Kindesmisshandlung: Wöchentlich drei Todesfälle
Der bekannte Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos hat neulich zusammen mit seiner Kollegin Saskia Guddat das Buch "Deutschland misshandelt seine Kinder" veröffentlicht. Wie das Buch an sich gelungen ist, weiß ich nicht. Der Titel klingt für mich etwas reißerisch, aber eigentlich bin ich von Herrn Tsokos gute, seriöse Arbeiten gewohnt. Aber um dieses neue Buch beurteilen zu können, müsste ich mich noch genauer damit befassen.
Was mich aber schon einmal schockiert hat, ist die Tatsache, dass aus dem Buch hervorgeht, dass in Deutschland etwa 3600 Kinder pro Jahr schwer misshandelt werden, und zwar so schwer, dass sie mit den Verletzungen im Krankenhaus landen. Das sind deutschlandweit täglich fast zehn Kinder. Und pro Jahr sterben sogar etwa 160 dieser schwerstens misshandelten Kinder. Das sind drei Kinder jede einzelne Woche. Und die Zahlen betreffen auch nur die Fälle, die wirklich bekannt geworden sind. Die Dunkelziffer liegt vermutlich traurigerweise noch ein ganzes Stück höher. Außerdem werden kleinere Misshandlungen ja selten wirklich erfasst. Viele bleiben unbekannt, über Jahre, oder auch für immer. Ganz zu schweigen von Misshandlungen, die keine körperlichen, sondern seelische Spuren hinterlassen. Die Täter sind übrigens statistisch gesehen wohl meistens die eigenen Eltern.
Hättet Ihr die Zahlen so hoch einschätzt? Welche Möglichkeiten könnte es geben, etwas gegen dieses offenbar nicht gerade kleine und schon gar nicht seltene Problem zu unternehmen?
Was soll man denn da machen? Wenn man so was mitbekommt und diese dann beim Jugendamt meldet, dann machen die doch eh nichts, weil die viel zu viel Zeit damit verschwenden den Menschen die Kinder weg zu nehmen die Ihre Kinder nicht misshandeln. Keine Frage natürlich sind da auch einfach beziehungsunfähige Eltern bei, aber dennoch ist das lange nicht so gravierend wie eine Kindesmisshandlung. Sie kommen dann immer mit dem Spruch das Kindeswohl sei gefährdet, und wenn man denen dann von diesen misshandelnden Eltern erzählt, bekommt man zu hören, "Ach ja die Familie soundso, ja die kennen wir, die hat es ja mittlerweile im Griff".
Das sind ja nur die Zahlen der misshandelten, dazu kommen noch täglich dutzende sexuelle Übergriffe. In meinem Tagesmutter-Kurs kam mal eine Polizistin, die uns über solche Fälle und Zahlen informierte. Das war mit das schlimmste was ich je gehört habe. Ich denke das die Zahlen noch viel höher liegen, als sie in dem Buch berechnet worden sind. Es ist einfach nur schrecklich was hinter manchen Türen passiert.
@Littlegrandpa: Das sind doch Stammtischparolen, dass man ständig Kinder aus den Familien reißt, wo es angeblich gar nicht nötig ist. Mal zwei aktuelle Beispiele von unserer Grundschule. Bei beiden Familien wurde das Jugendamt eingeschaltet, weil die Kinder oft und vor allem unentschuldigt der Schule fernbleiben. Wenn die Kinder schwänzen würden und die Eltern sich kümmern täten, wäre das kein Problem. Aber im Gegenteil, es sind noch die Lehrer daran schuld, die die Ausreden nicht glauben.
Soll man diese Kinder in den Familien lassen, ihnen damit die ganze Zukunft verbauen, weil sie über Jahre nicht mal die erste Klasse bewerkstelligen können? Da muss gehandelt werden und so schnell wird kein Kind aus einer Familie genommen. Denn das streben die Jugendämter nicht, weil zum Beispiel auch gar nicht genug Betreuungsplätze in Pflegefamilien oder Kinderheimen vorhanden sind.
Allerdings sind die Jugendämter auch überlastet und brauchen viel mehr Mitarbeiter, die sich um entsprechende Anzeigen kümmern. Da liegt nämlich das eigentliche Problem, dass viele Misshandlungen nicht verhindert werden können. Dass die Zahlen so hoch sind, wundert mich da eigentlich nicht mehr. Und dass man auch viele Misshandlungen nicht erkennt oder erkennen will, ist für mich auch nicht weiter verwunderlich. Oftmals sind andere Bezugspersonen, wie Lehrer, auch schon zu abgestumpft um das überhaupt zu erkennen.
Auch da muss man ansetzen, dass sie bei kleinsten Wesensveränderungen schon hellhörig werden und genauer hinschauen. Ziel sollte es sein, dass die Probleme wesentlich früher erkannt werden und genug Menschen da sind, die sich um diese Kinder kümmern sollen. Ein reines Anprangern, was alles versäumt wurde, wird da nichts verändern.
