Beschimpfungen in der Schule - Kinderkram oder mehr?

vom 31.01.2014, 14:26 Uhr

Meine Familie und ich mussten uns in den letzten paar Wochen mit einem unangenehmen Thema auseinandersetzten. Obwohl sich mein Sohn, er ist 11 Jahre alt und besucht ein Gymnasium, sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, wird er von einem türkischen Mitschüler als, ich zitiere, "Nazi" beschimpft.

Unsere erste Reaktion war Bestürzung und die Frage, wie man mit diesem empfindlichen Thema umgehen solle. Mein Sohn ist sich über die Bedeutung des Wortes sehr wohl bewusst, da ihn die deutsche Geschichte überaus interessiert und fühlt sich mit dieser Beschimpfung nicht wohl.

Wir schlugen ihm vor zur Klassenlehrerin zu gehen. Diese zeigte zuerst keine besondere Gefühlsregung und schlug meinem Sohn vor den Jungen zu bitten damit aufzuhören. Genau das machte mein Kind, aber Früchte trug das keine. Schon nach kurzer Zeit wurde er wieder als "Nazi" beschimpft.

Obwohl der türkische Junge mein Kind anflehte nicht zur Klassenlehrerin zu gehen, erzählte dieser der Dame von dem erneuten Vorfall. Nun soll ein Gespräch stattfinden, bei den die beiden Kinder sich aussprechen sollen.

Wie seht ihr die Ereignisse und wie würdet ihr euch in einer solchen Situation verhalten? Welche Ratschläge würdet ihr eurem Kind geben?

» Fabienne3 » Beiträge: 824 » Talkpoints: 23,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde es absolut richtig, dass dein Sohn zur Lehrerin geht, denn eine Beleidigung sollte er sich nicht gefallen lassen. Es fängt mit "Nazi" an, was vielleicht noch am Anfang eher aus Spaß gesagt wird, aber später kommen doch noch viel härtere Beleidigungen, wenn man sich das ganze Theater gefallen lässt. Ich würde auf jeden Fall auch das Gespräch mit der Lehrerin suchen, damit sich beide Kinder auch einmal richtig aussprechen, auch wenn der türkische Junge die ganze Situation eher als Spaß sieht und vielleicht gar nicht so wirklich weiß, was er eigentlich genau sagt und was ein Nazi nun wirklich ist. Ich denke, dass man in dieser Situation richtig gehandelt hat, vor allem dein Sohn, der sich nicht zu sehr provozieren lässt.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9228 » Talkpoints: 24,02 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Wie kommt denn der türkische Junge darauf, deinen Sohn Nazi zu nennen? Das hört sich ja schon nach einer Form von Rassismus an, wobei sich nur schwer feststellen lässt, ob der türkische Junge wirklich wusste, was er sagt oder ob er nur irgendetwas nachgeplappert hat, was er von irgendwo aufgegabelt hat. Zu meiner Schulzeit wurden manche meiner Mitschüler auch von anderen gehänselt, aber da ist nie das Wort Nazi gefallen.

Es kann doch auch sein, dass der Junge nur das nachplappert, was er zu Hause von den Eltern gehört hat. Es kann doch sein, dass die türkischen Eltern sich von den Einheimischen teilweise diskriminiert fühlen und deswegen alle anderen als "Nazis" beschimpfen um sich selbst besser zu fühlen. Der Sohn hört das nur und plappert das dann in der Schule nach.

Ich wäre auf jeden Fall dafür, dass die beiden Schüler das mit der Lehrerin klären und wenn sich das dann nochmal wiederholen sollte, finde ich, dass sich die Eltern nochmal mit ihren beiden Söhne und der Lehrerin zusammensetzen sollten. Vielleicht hört das dann endlich auf.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich glaube kaum, dass der Junge weiß, was es mit dem Begriff "Nazi" auf sich hat. Ich nehme auch stark an, dass er den daheim aufgeschnappt hat. Wenn man jeden Tag mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert wird, kann ich mir schon vorstellen, dass man unfreundliche Deutsche gerne mal als Nazis abstempelt. Oder dem Jungen ist einfach aufgefallen, dass die Begegnungen seiner Familie mit echten Nazis zu den schlimmsten Erfahrungen gehören. Demnach muss sich "Nazi" sehr gut als Schimpfwort eignen.

Also inhaltlich würde ich dem wenig Bedeutung beimessen. Der Junge ist 11 Jahre alt, er weiß nicht wirklich, was ein Nazi ist. Allerdings weiß es der Sohn von Fabienne3, da er sich mit dem Thema beschäftigt hat. Und daher ist es für ihn mehr als eine beiläufige Beleidigung ohne Bedeutung. Und aus dem Grund würde ich es nicht als Kinderkram abtun und übergehen. Für ihn ist es verletzend, also muss man das Problem angehen.

Und da wurde doch ein guter Weg eingeschlagen. Die Jungen müssen das unter sich klären. Aber einfach auf dem Schulhof wird das nicht funktionieren, weil sie sich da nicht zuhören, sondern womöglich noch schlagen werden. Daher finde ich es eine gute Idee, wenn sie unter Anleitung der Lehrerin darüber reden. Aber ohne die Verurteilung und den Scham der Eltern. Die reagieren doch gerne mal über, wenn sie durch das Verhalten ihres Kindes so bloßgestellt werden. Ich finde mit 11 Jahren sind die Jungs alt genug, das auszudiskutieren.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich denke, Beschimpfungen in der Schule sind durchaus ein Thema, in das der Lehrkörper mit einbezogen werden sollte. Da der Junge sich ja anscheinend nichts hat zuschulden kommen lassen, stellt sich die Frage, wie das andere Kind auf die Idee kommt, eine solche Gesinnung zu unterstellen.

