Wieso gelten Proleten in Sachen Comedy als unterhaltsam?
Ich beschäftigte mich noch nie so sonderlich intensiv mit Mario Barth. Aber was ich von ihm mitbekam, wirkte sehr mackerhaft. Seine Shows sind, wie mir scheint, eine reine Reproduktion von Klischees und das Niveau würde ich nicht als allzu hoch bezeichnen. Dennoch scheint er in Teilen der Bevölkerung sehr beliebt zu sein und für seine als humorvoll wahrgenommenen Darbietungen gefeiert zu werden.
Dasselbe gilt für Cindy aus Marzahn. Die Darstellerin von Cindy, Ilka Bessin, soll privat komplett anders sein, als ihre Rolle. Das kann ich mir bei vielen dieser Darsteller vorstellen. Aber geschätzt wird eben doch die Rolle der Cindy an sich. Eine Figur in ordinärer Kleidung, mit wenig feinem Auftreten, von ihrer Aussagen und Denkweisen her ein klischeehaftes Beispiel einer "Unterschichts"-Person. Dazu natürlich das übliche Klischee der starken Schminke, typischen Frisur und natürlich auch noch Beleibtheit, wie das eben angeblich bei Empfängern von Sozialleistungen sein soll, dem Klischee nach. Ich hätte ihre Rolle ja als Parodie auf das Unterschichts-Klischee verstehen wollen, aber offenbar hat sie auch viele Fans, die sie schätzen, da sie angeblich mal ausspräche, was bestimmte soziale Gruppen denken würden. "Die ist eine von uns!" scheint so eine Denkweise einiger Fans von ihr zu sein. Also da geht es offenbar um Identifikation mit der Rolle, nicht um die Betrachtung einer Parodie einer bestimmten Schicht, die einem selber im Alltag eher fremd ist.
Atze Schröder ist auch so eine Person mit einem proletenhaften Image, die trotzdem beziehungsweise gerade deswegen im Bereich der Comedy als lustig gilt. Sicherlich finden nicht alle die Sendungen, in denen er vorkommt, toll, aber die Einschaltquoten sollen wohl nicht zu niedrig sein. Also dieses Auftreten scheinen auch viele Leute irgendwie lustig, unterhaltsam und betrachtenswert zu finden.
Und das wären nur ein paar Beispiele, wo Personen, die man, wären sie real, wohl eher einem sozial schwächeren Umfeld zuordnen würde, und die gerade deswegen als lustig durchgehen. Aber wieso ist das eigentlich so? Wieso mögen Menschen sie? Wer mag sie insbesondere? Sind das Leute, die sich mit dem darstellten Milieu selber identifizieren? Oder eher Leute, die sich für höhergestellt halten und die über vorgeblich schlechter gestellte Menschen schadenfroh lachen wollen? Gibt es, da es über alle möglichen Dinge Studien gibt, vielleicht auch zu dieser Thematik eine? Wie sieht die Zielgruppe dieser Art von, ich sage es mal salopp, "Proleten-Comedy" aus?
Und ist das eigentlich eine neuere Tendenz der letzten Jahre, dass solche Comedy-Rollen sich immer mehr durchsetzen? Wenn ich mal ein paar Jahrzehnte zurück denke, fallen mir Dieter Hildebrandt und Loriot ein, also doch eher satirische und etwas feingeistigere Vertreter in Sachen Humor. Sicher gab es auch reine Blödsinns-Comedy, Stichwort Dieter Hallervorden, der als Didi in einfach nur total absurden Rollen auftrat.
Aber Leute, die als Rolle richtige Proleten spielten und dafür als lustig empfunden wurden, gab es eher weniger, oder? Als Ausnahme würde ich vielleicht noch Ekel Alfred betrachten, aber das ist noch einmal eine andere Niveaustufe, als das, was man heute beispielsweise von Cindy aus Marzahn kennt.
Ich oute mich mal, indem ich zugebe, dass ich über diese Art Humor manchmal auch lachen muss. Woran das liegt, kann ich auf Anhieb gar nicht so genau sagen. Allgemein lache ich sehr gerne und viel und habe auch ein gewisses Faible für schrille Persönlichkeiten und Freaks, auch wenn ich sie in meinem persönlichen Umfeld auch nur bis zu einem gewissen Grad tolerieren würde.