Über dieses Buch und einige Auszüge davon habe ich eben erst einen Newsartikel gelesen. Eigentlich hat mich bereits der Titel zu sehr schockiert, um weiterzulesen, aber das ist eben auch wieder so eine Sache wie mit den Verkehrsunfällen: Man will eigentlich nicht hinsehen, man kann aber auch nicht weggucken. Und ich würde sagen, es ist gut, wenn man hier nicht wegsehen kann. Wenn man sich mit dem Thema befasst und sich vor Augen führt, dass Kindesmisshandlung und -missbrauch in unserer heutigen Gesellschaft zwar glücklicherweise nicht akzeptiert, dafür aber leider Alltag geworden ist.
Ich gehöre wohl zu den Menschen, die sich solche Dinge überhaupt nicht vorstellen können. Von solchen Studien zu hören, hat mich dann schon immer so stark sensibilisieren können, dass ich versucht habe, in Kindesgesichtern nach Leid zu schauen, aber das ist natürlich vollkommen unmöglich, wenn nicht gerade offene Verletzungen zu sehen sind. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass es täglich passiert und dass es gar nicht so selten vorkommt, wie man sich vielleicht einzureden versucht. Schön wär das ja, oder noch besser, wenn es so etwas gar nicht erst geben würde, aber das tut es ja leider.
Ich habe auch davon gehört, dass laut den Untersuchungen der beiden Autoren hauptsächlich junge, drogensüchtige Paare aus sozialen Brennpunkt-Bezirken die Haupttäter sind. Gut, dass viele drogensüchtig sind, schockiert mich jetzt eher weniger, denn man muss meiner Ansicht nach wirklich selbst schon sehr arm dran und kaputt sein, um sein eigenes Kind solchen Qualen durch die eigene Hand aussetzen zu können. Interessant finde ich hierbei aber, dass es vor allem auch junge Paare sind, die ihre Kinder misshandeln. Ich habe irgendwie eher noch so das Bild von eher älteren Eltern, die ihre Kinder misshandeln, wobei das Bild eines jungen Paares ja auch wieder insofern passend ist, da junge Paare eben einfach noch unerfahrener und demzufolge schneller überfordert sind.
Schockiert hat mich vor allem an dem Bericht, wozu Eltern bereit sein können, um ihrem Kind Leid zuzufügen. Ein Kleinkind am ganzen Körper, selbst an den Genitalien, fest zu beißen oder einen Säugling auf eine heiße Herdplatte zu setzen ist einfach unglaublich, da fehlen mir alle anderen Worte. Gehört habe ich auch von einer Familie, die ein schwer krankes Kind zu Hause hatte und von Sozialarbeitern den halben Weg zum Arzt mit dem Kind begleitet wurde, doch kamen waren die Sozialarbeiter verschwunden, kehrte auch die Familie wieder um und schlug noch weiter auf das Kind ein, das in der folgenden Nacht starb. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, wie man seinem Kind so etwas antun kann, und dass ich es einfach nicht verstehen kann, ist wahrscheinlich sogar gut so, denn es gibt für ein solches Verhalten einfach keine Rechtfertigung.
Ich bin darüber auch schockiert und kann mir das oft gar nicht vorstellen. Auf der einen Seite sind dann viele augenscheinlich entsetzt darüber, wenn man einem Kind einen Klaps auf den Windelpopo gibt, andererseits hört man immer öfter von extremen Fällen von Kindeswohlgefährdung. Da werden Säuglinge aus dem Fenster geschmissen, Kinder tagelang in Kellern gefangen gehalten, gedemütigt, bis zur Unkenntlichkeit verprügelt, etc.
Da frage ich mich, was das für eine Doppelmoral ist bzw. denke mir, dass es wohl eine riesige Kluft zwischen behüteten Wunschkindern gibt, die den Eltern auf der Nase herumtanzen und Kindern, die nur Gewalt und Erniedrigungen kennen und nicht wissen, was Mutter- oder Vaterliebe bzw. Liebe und Zuwendung generell bedeuten. Ich frage mich echt, in was für einer Gesellschaft wir mittlerweile leben bzw. wie eine so große Kluft entstehen konnte.
Letztens hatte ich wegen einer formalen Angelegenheit einen Termin beim Jugendamt und der Sachbearbeiter war nicht anwesend trotz festem Termin, weil er von der Polizei zu einem dringenden Fall von Kindeswohlgefährdung gerufen wurde, wo er dann auch länger anwesend war, wie er mir später berichtete.
An dem Tag ist mir die Problematik auch wieder bewusst geworden. Na ja, man kann nur selbst das Beste für seine Kinder geben, Kinder sind auch nicht immer Engel, aber was manche Eltern umgekehrt an sadistischen, abartigen Praktiken an den Tag legen, das raubt einem wirklich oft den Atem. Mittlerweile lasse ich diese Pressemeldungen nicht mehr so an mich rankommen als früher, als ich noch sehr kleine Kinder hatte, man darf sich das Leid der betroffenen Kinder, die das oft nicht überleben, gar nicht erst plastisch vorstellen, aber betroffen macht es einen doch immer wieder.
Nein, so hoch hätte ich die Zahlen keineswegs eingeschätzt. Es ist eine sehr traurige Tatsache, dass es so viele Eltern gibt, die ihre Kinder misshandeln.
