Spaß daran haben, Menschen zu schockieren

vom 16.02.2014, 23:14 Uhr

Von Jugendlichen hört man ja häufiger, dass sie absichtlich versuchen würden, mit ihrem Verhalten, ihrer Sprache oder ihrer Kleidung anzuecken. Es heißt immer, das sei in dem Alter normal. Es sei notwendig, sich irgendwie von anderen Leuten, also von Kindern und von Erwachsenen abzugrenzen. Das sei nötig, um eine eigene Persönlichkeit und Identität zu entwickeln.

Es müsse einfach dringend Reibungspunkte geben und es sei wichtig, auszutesten, wie weit man mit seinem Verhalten oder Aussehen gehen kann. Dem stimme ich hauptsächlich zu, wobei ich mir sicher bin, dass auch Jugendliche, die wenig angeeckt sind, und die keinen Wert drauf legten, extrem zu rebellieren, zu intelligenten und sozialen Erwachsenen aufgewachsen sein können.

Bei Jugendlichen also gilt es nicht als verwunderlich, wenn sie provozieren wollen. Aber ich habe auch schon von Erwachsenen gehört, dass sie Spaß daran haben, andere Menschen zu schockieren. Teilweise richtet sich das dann gegen "die Spießer" (oder wer dafür gehalten wird). Einige Leute scheinen aber allgemein alles und jeden gerne zu schockieren.

Ich verstehe nicht so wirklich, was daran Spaß machen soll, andere Menschen zu erschrecken oder zu empören. Für mich ist in erster Linie wichtig, dass ich mich wohlfühle, wie ich bin. Ich handle so, wie ich es möchte, nicht gezielt, um damit andere Leute zu beeinflussen, und schon gar nicht negativ. Ich weiß einfach nicht, was es mir persönlich bringen sollte, wenn sich eine andere Person von mir geschockt oder belästigt fühlt.

Insbesondere bei einer wildfremden Person, zu der ich selber eigentlich gar keine Meinung habe, wäre mir das so egal. Aber den Leuten, denen das Schockieren Spaß macht, geht es offenbar nicht um gezielte Schadenfreude einer Person gegenüber, die ihnen vorher selber auf die Nerven gegangen ist, sondern die Provokation wird auch gegenüber fremden Leuten als spaßig empfunden.

Schockiert Ihr auch gerne? Wenn ja, warum? Was fühlt man in dem Augenblick? Wieso macht das Spaß?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe schon seit längerem mit den Gedanken gespielt mir eine Irokese schneiden zu lassen und mir die Haare blau zu färben. Die Gedanken dahinter waren, dass ich es schaffe etwas zu tun, was mir spontan durch den Kopf geht und mich nicht durch die Meinung anderer Leute abbringen lassen, dass ich die Leute durch mein Verhalten schockiere, weil sie das von mir nicht gewohnt sind. Mich hält man meistens für ein ruhiges und liebes Mädchen. Wenn ich diese Einschätzung höre oder wenn man mich so behandelt, dann irritiert mich das irgendwie, weil ich von mir selbst eigentlich ein anderes Bild habe und ich mich frage, was genau an mir die Leute zu diesem Schluss kommen lässt.

Interessant wäre zu sehen, wie die Leute dann über mich urteilen, wenn ich eine blaue Irokese habe, aber dabei mein Verhalten nicht ändere. Ich glaube, dass das ganze irgendwie einen Stück dazu beitragen soll, dass die Leute mich mehr so behandeln, wie ich es möchte. Anscheinend verbinde ich ruhig und lieb sein mit einer schlechteren Behandlung, vielleicht, dass ich nicht so recht ernst genommen werde. Das Problem nicht ernst genommen zu werden, durchzieht eigentlich meine ganze Lebensgeschichte und mit dieser Haarfrisur möchte ich sozusagen dem ein Ende bereiten, aber natürlich nicht nur mit dem alleine. Vielmehr war geplant, dass das sozusagen nun das Startsignal gibt, sodass mir dann endgültig bewusst wird, dass ich mir nun vornehmer, mündiger zu sein, weil ich Dinge, die ich mir vornehme, sehr leicht wieder vergesse. Ich meine mit mündiger sein, dass ich gegenüber anderen Leute meine Sichtweise ausdrücke, wenn es nötig ist, weil bis jetzt neige ich dazu diesen für mich zu behalten, weil ich es bis jetzt als unnötig erachte.