Leider wird dieser Begriff heute ständig und gern benutzt, ohne dass der genaue Hintergrund dem Beschimpfenden bekannt ist. Ich würde den anderen Jungen fragen, ob er denn überhaupt weiß, was das bedeutet, was er seinem Kameraden da an den Kopf wirft. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er gar nicht so genau weiß, was das heißt. Manche Leute bedienen sich gern dieses Begriffs, um etwas zu erreichen, da der Beschimpfte sich meist betroffen zurückzieht und den anderen dann gewähren lässt. Auf diese Weise lässt sich gut der eigene Willen durchsetzen.

In diesem Fall sollte vielleicht ein Gespräch mit dem Lehrer oder der Lehrerin und beiden Elternpaaren stattfinden. Möglicherweise hat das Kind dieses Wort nur irgendwo aufgeschnappt und gemerkt, dass er damit eine Reaktion auslöst.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich denke, Beschimpfungen in der Schule sind durchaus ein Thema, in das der Lehrkörper mit einbezogen werden sollte. Da der Junge sich ja anscheinend nichts hat zuschulden kommen lassen, stellt sich die Frage, wie das andere Kind auf die Idee kommt, eine solche Gesinnung zu unterstellen.

Leider wird dieser Begriff heute ständig und gern benutzt, ohne dass der genaue Hintergrund dem Beschimpfenden bekannt ist. Ich würde den anderen Jungen fragen, ob er denn überhaupt weiß, was das bedeutet, was er seinem Kameraden da an den Kopf wirft. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er gar nicht so genau weiß, was das heißt.

Manche Leute bedienen sich aber auch gern dieses Begriffs, um etwas zu erreichen, da der Beschimpfte sich meist betroffen zurückzieht und den anderen dann gewähren lässt. Auf diese Weise lässt sich gut der eigene Wille durchsetzen.

In diesem Fall sollte vielleicht ein Gespräch mit dem Lehrer oder der Lehrerin und beiden Elternpaaren stattfinden. Möglicherweise hat das Kind dieses Wort nur irgendwo aufgeschnappt und gemerkt, dass er damit eine Reaktion auslöst.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Für mich hört sich ein Gespräch der beiden Beteiligten, in dem der Konflikt (hoffentlich mit Hilfe einer qualifizierten erwachsenen Person) besprochen und gelöst wird, nach einer guten Lösung an. Meiner Meinung nach sind Beleidigungen und Beschimpfungen nie "Kinderkram". Mobbing und Schikanen sind selbst im Grundschulalter schon verbreitet, und ich bin absolut nicht der Meinung, dass die "lieben Kleinen" das schon unter sich ausmachen sollen.

Wenn mich jemand am Arbeitsplatz schikaniert, gehe ich ja auch zum Chef, wenn ich das Problem nicht selber lösen kann. Und wenn sich nichts ändert, kann ein Erwachsener sich immer noch einen neuen Job suchen. Kinder sind ohne Hilfe von "oben" ihren Altersgenossen eher ausgeliefert. Vor diesem Hintergrund halte ich es auch nicht für "Petzen", wenn sich ein Schüler an eine Lehrkraft wendet, wenn er beschimpft oder beleidigt wird. Lehrerinnen und Lehrer sind ja nicht nur dazu da, Mathe und Co. zu vermitteln, sondern sollten ihren Schülern im Idealfall auch sozial akzeptables Verhalten einimpfen, wenn das im Elternhaus nicht vermittelt wird.

Ob der entsprechende Knabe nun weiß, was genau ein "Nazi" ist oder ob er das Wort nur benutzt, weil er gemerkt hat, dass man damit extreme Reaktionen provozieren kann, halte ich für unerheblich. Dass es sich um ein beleidigendes Schimpfwort handelt, war ihm ja offensichtlich bekannt. Auch deshalb halte ich es für sinnvoll, darüber zu sprechen, was er da seinem Mitschüler genau an den Kopf geworfen hat. Andererseits finde ich, dass man einem Elfjährigen schon zumuten kann, dass er nicht mehr alles "nachplappert" wie ein Kindergartenkind. Viele junge Menschen stehen mit 11 Jahren schon mit einem Bein in der Pubertät und sind gar nicht mehr die naiven, im Prinzip ganz lieben Kinderchen, die sie wahrscheinlich sowieso nie waren.

» Gerbera » Beiträge: 11322 » Talkpoints: 50,48 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Die Antworten haben mir sehr geholfen, danke.

Mittlerweile hat das Gespräch stattgefunden. Leider hat der Junge alles abgestritten. Glücklicherweise gab es Zeugen, die sein Vergehen bestätigt haben. Die Lehrerin hat meinem Sohn die Aufgabe gegeben seinem Mitschüler zu erklären, warum er nicht "Nazi" genannt werden will. Anscheinend zeigte dieser eine Art von Einsicht. Zumindest erzählte mir mein Sohn, dass er nickend zugestimmte als er gefragt wurde, ob er verstanden hat, was er falsch macht.

Es bleibt abzuwarten, ob der Junge begriffen hat, dass er damit aufhören soll. Ich finde die Lehrerin hätte ein wenig mehr Einsatz zeigen können und möglicherweise das brisante Thema sogar kurz in der sogenannten Klassenstunde, dort werden Probleme besprochen, aufgreifen können.

Jetzt hoffen wir natürlich, dass diese Beschimpfungen hiermit beendet sind und sich die Beiden wieder besser verstehen.

» Fabienne3 » Beiträge: 824 » Talkpoints: 23,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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