Ich war nicht im Kindergarten

vom 03.04.2010, 16:40 Uhr

Ob man eine gute Kindheit hatte, oder nicht, ist nicht davon abhängig, ob man zuhause betreut wurde, oder in den Kindergarten ging. Es gibt definitiv Kinder, die im Kindergarten kaum zurecht kommen, und genauso gibt es Kinder, die zuhause ohne den Kontakt zu anderen Kindern vereinsamen oder aber von den Eltern individuell einfach nicht gefördert werden. Aber wie sich das letztendlich gestaltet, ist immer von den Eltern und vom jeweiligen Kindergarten abhängig.

Ich selber bin nie im Kindergarten gewesen, mal abgesehen von einigen Tagen, wo ich mal nachmittags in so einer Kinder-Spielgruppe war, wo es mir aber nicht so sonderlich gefallen hatte. Ausgehalten hatte ich es zwar, aber ich war immer froh, wenn es vorbei war. Es war mir dort immer zu laut und hektisch. Übrigens hasse ich Lärm und Rumgehusche heute noch absolut. Also selbst diese Nachmittage und meine gesamte Schulzeit konnten mich davon nicht "heilen", und ich sehe auch kein Problem daran. So ist mein Charakter offenbar nun einmal.

Aber abgesehen von dieser Zeit war ich bis zu meiner Einschulung eigentlich immer zuhause oder direkt in der Nachbarschaft, aber dann eben ohne eine geregelte Betreuung. Mein Vater verdiente sehr gut, meine Mutter war Hausfrau. Entweder, wir malten oder zeichneten zusammen, spielten Brettspiele oder Mikado, sangen auch mal miteinander, oder ich war halt draußen auf dem Spielplatz toben, wo ich auch anderen Kindern begegnete. Manchmal schleppte meine buddhistische Mutter mich auch mit zum Tempel, wo ich ebenfalls mit vielen verschiedenen Menschen, sowohl Erwachsenen als auch Kindern, in Kontakt kam. Meine Mutter ging auch gerne mit mir ins Museum oder ins Schwimmbad. Außerdem fing sie, da war ich etwa vier oder fünf Jahre alt, an, mir Englisch beizubringen, weil mich das damals einfach interessierte.

Vielleicht hatte ich in der gesamten Zeit keinen täglichen Kontakt zu anderen Kindern, aber trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass mir die Jahre geschadet hätten. Ich glaube, dass ich auch nicht sonderlich unsozial oder selbstsüchtig bin, und das, obwohl ich sogar als Einzelkind aufgewachsen war. ;) In der Schule war ich immer sehr gut, habe mein Abitur gemacht und letztendlich auch studiert. Kritiker könnten nun natürlich behaupten, man wisse nie, wie gut ich vielleicht gewesen wäre, wäre ich im Kindergarten gewesen, aber letztendlich halte ich das nicht für so wichtig. Ich bin mit meinem Leben und meiner Identität zufrieden, da ist es doch egal, ob ich im Abitur um 0,1 besser gewesen wäre, oder mein IQ um 5 Punkte höher wäre, wenn ich in den Kindergarten gegangen wäre. Das ist einfach völlig irrelevant für mich.

Übrigens glaube ich, dass ich durch meine Mutter auch eine wirklich gute Förderung bekommen habe. Diese organisierten Kinder-Spielnachmittage bestanden immer nur aus Basteleien mit Knete, Fangen spielen oder Girlanden schneiden. Das hatte ich mit meiner Mutter auch, und darüber hinaus noch viel mehr. Hätte meine Mutter mich einfach vor dem Fernseher versauern lassen, wäre das natürlich etwas ganz Anderes. Aber ich schrieb ja schon: Es kommt nicht darauf an, wo man sich aufhält, sondern darauf, was man macht.

Dass man von anderen Leuten wie ein Marsmensch angeguckt wird, wenn man sagt, dass man nicht im Kindergarten war, kenne ich übrigens auch. Ich nehme das auch nicht zu ernst. Es ist eben die "normale" Abneigung gegenüber allem, was irgendwie anders ist, als man selbst. Real sagt es nichts darüber aus, ob man nun besser oder schlechter dran wäre. Man sollte sich irgendwelche komischen Sprüche dazu auch nicht zu Herzen nehmen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich würde jetzt nicht sagen, dass es schlimm ist, wenn man nicht im Kindergarten war. Zumindest dann nicht, wenn man Geschwister hat oder andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, Kontakt mit Gleichaltrigen zu unterhalten. Das finde ich schon wichtig.

Meine Schwester und ich waren auch nicht im Kindergarten, und ich denke auch nicht, dass uns beiden da etwas gefehlt hat. Wir waren zu zweit und haben nachmittags mit den Kindern aus der Nachbarschaft gespielt. Damals war aber auch nicht jedes Kind im Kindergarten, weil oft ein Verdienst noch ausreichte, um die Familie zu ernähren. Das ist heute leider eher die Ausnahme als die Regel.

Meine beiden Kinder waren sind im Kindergarten. Als meine Große drei Jahre alt war, musste ich wieder arbeiten, der Mini - Job reichte nicht mehr aus. Außerdem muss man ja auch seine Beitragsjahre für die Rentenversicherung zusammen bekommen. Als der Kleine zwei wurde, musste ich ebenfalls wieder arbeiten gehen.

Ich bin der Meinung, dass der Kindergarten meinen beiden gut getan hat. Sie hatten bzw. haben, der Kleine ist noch dort, beide über mehrere Stunden hinweg gleichaltrige Spielkameraden, die hätte ich nie ersetzen können. Auch haben wir zu Hause nicht so einen schönen Spielplatz oder einen Turnraum zum Toben.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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