Wenn die Leute wiedereinmal mich in meinem Verhalten missverstanden haben oder wenn z.B. gerade Gruppenarbeit angesagt ist oder ähnliche Fälle, wo erforderlich ist, dass man seine eigenen Standpunkt vertritt, dann sehe ich darin insofern keinen Sinn, als dass ich mir denke, dass die Leute sowieso auf ihre Meinung beharren, wieso mich also der Mühe und vor allem der Frustration aussetzen? Gleichzeitig trennt mich das aber somit von der Gesellschaft. Dadurch, dass ich sehr oft nicht ernst genommen wurde, habe ich mich auch irgendwie zu einem passiven Mensch entwickelt, der immer jemanden braucht, der bestätigt, dass die Gedankenabläufe richtig sind. Schließlich weiß ich es ja nicht, ob ich richtig denke, denn oftmals habe ich gar keine Anhaltspunkte, um das zu überprüfen und ich traue meinem logischen Denken nicht, weil sehr oft dieser sich, laut anderer Leute, als falsch herausgestellt hat. Daran zu arbeiten, bzw. das Startsignal zu geben, dass nun der härteste Teil kommt, nämlich der Praktischen, wo ich mich mit den Leuten auseinandersetze, das soll die Haarfrisur bewirken.

Dann hat die Frisur noch die symbolische Bedeutung, dass ich mich durch Konventionen nicht bestimmen lassen möchte und gegen sie rebelliere. Auch das wird auf manche Leute schockierend wirken, denke ich. Vor allem wird das im familiären Umgebung sein.

Aber auch so, spüre ich die manchmal Versuchung, andere Leute durch ungewöhnliches Verhalten zu schockieren. Aber auch das entsteht aus dem Wunsch, nicht als brav aufgefasst zu werden und somit sich mehr ernst genommen behandelt zu fühlen. Ich weiß, dass das auch auf andere, bessere Wege geht, aber das alles in sozial akzeptierten Rahmen zu machen lässt mich irgendwie fühlen, als hätte ich resigniert. Und natürlich besteht auch die Gefahr, dass man mich dann gerade deswegen nicht mehr ernst nimmt, aber dann ist es sowieso egal, weil ich sowieso nicht ernst genommen werde und irgendeinen Unterschied wird es schon gewirkt haben, nämlich dass man sich mehr vor mich in acht nimmt, weil ich doch nicht so ein braves Mädchen bin, wie man sich denkt, und selbst wenn das nicht der Fall ist, ich weiß es nicht. Irgendwas wird es schon bewirkt haben.

Vor allem gegenüber Spießer fühle ich diese Versuchung. Mit Spießer meine ich Leute, die auch bei anderen Menschen darauf achten, dass diese sich pingelig an die sozialen Konventionen halten. Es ist einfach so, dass ich irgendwie einen Hass gegenüber diese Leute fühle, weil ich sehr wegen Menschen gelitten habe, die aus dieser Sparte komme und vor allem mich ihnen ausgeliefert gefühlt hatte, weil ich nicht wusste, wie ich mich schützen und wehren konnte. Und wenn ich dann mit solchen Menschen zusammen bin, fühle ich mich dann leicht bedroht und das löst eine leichte Aggression aus. Aber ich beschreibe hier nur meine Gefühle. Es muss nicht heißen, dass ich sie unbedacht auslebe :D
Und das mit der Haarfrisur überlege ich mir derzeit immer noch, weil sich für mich mittlerweile die Frage stellt, ob ich sie wirklich so dringend brauche, um mich zu verändern.

» Hoatzin » Beiträge: 45 » Talkpoints: 17,30 »


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