Essen: Obdachlose bekommen für Wegräumen ihres Mülls Bier
Dass man Unordnung, die man verursacht, selber wieder wegräumen sollte, bekommt man ja eigentlich schon als Kind beigebracht. Dass man Müll nicht einfach durch die Gegend wirft oder kreuz und quer liegen lässt, wo er eben hinfällt, sollte eigentlich auch zur üblichen Kindererziehung gehören. Eine kleine Belohnung für das Aufräumen mag es in einigen Familien geben. Aber bei Erwachsenen, sollte da so ein Vorgehen notwendig sein?
Die Stadt Essen hat offenbar, das lässt sich einigen Zeitungsmeldungen entnehmen, an einigen Orten ein Problem mit obdachlosen Trinkern und anderen Drogensüchtigen, die ihre Schnapsflaschen und anderen Müll überall liegen lassen. Anwohner sollen sich gestört fühlen und die Stadtreinigung hat wohl Mehrkosten dafür, diese Alkoholikertreffpunkte regelmäßig von den Hinterlassenschaften der dortigen Obdachlosen zu säubern. Übrigens sollen dort nicht nur Alkoholflaschen liegen gelassen werden, sondern die Menschen scheinen auch direkt auf die Straße ihre Notdurft zu verrichten.
Nun hatte man die Idee, dass man den Obdachlosen doch eine Belohnung versprechen sollte, wenn sie ihren Müll korrekt entsorgen und nicht mehr auf die Straße urinieren oder koten. Die Obdachlosen sollen dafür, dass sie ihren Lagerplatz halbwegs sauber halten, Belohnungen in Form von Alkohol oder auch Bargeld bekommen. In Amsterdam soll es übrigens schon ein ähnliches Projekt geben, dort bekommt ein Trinker für das Sauberhalten seines Platzes pro Tag maximal sieben Dosen Bier, sowie ein halbes Päckchen losen Tabak.
Ob das wohl auch in Essen das Müllproblem lösen wird? Ist es ein gutes Vorgehen, für das Sauberhalten des Platzes Alkohol zu verschenken und Geld zu zahlen? Oder sollte man davon ausgehen, dass man eigentlich von jedem erwachsenen Menschen verlangen kann, dass er seinen Müll nicht einfach liegen lässt, ohne, dass man ihm dafür eine Belohnung auszahlen muss? Und ist es sinnvoll, Alkoholkranken zur Belohnung Alkohol zu geben?
Ich finde es gut, dass die Stadt etwas gegen das Problem unternehmen möchte, aber irgendwie habe ich meine Zweifel, ob sich das Problem lösen lässt, indem man die Obdachlosen mit Alkohol ködert, damit sie ihre Hinterlassenschaften ordnungsgemäß entsorgen. Ich denke eigentlich auch, dass man als Erwachsener wissen sollte, dass man keinen Müll auf die Straße werfen sollte. Aber für die Obdachlosen ist es sicher nicht leicht, den Müll immer richtig zu entsorgen. Ich weiß ja nicht, wie viele öffentliche Mülleimer es dort gibt, wo sich die Obdachlosen aufhalten. Wenn sie die Mülltonnen der Anwohner nutzen, beschweren diese sich doch sicher auch wieder. Auch öffentliche Toiletten gibt es vermutlich nicht so viele.
Außerdem sehe ich auch ein Problem in der Durchführung des Plans. Wird dann ein Angestellter der Stadt abgestellt, um die Plätze der obdachlosen Menschen zu überprüfen und dann entsprechend Alkohol als Belohnung zu verteilen? Anders geht es ja fast gar nicht. Für die Kosten kann man dann aber auch schon die Reinigung bezahlen, denke ich. Irgendwie finde ich es auch nicht ganz fair, dass Obdachlose dafür belohnt werden sollen, ihren Platz sauber zu halten, während normalerweise jeder eine Strafe fürchten muss, der einfach seinen Müll auf die Straße wirft.
Sicher sind Obdachlose schon durch das Leben auf der Straße gestraft und es ist vielleicht nicht schlecht, wenn sie durch solche Aktionen merken, dass die Stadt sie unterstützt. Aber gerade Alkohol als Belohnung finde ich auch nicht gut, weil eben viele dieser Menschen schon ein Alkoholproblem haben. Ich denke, dass ich bei einem Belohnungssystem etwas zum Essen besser fände, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass die Obdachlosen bei Alkohol zur Belohnung besser aufräumen.
Natürlich wäre es schön, wenn alle Menschen ihren Müll selber wegräumen würden. Aber der Wunsch allein bringt einen da halt nicht weiter. Es ist in der Realität nun mal nicht so. Wenn man den ganzen Tag sturzbetrunken ist, ist es einem eben auch egal, wie es aussieht. Ich finde das - so unschön der Anblick für alle Nüchternen ist - ganz selbstverständlich. Wer hebt denn Bierdosen auf, wenn er dabei vorn überkippt? Wenn man ganz unten ist, macht man sich über solche Befindlichkeiten keine Gedanken.
