Frauen denen Vergewaltigungen erst nach 20 Jahren einfallen

vom 18.02.2014, 15:09 Uhr

Man hört ja oft von Fällen, wo Frauen erst nach einigen Jahren, oft nach der Verjährung, darauf kommen, dass sie mal vergewaltigt wurden. Da muss es nicht mal so sein, dass sie als Kind missbraucht wurden und es dann im Erwachsenenalter erst wieder hoch kommt. Es ist oft auch so, dass es ihnen irgendwie nach so vielen Jahren erst wieder einfällt.

So ist es in der Nachbarstadt zur Zeit, wo ein Mann vor Gericht steht, der angeblich eine Frau vergewaltigt hat und schon meldete sich eine Frau, die meinte, dass dieser Mann sie vor 20 Jahren schon vergewaltigt hat. Findet ihr das glaubwürdig? Warum fällt manchen Frauen erst nach Jahren ein, dass sie sexuell missbraucht oder vergewaltigt wurden?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Aus deiner Beschreibung des Falles würde ich nicht schließen, dass es der Frau erst jetzt einfällt. Ich würde eher denken, dass sie es erst jetzt meldet, weil sie sich vorher geschämt hat oder sich nicht getraut hat, aus Angst, dass ihr niemand glaubt. Nun steht eine andere Frau vor Gericht und sie möchte diese vielleicht stärken. Insofern finde ich diesen Vorfall nicht ungewöhnlich oder unglaubwürdig.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich sehe das wie anlupa. Die zweite Frau hatte vorher einfach keinen Mut, alleine gegen den Mann vorzugehen. Nun hat sie eine Mitstreiterin und dadurch die Hoffnung, dass ihr geglaubt wird, dass der Mann wirklich verurteilt wird und sich nicht an ihr rächen kann. Und dass sie es nicht alleine durchstehen muss. Außerdem hat sie vielleicht gehofft, dass er es einfach nie wieder macht. Nun hat sie den Beweis, dass er es wiederholen würde. Nun hat sich ihr Gewissen geregt, dass sie alles dafür tun muss, dass ihm eine Wiederholung nicht mehr möglich ist.

Vor zwanzig Jahren war es sicherlich auch noch schwerer als Frau vor Gericht Gehör zu bekommen wegen einer Vergewaltigung oder bereits bei der Polizei, wenn man die Anzeige erstattet. Da ist doch in den letzten zwanzig Jahren ganz viel passiert in der Anerkennung innerhalb der Gesellschaft. Ich glaube, vor zwanzig Jahren kamen viele Polizisten da noch mit blöden Sprüchen, wie dass sie sich mehr hätte wehren sollen oder eben freizügig angezogen war. Das hat es nicht gerade leichter gemacht, gegen den Täter vorzugehen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Einfällt ist wohl der falsche Ausdruck. Ich denke, das sie wohl jetzt erst den Mut bekommen hat, das zu melden. Vielleicht hatte sie Angst, das man ihr nicht glaubt. Es ist für viele peinlich, sie schämen sich, obwohl sie natürlich keinen Grund dafür haben, aber man kann so etwas wohl eh verstehen, wenn man es mal erlebt hat, und da hoffen wir dann wohl nicht drauf. :(

» laraluca » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 9,76 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Oftmals fehlt Opfern von Vergewaltigungen der Mut das Ganze anzuzeigen. Man selber muss dann sehr detailreich sagen, was passiert ist und das ist vielen Menschen eben einfach peinlich, zudem muss man sich ja auch untersuchen lassen. Dabei würde man eben lieber vergessen und verdrängen. Unser Körper ist im Verdrängen aber auch ganz gut und so kann man solche Ereignisse auch ausblenden, bis man wieder daran erinnert wird, was hier aber sicherlich nicht der Fall war. Ich denke, dass die Frau nicht den Mut hatte, weil sie ja alleine mit dem Problem war. Nun hat sie aber auch ein 2. Opfer und da erzählt es sich sicher leichter.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde es albern zu behaupten, dass das diesen Frauen erst nach 20 Jahren einfällt, sie wissen das natürlich die ganze Zeit, aber sie trauen sich nicht, dagegen etwas zu unternehmen. Für viele Frauen ist das eine große Beschämung und sie haben Angst, zur Polizei zu gehen und die Person anzuzeigen. Wenn sich dann doch jemand traut, die Person anzuzeigen, dann ist das ein bisschen was anderes, man schließt sich dann quasi an und ist nicht alleine, mit seiner Pein.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wie andere hier auch, halte ich die Beschreibung "nach 20 Jahren einfällt" für unglücklich. Eigentlich ist es sogar schon abwertend bzw. wertend und stellt die Glaubwürdigkeit der Frau von Beginn an in Frage. Es ist ja definitiv nicht so, dass der Frau das erst nach 20 Jahren einfällt, als wäre dies damit zu vergleichen, dass ihr nach 20 Jahren einfällt, wo sie zum ersten Mal Kaffee getrunken hat.

Es kann ganz verschiedene Gründe geben, die dazu führen, dass sie mit der Tat 20 Jahre gelebt hat. Schließlich ist es nicht auszuschließen, dass sie diese Tat über all die Jahre "verdrängt" hat und sich vielleicht sogar eingeredet hat, es gewollt zu haben oder tatsächlich zumindest zum Teil selbst Schuld an der Tat gewesen zu sein. Vielleicht wurde sie auch entsprechend erzogen, dass sie eben Leidensfähig sein muss und alle Umstände zu ertragen hat.