Was haben denn unsere bisherigen Familienministerinnen zu solchen Tatsachen gesagt? Sie hätten bestimmt bei etwas gutem Willen Mittel und Wege gefunden, den Kindern in gefährdeten Familien zu helfen. Aber haben sie es versucht? Egal, wen man hier anspricht, ob Frau Schmidt, Frau von der Leyen, Frau Schröder oder Frau Schwesig, hat nur eine eine wirkliche Möglichkeit gegen Kindesmissbrauch vorgeschlagen? Ja, das SGB wurde geändert, das war es.
In Deutschland haben Kinder das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Nur wer achtet darauf, wenn es nicht so ist? Nach Änderung des SGB VIII heißt es, dass die Kinder- und Jugendhilfe Wege aufzeichnen soll, wie Konflikte in Familien Gewaltfrei gelöst werden können. Haben die entsprechenden Familienminister auch vorgeschlagen, wie das unterbesetzte Jugendamt das schaffen kann? Nein! Also wird weiter wie bisher ermittelt und bearbeitet und zwar nur die Fälle, wo die Eltern schon mehrmals unangenehm aufgefallen sind. Die Misshandlungen bei noch nicht aktenkundigen Fällen bleiben außen vor. Kindergärtnerinnen oder Lehrer sollten hier auch mit aufpassen, um vielleicht die kleinsten Hinweise schon ernst zu nehmen.
Ich bin der Meinung, dass den Kindern nur geholfen werden kann, wenn man sich früh genug der Fälle von Alkohol- und Drogenmissbrauchs annimmt. Das aber setzt voraus, dass man sich seitens des Jugendamtes vor allem in kritischen Wohnblocks umsieht und Recherchen macht. Also junge, abhängige Eltern besucht, mit ihnen über ihre Kinder spricht und ihnen Wege aufzeigt, wie sie mit ihrem Frust fertig werden könnten, ohne diesen an ihren Kindern auszulassen. Das würde aber nur einen Teil der gewalttätigen Eltern betreffen. Die anderen, die sich gut bürgerlich tarnen, wird man nur zufällig aufspüren. Aber wenn das passiert, muss man am Ball bleiben und auch die Hinweise aus der Bevölkerung ernst nehmen, auch wenn alles geordnet aussieht. Unter Umständen bei Verdacht, könnte auch ein Amtsarzt weiter helfen.
Das mit drogensüchtigen Eltern ist sowieso so eine Sache. Ich hatte mal einen Bekannten, selber nicht drogensüchtig, dessen Ex-Freundin regelmäßig Drogen konsumierte. Das sorgte letztendlich auch dafür, dass die Beziehung zerbrach. Freundschaftlich blieben sie aber noch verbunden, vor allen Dingen auch, weil der Mann ein wenig ein Auge auf den Drogenkonsum seiner Ex-Freundin haben wollte, denn meines Wissens empfand er schon noch positiv für sie. Allerdings konnte er wenig ausrichten.
Mir hat er berichtet, was er die folgenden Jahre, während der "Freundschaft" noch so mitbekommen hatte: Die Ex-Freundin fand einen neuen Partner, bekam ein Kind, der Partner verließ sie, dann folgten weitere Partner, und der Drogenkonsum steigerte sich immer weiter. Das Jugendamt wurde informiert, erschien aber wohl nur einmal mit Ankündigung, wo sich das Elend wohl noch irgendwie verbergen ließ. Tatsächlich nahm die Frau dann aber täglich Drogen, betreute ihr Kind nicht so wirklich, beachtete es wohl teilweise gar nicht, und das Jugendamt unternahm erschreckenderweise nicht wirklich etwas.
Die Frau wurde letztendlich wohl sogar zweimal wegen Drogenbesitzes rechtskräftig verurteilt. Aber dass das Kind da teilweise bei einer völlig Zugedröhnten alleine im Haushalt blieb, hat offenbar keine Auswirkungen gehabt. Dabei muss es auch körperlich aufgefallen sein, denn in Sachen Sprachentwicklung beispielsweise hing das Kind sehr weit zurück. Kein Wunder, wenn die Mutter sich nicht wirklich um es kümmert. Aber alle Versuche, da das Jugendamt mal dazu zu bewegen, einzugreifen, haben nichts gebracht. Heute habe ich keinen Kontakt mehr in die Richtung, und weiß nicht, was daraus geworden ist. Leider befürchte ich, dass sich nichts zum Positiven gewendet hat.
Da die Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich verankert ist, muss das Jugendamt tätig werden, vor allem bei solchen Fällen, wie du geschildert hast und zwar ohne vorherige Anmeldung. Auch ein Gespräch mit dem Kind oder Jugendlichen alleine muss gewährleistet sein.
Unternimmt das Jugendamt nichts, sollte man sich auch einmal an das Familienministerium wenden, wie sie sich das eigentlich denken. Im Bedarfsfall würde ich selbst die Polizei einschalten. Eigentlich sollte man auch das Jugendamt anzeigen, das eine Kindesmisshandlung erst möglich macht durch Ignoranz.
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