Also muss man sich etwas anderes einfallen lassen. Ich hoffe sehr, dass man schon daran gedacht hat, genügend Mülleimer und öffentliche Toiletten aufzustellen. Denn ohne wird es nicht funktionieren. Man kann ja nicht einfach nur verbieten und gar keine Alternative anbieten.
Und dass man hier nun Alkoholkranken Alkohol verspricht, finde ich auch nicht weiter schlimm. Als Belohnung bekommen sie das, was sie am meisten wollen. Es ist ja auch nicht so, dass sie ohne die Belohnung nüchtern bleiben und über einen Entzug nachdenken würden. Sie werden so oder so den ganzen Tag trinken. Daran würde das Angebot nichts ändern. Daran würde auch eine andere Belohnung nichts ändern.
Ich habe diesen Bericht letztens auch in den Nachrichten gesehen und bin hin- und hergerissen von dieser Maßnahme. Zum einen sollte man eigentlich wirklich davon ausgehen, dass jeder Erwachsene und eigentlich auch jedes Kind oder Jugendlicher den eigenen Müll weg räumen kann. Fakt ist aber leider, dass überall Müll herum liegt, weil es eben nicht der Fall ist. Und dafür braucht man Menschen, die diesen wieder weg räumen.
Alkohol an Alkoholiker ausgeben ist natürlich so ein zweischneidiges Schwert. Eigentlich sollte man es nicht machen. Aber andererseits würden die Alkoholiker auch ohne diese "Belohnung" weiter trinken. Man kann sie nicht einfach erziehen. Und wenn man ihnen für ihre Arbeit Geld gibt, würden sie es auch nur in Alkohol anlegen. Ein Essen oder dergleichen wäre wahrscheinlich kein so großer Anreiz.
Die Idee zu diesem Projekt kommt aus den Niederlanden, wo es schon erfolgreich realisiert wurde. Und dort hat man auch die Erfahrung gemacht, dass den Menschen die Regelmäßigkeit gut tut. Sie bekommen wieder eine gewisse Struktur in ihren Alltag. Dort haben wirklich solche Menschen es wieder geschafft, darüber eine Arbeit zu bekommen und sich dann letzten Endes dafür zu entscheiden, dass sie es mal mit einem Leben ohne Alkohol probieren sollten.
Ich denke also, dass man nicht immer nur mit dem erhobenen Zeigefinger an solche Problembereiche herangehen sollte, sondern auch mal über den Tellerrand hinaus gucken muss, um vielleicht einen anderen Ansatz für die Problemlösung zu finden. Es ist nicht nur immer alles schwarz oder weiß. In diesem Fall mag die Ausgabe von Alkohol kurzfristig zwar schlecht sein - aber sie kann langfristig Erfolg haben. Und wenn nur ein einziger dadurch wieder richtig Fuß fassen kann, ist das schon ein Erfolg. Und durch die Ausgabe wird keinem geschadet, denn diese Menschen würden sich den Alkohol sonst anders besorgen. Keiner trinkt dadurch mehr. In den Niederlanden hat sich sogar gezeigt, dass diese Menschen dann weniger trinken.
Wir sind wirklich weit gekommen, dass jetzt den Obdachlosen sogar eine Belohnung gegeben werden soll, damit sie den eigenen Müll entsorgen und ihren Kot. Auch wenn diese Menschen jetzt auf der Straße leben, haben sie es doch auch mal als Kind oder Erwachsener anders kennen gelernt und müssten normalerweise auch wissen, wie man sich benimmt. Immerhin werden sie ihren Müll nicht immer einfach hingeschmissen und das Wegräumen anderen überlassen haben. Vor allem wissen sie auch, dass es Toiletten gibt und man nicht auf die Straße macht.
Sie dafür nun noch zu belohnen, dass sie sich so benehmen, das verstehe ich wirklich nicht. Da werden Gesetze erlassen, dass das Rauchen in öffentlichen Räumen verboten ist und allgemein eingeschränkt werden soll, weil es gesundheitsschädlich ist und ebenfalls das Trinken. Dann geht man her und will den Obdachlosen Bier und Tabak als Belohnung geben, damit sie überhaupt Lust bekommen, nicht mehr die Straße voll zu koten und ihren Müll zu beseitigen. Kann das wirklich wahr sein? Warum nicht gleich einen Sarg hinstellen?
Die Obdachlosen müssten nicht auf der Straße leben. Sie brauchen keine Belohnung, sondern jemand, der ihnen hilft, sich langsam wieder als Mensch zu fühlen. Die Stadt hat genügend Betreuer, die auch hier mal tätig werden müssten. Klar ist es ekelig, sich mit stinkenden Menschen abgeben zu müssen. Aber wenn sie aus der Badewanne kommen und saubere Sachen zum Anziehen erhalten, werden sie sicherlich auch zugänglicher sein.
