Abgebrochenes Studium - Würdet ihr euch dafür schämen?
Leider wird Scheitern in unserer Gesellschaft auch heute noch gerne stigmatisiert. Nach 2 Semestern zu erkennen und zu akzeptieren, dass ein Studienfach einen doch nicht interessiert oder vielleicht auch zu schwer ist doch heute schon fast ein Normalfall. Das ist natürlich kein freudiges Ereignis über das man gleich jedem gerne erzählt. Aber es dann gar zu verleugnen finde ich schon fast skurril.
Da sollte man sich am Ende mehr aus sich selbst besinnen und nicht ständig versuchen nach außen das perfekte Bild abzugeben. Wir haben alle unsere Ecken und Kanten ...
Wie so überall üblich sollte man den Einzelfall betrachten. Mal angenommen ich wurde zur Aufnahme eines Studiums gezwungen und betreibe es deshalb auch nur mit viel Unlust dann hätte ich keinerlei Probleme damit durch die Prüfungen zu fallen und auch später das Studium abzubrechen. Ich würde keinerlei Schuldgefühle dabei haben, mich aber wohl darüber ärgern meine Zeit eigentlich unnütz vertan zu haben.
Auch könnte ich mir vorstellen dass es Leute mit weniger Selbstvertrauen gibt denen man leicht Schuldgefühle einreden kann. Egal ob es die promovierten Eltern sind die nicht verstehen können dass man in dieser Hinsicht Probleme hat oder die Kommilitonen sieht die scheinbar viel schwächer in diesem Fach sind und es trotzdem irgendwie geschafft haben zu bestehen. Wenn man ständig hört wie toll die anderen sind und man es selber nicht gerafft hat dann kann das einem schon zu schaffen machen. Aber andererseits, es ist doch völlig normal auch eine Prüfung im Studium zu verhauen und auch das Studium abzubrechen wenn man merkt dass es einem nicht liegt.
Von mir ein Bekannter dessen Sohn hatte ein Chemiestudium aufgenommen. Er hatte das Abitur in der Tasche und wusste aber nicht so recht was er studieren sollte, die Eltern waren für das Fach Chemie. Der Junge war nicht dumm, aber er interessierte sich eigentlich absolut nicht dafür. So brach er das Studium nach einem Jahr ab obwohl seine Eltern das nicht wirklich verstanden und weil sie glaubten dass er vor jeder Kleinigkeit kapitulieren würde. Vorher hatte er nämlich bereits seine normale Armeezeit abgebrochen weil ihm der Stress zu viel wurde und auch bei seinen vielen angefangenen Hobbys war es ähnlich.
Er hatte also eine Vorgeschichte und wenn man dann noch gesagt bekommt dass man mit seinen über zwanzig Lebensjahren noch nie etwas gerafft hat dann kann man sicherlich schon ins grübeln kommen. Zum Glück ist aber der Knoten doch noch recht schnell geplatzt. Aus einem Zufall heraus kam er mit Medizinstudenten ins Gespräch und er fand dort schnell seine Passion. Das Studium hatte er in kürzester Zeit absolviert, jetzt macht er weiter in Richtung Forschung und Neurologie und Kinderheilkunde. Also Fachgebiete die schon viel Spezialwissen und Lernen erfordern und natürlich auch einen innerlich gefestigten Menschen.
Damit will ich sagen dass es nicht unbedingt viel zu bedeuten hat wenn man einmal ein Studium schmeißt. Anders würde es für mich wieder aussehen wenn ich ein ewiger Student wäre und ständig zwischen den Studiengängen hin und her pendele ohne wirklich etwas lernen oder fertig bringen zu wollen. Es als so eine Art Philosophie ansehen ein Lebenskünstler zu sein, ohne selber je produktiv tätig sein zu wollen. Wer so eine Einstellung hat der macht sich sicherlich auch nichts daraus. Das würde mich nicht befriedigen. Als Elternteil und wahrscheinlicher Sponsor des Studiums würde ich dann den Geldhahn zudrehen und mir lieber selber jeden Monat ein paar schöne Geschenke von dem gesparten Geld machen.
Man sollte sich meiner Meinung nach nie dafür schämen, dass man eine Entscheidung trifft, um glücklicher leben zu können. Warum sollte man ein Studium betreiben, mit dem man nie glücklich werden würde? Wem schuldet man mehr? Sich selbst oder der Gesellschaft? Niemand hat das Recht über einen zu urteilen und man selbst sollte sich auch nicht anhand der Meinung anderer in seinen lebenswichtigen Entscheidungen beeinflussen lassen. Die Gesellschaft wird auch nicht besser, wenn man selbst versucht ihr vollkommen zu entsprechen.
Jeder hat das Recht in Deutschland freie Berufswahl zu betreiben. Und wenn es nunmal einer Korrektur der eigenen Meinung bedarf, dann ist es so. Außerdem finde ich, dass es größten Respekt verdient, wenn jemand dazu steht, dass er nicht den richtigen Weg für sich gewählt hat. Jemand, der sein begonnenes Studium beispielsweise abbricht, geht ein großes Risiko ein. Genau deswegen sollte derjenige besondere Unterstützung erhalten.
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