Eigenes Hochzeitskleid selber nähen bringt Unglück?

Eine Freundin heiratet im nächsten Jahr und sie kann sehr gut nähen. So hat sie sich ihr eigenes Brautkleid selber entworfen und näht es selber. Nun hat sie von vielen Seiten schon gehört, dass sie das nicht machen soll, weil es Unglück bringen soll, wenn man sich das Brautkleid selber näht.

Früher haben sich die Frauen doch auch das Brautkleid selber genäht. Wie kommt man auf so was dass es Unglück bringen soll? Wer hat das in die Welt gesetzt, dass es Unglück bringen soll, wenn man sich das Brautkleid selber näht?

Es gibt doch so viele Mythen rund um die Hochzeit. Beispielsweise soll der Bräutigam ja auch nicht das Kleid vor der Hochzeit sehen, was ich schlichtweg albern finde. Wo der ganze Kram her kommt weiß ich nicht, aber ich kann mir nur vorstellen, dass die Frauen, die eben sitzen gelassen wurden oder bei denen es mit der Ehe nicht geklappt hat danach die Schuld beim Kleid gesucht haben. Ich finde es total cool, wenn man sich das Brautkleid selber näht, weil man es dann nach seinen Vorstellungen gestalten kann und immer auch etwas Besonderes hat.

Dass die Braut ihr Kleid nicht selber nähen darf, hat den Hintergrund, dass eigentlich der Bräutigam dafür bezahlen sollte. Somit mussten nur die Bräute, die einen armen Mann heiraten, ihr Kleid selber nähen.

Diese Bräuche sind doch aber alle total überholt. Heute finanzieren die meisten Brautpaare ihre Hochzeit gemeinsam und nähen ist wieder in und keine Notwendigkeit. Übrigens sollte früher das Kleid auch erst am Hochzeitstag fertig werden. Daran hält sich niemand. Auch sollte die Braut sich selbst erst sehen, wenn es fertig ist und alles perfekt ist. Dagegen sprechen aber die wochenlangen Anproben heutzutage. Ich finde es seltsam, sich an einige Bräuche zu halten und an einige nicht. Auch scheint es immer egal zu sein, aus welcher Region der Brauch kommt und welcher Hintergrund dahinter steckt.

Ich würde auf solche Bräuche überhaupt nichts geben. In Ehren halten würde ich nur Traditionen, die in meiner Familie Bestand haben. Aber nichts, was wie ein Gerücht weitergegeben wird und keiner weiß, warum man das so machen soll. Und schon gar nicht, weil es angeblich Unglück bringt. Wir leben doch nicht im Mittelalter. Ehen gehen in die Brüche, wenn die Zwei nicht genug daran arbeiten oder aus tausend anderen Gründen, aber sicher nicht, weil die Braut gerne näht.

Unabhängig von allen romantischen Mythen hatte ein Brautkleid lange Zeit vor allem die Funktion, zu zeigen, dass sich die Familie der Braut ein unpraktisches, sauteures Monstrum von Kleid leisten konnte, dass die junge Frau nur einmal getragen hat. Es konnten sich auch nicht alle Bevölkerungsschichten so ein "Traumkleid" leisten. Meine Großmütter, beides Bäuerinnen, haben jeweils in einem schlichten, dunklen Kleid geheiratet, welches sie später bei besonderen Gelegenheiten wieder anziehen konnten. Aber die meisten unserer Hochzeitstraditionen entstammen nun mal dem gehobenen Bürgertum.

Vor diesem Hintergrund erscheint mir der Aberglaube, eine Braut dürfe sich ihr Kleid nicht selber nähen, halbwegs nachvollziehbar. Ich selbst gebe jedoch nichts auf solchen Aberglauben und wenn eine Frau gut nähen kann, kann sie doch gerne ihr Brautkleid selbst anfertigen. Schließlich werden Ehen heutzutage unter komplett anderen Vorbedingungen geschlossen als zu der Zeit, als sich diverse Traditionen verbreitet haben. Ich selbst hätte beispielsweise auch kein Problem damit, Perlen zu meiner Hochzeit zu tragen, obwohl dieseebenfalls angeblich ganz übel Unglück bringen.

Ich denke auch, dass nichts dagegen spricht. Da steckt doch dann sehr viel mehr Herzblut drin, als wenn man es einfach kauft und das weiß sicherlich auch der Bräutigam zu schätzen. Und wenn er daran glaubt, dass er das bezahlen muss (wobei ich viele kenne, wo nicht der Bräutigam das Kleid bezahlt hat, sondern zum Beispiel die Mutter, die Schwiegermutter oder die Braut selbst), dann kann er ja auch einfach den Stoff bezahlen. Es ist doch im Prinzip das selbe. Also ich finde, dass nichts dagegen spricht. Nur den Mann sollte sie sich nicht selber backen.

Ich weiß zwar auch nicht, woher solche Bräuche kommen, aber ich würde darauf auch nichts geben. Wie du erwähntest war es früher ja tatsächlich normal, dass man sich teilweise die Brautkleider selbst nähte oder das der Mann das Kleid bezahlte was heute gar nicht mehr von Nöten ist, da Braut und Bräutigam gleichermaßen die Hochzeit finanzieren.

Könnte ich nähen und würde ich in absehbarer Zeit heiraten, würde ich wohl auch mein Hochzeitskleid selbst nähen. Da steckt dann eine eigene Idee und Herzblut dahinter und das ist doch total schön. Wenn ich es so betrachte, spart sie wahrscheinlich sogar noch ein bisschen dabei, wenn sie sich nicht ein fertiges Brautkleid kauft - wobei ich hier nicht beurteilen kann, wie teuer der Stoff dann ist. Aber im Endeffekt ist es eine sehr coole Sache und sie sollte sich das nicht ausreden lassen.

Ich verstehe gar nicht, warum das überhaupt Unglück bringen soll. Gerade diese Form von Aberglauben ist in meinen Augen irgendwie unsinnig. Ich persönlich finde es viel besser, sich das Kleid selbst nähen zu lassen bzw. es selbst zu nähen, wenn man es denn kann.

Wenn man sich ein Kleid kauft, passt es doch eh nie hundertprozentig. Meistens ist es etwas zu weit oder zu lang, sodass es wieder um genäht und geändert werden muss. Eine Bekannte von mir hat vor 3 Jahren geheiratet und sie musste das Kleid für 300€ ändern lassen und das ist in meinen Augen auch schon eine Menge Geld. Da ist es doch leichter, man näht es direkt so wie man es haben möchte. Maßgeschneidert sieht vieles einfach viel besser aus.