Füllt man sie jedoch mit voller Absicht noch weiter mit Alkohol ab, wo bitte landen sie da eines Tages? Die Straßen, in denen sie hausen, werden nicht sauberer und jeder geht ihnen aus dem Weg. Da könnte man auch eine große Halle mit Toilette nehmen und sie von der Straße holen. Da haben sie wenigstens ein Dach über dem Kopf. Aber einen Menschen – auch Obdachlose sind Menschen – noch weiter abfüllen und mit schuld sein an seinem Elend, das ist das Letzte. Wenn die Niederländer das machen, ist es deren Sache, aber ich finde, dass es andere Möglichkeiten gibt. Damit muss sich die Stadt befassen.
Wawa666 hat geschrieben:Ob das wohl auch in Essen das Müllproblem lösen wird? Ist es ein gutes Vorgehen, für das Sauberhalten des Platzes Alkohol zu verschenken und Geld zu zahlen? Oder sollte man davon ausgehen, dass man eigentlich von jedem erwachsenen Menschen verlangen kann, dass er seinen Müll nicht einfach liegen lässt, ohne, dass man ihm dafür eine Belohnung auszahlen muss? Und ist es sinnvoll, Alkoholkranken zur Belohnung Alkohol zu geben?
Das Problem derartiger Trinkertreffpunkte ist mir aus meiner näheren Umgebung leider mehr als gut bekannt. Tatsächlich ist meine Stadt im Landkreis schon regelrecht dafür berüchtigt, jede Menge Alkoholiker zu beherbergen und das sieht man ihr an einigen Orten und besonders an einigen Tagen auch gut an. Okay, wir haben hier in der Nähe auch ein sehr großes Festivalgelände und wenn einmal jährlich die Festivalsaison angebrochen ist, sieht es dort auch nicht besser aus.
Aber das ist meiner Meinung nach zumindest etwas Anderes als diese regelmäßigen Alkoholikertreffpunkte. Die daraus entstehenden Umweltbelastungen würde ich jetzt zwar auch nicht mit milderen Augen sehen als die, die aus den Trinkertreffpunkten hervorgehen, aber das Gelände sieht eben auch nur einmal im Jahr katastrophal aus und nicht ständig, und regelmäßiges Trinken von Alkohol ist ja auch nochmal etwas Anderes als das Trinken von Alkohol zu einem besonderen Anlass.
Wie auch immer, auf jeden Fall gibt es in meiner Stadt eben auch jede Menge Alkoholiker und das geht aus dem Anblick einiger Orte auch eindeutig hervor. So haben wir beispielsweise einen kleinen Laden, der zwar heute für Pokale und was weiß ich noch alles zuständig ist, früher allerdings ausschließlich Getränke und Süßigkeiten zum Verkauf angeboten hat und so wurde es offenbar für eine Gruppe von Männern zur Angewohnheit, sich in diesem Laden ihren Alkohol zu kaufen und sich gleich daneben zu positionieren, um diesen dann in der Gruppe zu sich zu nehmen.
Obwohl es diesen Getränkeladen also eigentlich nicht mehr gibt, stehen die Männer auch heute noch da und lassen ihre Flaschen natürlich auch rumliegen, anstatt diese abzugeben (oft sind es ja Pfandflaschen) oder wenigstens wegzuwerfen. Ich finde solche Treffen, die nur aus dem Trinken von Alkohol bestehen, generell widerwärtig, und dann auch noch Müll zu hinterlassen, ist einfach nicht in Ordnung. Das Problem der Stadt Essen kann ich darum auch gut nachvollziehen.
Auf der einen Seite finde ich es super, dass die Stadt etwas dagegen unternehmen will und ich finde es auch gut, dass in diesem Projekt von Belohnungen die Rede ist. Was ich aber alles andere als gut finde, ist, dass auch von Alkohol als Belohnung die Rede ist. Wenn schon, dann sollte es unbedingt Bargeld sein. Natürlich trifft man bei solchen Leuten mit Alkohol als Belohnung durchaus ihre Interessen, aber in Ordnung ist es dennoch nicht, Alkohol einfach so zu verschenken.
Insbesondere, weil ja gerade der Alkohol, den die Stadt dann selbst auch noch verschenken würde, schuld daran ist, dass solche Maßnahmen überhaupt ergriffen werden. Ihn den Verursachern des Mülls auszuhändigen würde sich meiner Meinung nach letztendlich auch kontraproduktiv auswirken können, also würde die Stadt gewissermaßen ein Risiko mit dieser Belohnung eingehen. Ob damit das Müllproblem gelöst werden kann, ist also fraglich, von dem Alkoholproblem der Leute mal ganz zu schweigen.
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