Modeerscheinung scharfes Essen

Ich mag gerne gutes Essen, aber ich hasse scharfes. Ich vertrage es einfach nicht und bekomme neben den üblichen Folgeerscheinungen auch noch heftige Magenprobleme und etwa zwei Tage lang nicht behandelbares Sodbrennen. Ich vermeide also alles, wo ich den Eindruck habe, es könnte scharf sein, und bewege mich damit gegen die gerade überschwappende Mode, wo so ziemlich jedes Essen scharf abgeschmeckt wird.

Ich war letztens in einem italienischen Restaurant und habe Vitello Tonnato bestellt. Ich kenne das Rezept und fühlte mich auf der sicheren Seite. Als ich es dann probierte, trieb es mir die Tränen in die Augen und es war vor Schärfe nicht mehr essbar. Letztens holte ich mir fertige Chicken Chips, wo es Sweet-Chili-Sauce in einem separaten Dip dazu gab. Ich las mir extra die Zutatenliste durch und außer in dem Dip war nichts Scharfes aufgeführt. Trotzdem waren die Chicken Chips abartig scharf, denn die Panade war scharf abgeschmeckt.

Und gerade esse ich Hähnchen-Rahmmedaillons. Auch diese in einer Fertigpackung, auch hier war auf der Zutatenliste nichts Scharfes zu entdecken. Und trotzdem treibt es mir wieder die Tränen in die Augen und ist nur mit einer ganzen Packung Sahne dazu so gerade eben essbar.

Wieso wird derzeit alles so scharf gewürzt, dass viele Leute es einfach nicht mehr essen können? Ich bin doch nicht die einzige Person, die nicht scharf essen will. Wieso wird den Leuten nicht selbst überlassen, wie scharf sie gerne essen möchten, und vielleicht noch ein Gewürzpäckchen dazu getan? Es wird doch schließlich auch nicht alles stark gesalzen, weil einige es so wollen. Da bleibt es auch jedem selbst überlassen. Und warum wird nicht wenigstens vor so viel Schärfe gewarnt? Muss ich demnächst Angst haben, dass auch Butter und Marmelade scharf ist?

Was meint Ihr dazu? Esst Ihr gerne scharf? Nehmt Ihr Rücksicht auf andere, die mit essen wollen und es nicht mögen? Hättet Ihr etwa bei einem Rahmmedaillon oder Vitello Tonnato gedacht, dass es scharf ist?

Ich mag schon gern scharfes Essen, allerdings bin ich ein Verfechter der angenehmen Schärfe. Damit meine ich, dass ich ungehindert rein baggern kann, ohne dass ich Schweißaufbrüche bekomme, etwas trinken muss oder ich mich irgendwie gestört fühle. Auch kann ich auf das sogenannte zweite Schärfeerlebnis ein paar Stunden später, gern verzichten!

Allerdings esse ich mittlerweile glaube ich bereits auf einem Niveau, das nicht jeder als angenehm empfinden dürfte. Wenn sich beispielsweise mein Vater über Schärfe beschwert, sehe ich ihn nur fragend an. Er isst aber seit einem gewissen Aha-Erlebnis beispielsweise auch nicht die eingelegten grünen Chilischoten, die es beim Griechen oder so gibt.

Generell glaube ich aber, dass in Deutschland tatsächlich grundsätzlich schärfer gegessen wird, als noch vor 25 oder 30 Jahren. Wahrscheinlich schon allein, weil es viele ausländische Restaurant- und Imbissangebote gibt. Aber selbst die Currysoße in den Pommesbuden ist heute meist auch leicht scharf. Ich überlege manchmal echt, ob ich heute die Currysoße aus meiner Kindheit noch essen würde.

Generell denke ich aber, dass gerade Rezepteklassiker so schmecken sollten, wie man es kennt und erwartet. Da verstehe ich deinen Standpunkt wirklich, denn wer es scharf mag, der kann ja selbst nachwürzen. Würze wieder entfernen, ist dagegen ungleich schwieriger bis unmöglich.

Im Übrigen gibt es bereits Marmeladen, die mit Chili versetzt werden und ich kenne auch ein astreines Rezept für Chilibutter.