Programmangebot und ich glaube es war auch nicht unbedingt so starr in der Auslegung festgelegt wer dort auftreten durfte. Die Veranstalter waren meistens froh überhaupt jemanden zu haben der Auftrat und dass sie ein buntes Programm präsentieren konnten. So traten unter anderem Volkskunstgruppen mit Folkloredarbietungen auf, es gab Gesangswettbewerbe junger Nachwuchsbands, Theatervorführungen, Chorauftritte und so weiter. Wenn man der Presse damals glauben durfte dann wurden angeblich auch einige Talente dabei entdeckt.

In größeren Betrieben gab es Theatergruppen, die waren natürlich auch dort. Ich musste auch einmal gezwungenermaßen von der Fachschule aus als Student mit der Seminargruppe dorthin. Wir führten Sketche auf und wir waren so ziemlich die schlechtesten Darsteller von allen die dort auftraten. Ich glaube die Russen waren auch immer da, also die Kulturensemble der russischen Streitkräfte meine ich. Es kann auch sein dass ein paar Filme gezeigt wurden wo es um den Kampf der Arbeiterklasse in vergangener und damalig aktueller Zeit ging, möglich aber dass ich da etwas durcheinanderbringe. Es ist einfach schon zu lange her und so richtig habe ich mich nicht dafür interessiert.

Bei solchen Veranstaltungen war es einfach nur wichtig präsent zu sein und um möglicherweise die Aufführenden von der eigenen Stadt oder des Betriebes zu unterstützen. Man liebte es damals wirklich gemeinsam mit den Arbeitskollegen etwas gemeinsames außerhalb der Arbeitszeit zu unternehmen und auch gemeinsam zu feiern. Nur am Rande, bei jeder Silberhochzeit, Heirat, Jugendweihe oder jedem Geburtstag wurden auch immer die Kollegen mit eingeladen. Es gab nur sehr wenige die sich dem Verweigerten. Diese Festivitäten waren aber immer freiwillig, also nicht staatlich angeordnet. Das gehörte einfach dazu weil man doch etwas mehr miteinander verbunden war als heute.

Ob es konform war weiß ich nicht und ob die Beiträge vorher eingereicht wurden. Ich gehe aber davon aus. Es gab aber auch den vorauseilenden Gehorsam. Es kam sicherlich niemand auf die Idee bei den Arbeiterfestspielen aus der Reihe zu tanzen und meinetwegen Lieder vom Klassenfeind zu spielen oder zu kritische Sketche aufzuführen.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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