Solche Phänomene wie zum Beispiel Cindy aus Marzahn empfinde ich als gelungene Parodie auf einen Typus Mensch, den es ja in der Realität auch gibt. Natürlich ist das alles etwas überspitzt, aber Humor lebt ja auch von Übertreibungen. Bei alledem hat sie aber auch immer noch etwas liebenswertes und menschliches. Und das finde ich das Wichtigste. Auf Menschen der so genannten "Unterschicht" blicke ich eigentlich nicht herab. Finanziell gesehen gehöre ich dieser ja auch selbst an. Ich finde schon den Begriff ziemlich diskriminierend.
Auf Dauer finde ich diese Art des Humors auch ziemlich ermüdend. Ich würde mir so was nicht ständig ansehen. Was mich wirklich stört, sind die plumpen sexuellen Witze, wie man sie ja aber auch vom Karneval oder deutschen Stammtischen kennt. Das geht dann schon ganz schön unter die Gürtellinie und ist so gar nicht subtil. Was ich aber sympathisch finde, ist die Ehrlichkeit, Direktheit und Authentizität. Im Gegensatz zu so manchem pseudo intellektuellen deutschen Comedian (z,B von Hirschhausen und anderen) sind solche Leute wie Cindy völlig uneitel und belehren nicht ihr Publikum.
Solche Charaktere wie Ekel-Alfred sind natürlich schon ein ganz anderes Kaliber. Und natürlich kann man solche Comedy-Stars wie Cindy auch nicht mit politischem Kabarett oder dem subtilen Humor eines Woody Allan oder Monty Python vergleichen. Das sind ja ganz auch ganz andere Formate.
Ich schaue mir zum Beispiel auch sehr gerne amerikanische Comedy Serien wie "Seinfield", "The BIG BANG Theorie" oder "Malcolm mittendrin" an. Darüber könnte ich mich kranklachen! "Malcolm mittendrin" spielt ja auch im White Trash Milieu, also einer weißen US-amerikanischen Unterschichten - Familie. Viele können solchen Serien sicher auch nichts abgewinnen. Wenn man genau hinschaut, sind sie aber gar nicht so geistlos, wie es auf dem ersten Blick den Anschein erweckt. Dahinter verbirgt sich nämlich auch viel Sozialkritik und auch Kritik an den politischen Zuständen.
Generell mag ich lieber den sarkastischen Humor der Engländer und US-Amerikaner. Auch den der Mexikaner und den jüdischen Humor liebe ich sehr. Der prollige deutsche Humor ist mir oft zu plump und zu direkt. Da gibt es keinen doppelten Boden. Wenn man einen Witz auf Anhieb versteht und es keinen Raum für Interpretationen mehr gibt, ist er meist nicht gut.
Außerdem gibt es auch viele Interpreten in der deutschen Comedy-Szene, die absolut nicht über sich selbst lachen können. Selbstironie ist für mich aber die Königsdisziplin des Humors. Witzig sein zu wollen, ohne sich auch mal über sich selbst lustig zu machen, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist auch mein Kritikpunkt an Stefan Raab, Ein Comedian sollte keinesfalls eitel und selbstverliebt sein. Wer immer Angst hat, sein Gesicht zu verlieren, ist
meiner Ansicht nach nicht lustig.
Einer meiner Favoriten in Sachen Humor ist zum Beispiel Horst Evers. Ich habe schon alles von ihm gelesen und verschenke immer wieder seine CDs und Bücher an Familie und Freunde. Bisher waren alle begeistert. Auch Helge Schneider, Rainald Grebe, Olaf Schubert oder Wladimir Kaminer finde ich Klasse. Mich jedenfalls bringen sie immer wieder aufs Neue zum Lachen.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-232108.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung 1050mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Rubbelfeld · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung
- Palmen für die Wohnung 3006mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Dreddi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen für die Wohnung
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun? 1856mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: helgak62 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun?
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel? 1350mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wawa666 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel?