Hatte in der damaligen DDR jeder eine Stasi-Akte?

vom 06.03.2014, 22:14 Uhr

Ich selber bin nicht aus der ehemaligen DDR aber ich kenne sehr viele. Ich werde aus den Aussagen mancher Ex-DDRler aber nicht schlau. Einige meinen, dass jeder Bürger eine Stasi-Akte hatte. Auch wenn in der einen oder anderen nichts drin stand, was relevant war aber jeder hatte eben eine Akte bei der Staatssicherheit.

Warum hatte jeder eine derartige Akte, auch wenn er nicht auffallend war für die Staatssicherheit und wann wurde so eine Akte angelegt? Wie sah so eine Akte aus?

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» Sherlock-Holmes » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich glaube, dass es über jeden, der in der DDR gelebt hat auch eine Stasiakte gibt. Dieser Staat hat doch alle überwacht und da kann mir keiner sagen, dass das leere Akten waren, die da aufgehoben wurden. Sie haben sich doch auch alle gegenseitig bespitzelt und da wird es wirklich von jedem eine Akte geben. Selbst wenn dort vielleicht nur Arbeitgeber, Verwandtschaft und ähnliche Angaben drin stehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich nehme einmal an dass das der Plan gewesen wäre wenn alles optimal gelaufen wäre. Bekanntlich kam es ja anders und die Akten wurden nicht weiter geführt beziehungsweise es wurde nicht so viel angelegt wie man es gerne hätte. Aber ich glaube die Kapazität war auch ziemlich begrenzt, mehr konnte man eigentlich nicht mit dem Personal welches man hatte schaffen. Ich habe so etwas über 108 000 offizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit in Erinnerung und noch viel mehr an inoffiziellen Mitarbeitern.

Aber nur die offiziellen Mitarbeiter waren für die Aktenführung vorgesehen. Sie hatten aber auch noch das operative Geschäft zu führen, die inoffiziellen Mitarbeiter anzuleiten und was weiß ich noch alles zu erledigen. Natürlich musste ja auch jemand die gesammelten Informationen auswerten und veranlassen dass bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, das war ja auch der Grund für die Existenz der Staatssicherheit.

Ein mühsames Geschäft wenn man bedenkt dass es keine Computer und kein Internet gab und alle Berichte von Hand oder mit der Schreibmaschine inklusive maximal drei Durchschlägen geschrieben wurden. Auch musste noch all das was eine Behörde auch heute noch ausmacht sicherlich in einem gewissen Zeitaufwand mit erledigt werden. Ich denke da so an Weiterbildungen, sportlichen Ertüchtigungen, Schießübungen und so weiter. Immerhin war man ja Schild und Schutz der Partei.

Es kam also nicht jeder in das Visier der Staatsmacht beziehungsweise wurde möglicherweise nicht für jeden eine Akte angelegt. Ich war zwar bei den Grenztruppen und ich bin damals auch viel zum Fußball mit herumgefahren und dabei hatte ich durch meine Freunde viel Kontakt zu negativen Elementen, aber eine Akte gab es für mich zum Glück nicht. Bei meinem Vater war das anders, er wollte Kaderleiter werden und dadurch würde er später zwangsläufig auch Kontakte zu Mitarbeitern der Staatssicherheit bekommen die sich immer mal die Kaderakten von bestimmten Mitarbeitern zeigen ließen.

Möglich auch dass er für eine eventuelle Rekrutierung als inoffizieller Mitarbeiter vorgesehen war. Auf jeden Fall stand in seiner Akte nur Müll, so ungefähr in der Art dass er gerne am Sonntag ins Kino geht was eigentlich überhaupt nicht stimmte. Das haben übrigens viele feststellen müssen die ihre Akte einsahen, es war fast nur belangloses Zeug dabei wodurch man den Eindruck haben konnte dass die Leute die diese Berichte verfasst haben entweder nicht besonders motiviert waren oder sie sich einfach etwas ausdachten so wie bei meinem Vater.

Sicherlich gab es nicht nur solche harmlosen Fälle. Erster Kandidat für eine gut gefüllte Stasiakte wurde man meines Wissens wenn man die Regierung und ihre Politik offen kritisierte, einen Ausreiseantrag gestellt hatte, sich in der Kirche oder Friedensbewegung engagierte oder einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war oder eventuell die falschen Leute kannte. Da wurden dann tatsächlich Informationen rund um die Uhr gesammelt. Übrigens fand man nach der Wende auch noch unzählige Berichte die nie abgeheftet oder durchgesehen wurden weil selbst zu finsteren DDR-Zeiten mehr an Daten gesammelt wurde als sich verarbeiten ließ. Das soll es ja heute auch noch geben.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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