Durch die Zeit ist es denkbar, dass die Frau eben "zu sich" gekommen ist und langsam dieses sie beschäftigende Kapitel ihres Lebens abschließen will. Oder das sie einfach nicht mehr mit dem unguten Gefühl leben möchte, hier noch einen ungeklärten Vorfall zu haben, der nicht abgeschlossen ist.

Richtig ist natürlich, dass sie dann das Leben auch des Täters nach 20 Jahren massiv durcheinander wirbelt. Und es ist selbstverständlich nur noch ganz schwer, tatsächlich eine Verurteilung zu erwirken. Denn die Aussage allein wird dazu nicht reichen. Der Fall müsste praktisch neu aufgerollt werden und die Gefahr besteht natürlich, dass ein Verfahren eingestellt wird. Ob das dann für die betroffene Frau weniger traumatisch ist (die Tatsache, dass man hier ihr nicht mehr Glauben schenkt, als dem Täter), als eben mit der Tat weiter zu leben, ist sicher von Person zu Person verschieden. Fakt ist, dass man grundsätzlich solche Vorgänge nicht (vor-)verurteilen kann.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Vielleicht sollte man dabei auch sehen, wie man vor 20 Jahren mit der Thematik umgegangen ist. Da war es oftmals ein Tabuthema und heute geht man viel offener in den Medien damit um. Was auch ein Grund sein kann, warum eine betroffene Frau erst heute den Mut findet den Täter anzuzeigen. Auch die Aufarbeitung des Vorfalls mit Hilfe eines Psychologen kann dazu beitragen. Immerhin war es vor 20 Jahren auch noch ein Tabuthema, wenn jemand psychologische Hilfe brauchte und sogar in Anspruch genommen hat.

Es gibt also viele Gründe, die man nicht damit beschreiben kann, dass es Frau erst nach so vielen Jahren einfällt, dass da mal was passiert ist. Zumal ich soweit gehe zu behaupten, dass sich niemand in die Lage einer Frau versetzen kann, der nicht selbst eine solche Tat erlebt hat. Da kann man viel daher reden, was aber diesen Frauen gar nicht hilft.

Am Ende ist eine solche Wortwohl wieder ein Garant dafür, dass sich manche Frau überlegt ob es wirklich etwas bringt nach mehreren Jahren noch eine Anzeige zu erstatten. Einfach weil sie sich als Opfer mit Füßen getreten sehen, wenn eine solch späte Entscheidung zur Anzeige so abwertend betrachtet wird.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Zunächst mal ist es natürlich, wie andere hier schon geantwortet haben, wohl eher so, dass manche Frauen aus verschiedenen Gründen eine Vergewaltigung erst nach einiger Zeit melden, statt dass sie sie tatsächlich vergessen hätten. Es kann doch durchaus sein, dass eine Frau sich eben schämt oder Angst hat oder vielleicht gar nicht weiß, an wen sie sich wenden kann, nachdem sie vergewaltigt wurde. Im Laufe der Zeit kann sich dann die persönliche Situation ändern, die Frau kann klüger, reifer, mutiger, wütender werden - und dann entscheidet sie sich eben doch, über die Vergewaltigung zu sprechen.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es in seltenen Fällen durchaus auch sein kann, dass jemand ein schreckliches Erlebnis wie eine Vergewaltigung völlig verdrängt und sich tatsächlich nicht daran erinnert. So etwas kann als Folge eines traumatischen Ereignisses wirklich geschehen. Auch Jahre später kann die Erinnerung dann wiederkehren, ausgelöst dadurch, dass man zum Beispiel etwas ähnliches miterlebt. Erinnerungen können auch durch bestimmte Rahmenbedingungen plötzlich wiederkommen, zum Beispiel wenn man einen bestimmten Geruch oder ein bestimmtes Geräusch wahrnimmt. In so einem Fall wird die vergewaltigte Person dann abgesehen von eventueller juristischer Beratung wahrscheinlich auch psychologische Hilfe brauchen, weil sie sich eben jetzt erst mit dem damals Erlebten auseinandersetzt.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


MissMarple hat geschrieben:Findet ihr das glaubwürdig? Warum fällt manchen Frauen erst nach Jahren ein, dass sie sexuell missbraucht oder vergewaltigt wurden

Ich finde es durchaus glaubwürdig! Ein Missbrauch, besonders bei einem Kind, hinterlässt tiefste Narben und hat Einfluss auf die persönliche Entwicklung. Die erste Stufe der Verarbeitung ist dabei die Verdrängung - etwas, dass der eine besser als der andere kann und einigen gelingt dies über Jahre hinweg und ermöglicht sogar die weitgehende Rückkehr in ein normales Leben. Dann brauch es, ausgestattet mit dem dafür notwendigen Selbstbewusstsein, nur eines (belanglosen) Auslösers, und der Tatendrang zwingt dazu, (endlich) zu handeln. In meinen Augen also absolut authentisch und sogar teilweise und situationsbedingt nachvollziehbar.

» stephie8 » Beiträge: 14 » Talkpoints: 2,11 »


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