Prokon - Wie kann so eine Pleite überhaupt passieren?

vom 21.01.2014, 21:42 Uhr

Ich habe gerade Frontal 21 klick gesehen. Dort wurde unter anderem über Prokon berichtet. Diese bewarben einige Jahre mit traumhaften Versprechen ihre Geldanlagen. Der Anleger könne damit - ganz ökologisch - in Windkraftanlagen investieren und gutes Geld mit gutem Gewissen machen.

Wer möchte, kann sich ja den Beitrag in der Mediathek ansehen. Er war relativ unverblümt dahingehend, was mit dem Geschäftsmodell möglicherweise falsch lief. Kurz gefasst macht die Firma nach diesem Bericht einen reichlich unseriösen Eindruck.

Erschüttert war ich, dass man so etwas in Deutschland als Geschäftsmodell wirklich legal so aufbauen darf. Ebenso erschüttert bin ich, dass die privaten Einzelpersonen wohl kaum noch Geld sehen werden, wenn die Firma wirklich insolvent ist, obwohl das Modell als so super zuverlässig galt und sogar als Altersvorsorge empfohlen wurde. Warum gibt es keine Gesetze, die Normalbürgern das Schutz bieten? Oder die zumindest dem Bürger Informationen bieten, dass so eine Anlageform hoch riskant ist und nicht so sicher wie vom Anbieter beschrieben?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich habe mich mal selbst für Prokon interessiert und verfolge das etwa zwei oder drei Jahre. Tatsächlich habe ich selbst bereits in eine ähnliche Anlage investiert - und das erfolgreich. Habe dort jährlich meine Verzinsung erhalten und das Kapital kam auch fristgemäß zurück. Mittlerweile habe ich dort eine zweite Anlage getätigt und mache mir auch keine Sorgen. Auch bei mir ist es eine Anlage in umweltfreundlichen Strom, bei einem örtlichen Stromanbieter. Der Ertrag ist nicht ganz so hoch, wie Prokon ihn versprach, die Anlage hat eine Befristung und klare Aussagen zur Auszahlung und der Anbieter verfügt über weitere Standbeine und Einnahmequellen. Trotzdem haben beispielsweise die Sparkassen bei uns in der Stadt auch auf mögliche Risiken hingewiesen. Auf der anderen Seite kann man halt keine Minizinsen verkaufen, wenn der Stromanbieter interessanter aufwartet.

Ich hatte dann vor ein paar Jahren auch bei Prokon tatsächlich einmal die Unterlagen angefordert und die Internetseite besucht. Gleichzeitig habe ich aber auch im Internet darüber gelesen. Verbraucherschützer waren schon damals nicht glücklich, rieten allenfalls dazu bei Prokon anzulegen, wenn man ein gewisses Vermögen hat und Risiken mischen konnte. Ähnliches las man auch über eine Anlage von Schalke 04 (wobei in den Schalke-Unterlagen auch ausführlich auf die Risiken hingewiesen wurde) oder halt auch über meine eigene. Ich habe die Prokon-Anlage für mich verworfen. Mir blieben zu viele Fragen offen und irgendwo hatte ich ein dummes Bauchgefühl.

Vor einigen Monaten habe ich dann zufällig einen Bericht gesehen, der Prokon thematisierte. Hier ging es in erster Linie auch darum, dass Prokon über lange Zeit gar keine vernünftigen Geschäftszahlen vorlegte und wohl auch keine richtigen Abschlüsse hat vornehmen lassen. Ungefähre Aussage war, dass die bekanntgegebenen Zahlen auf einen Bierdeckel passten. Hat mir gar nicht gefallen, führte aber dazu, dass die Entwicklung, die wir nun seit 14 Tagen verfolgen, mich nicht mehr wundert.

In dem Zusammenhang erinnere ich mich an Tennet, die zum Aufbau eines Stromnetzes ähnliche Anlageformen anboten, was aber von Anfang an ziemlich floppte. So sollten sich Anwohner einer Stromtrasse an selbiger mit einer Bürgeranleihe beteiligen können. Gleichzeitig wollte man so Schönwetter bei den Anwohnern machen, weil diese dann selbst an den unschönen Stromtrassen beteiligt wären. Auch hier warnten Verbraucherschützer und das schon ein wenig deutlicher als noch vor ein paar Jahren. Das ist ein paar Monate erst her.

Ich denke daher, dass diese Anlageformen zwar nach und nach immer öfter auftauchen, aber doch noch recht neu sind und sich vielleicht gerade jetzt in der Minizinsphase weiterverbreiten. Wahrscheinlich fehlen da noch die Erfahrungswerte um eindeutige Spielregeln meinetwegen durch den Gesetzgeber festzulegen. Immerhin kann der Grundgedanke dieser Anlageform ganz reell sein, wenn auch nicht völlig risikolos. Bei Prokon dagegen scheint ja fast ein Schneeballsystem dahinter zu stecken.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Das Problem mit Prokon bzw. dessen Ursache grenzt schon fast an Betrug. Denn nach und nach kommt ans Licht, dass es sich im Hintergrund praktisch um eine Art Schneeballsystem handelte, das dort vorhanden war bzw. ist. Somit war es praktisch nur eine Frage der Zeit, bis die Sache in Schieflage geraten sollte.

Und ich finde es echt erstaunlich, wie viele Menschen auf die Versprechen einer "sicheren" Geldanlage in Genussscheine von Prokon hereingefallen sind. Selbst habe ich viele Betroffene gesprochen, die zunächst (vor der Pleite) darüber von einer konservativen Anlageform sprachen. Dass das eigentlich gar nicht der Fall sein konnte, sah man schon an der versprochenen Rendite. Denn wenn die Bonität und das Geschäftsmodell von Prokon gut gewesen wäre, hätten die sich über Kreditinstitute sicher zinsgünstiger finanzieren können. So mussten die hohe Zinsen an (ahnungslose) Bürger zahlen. Zudem ist das ein vergleichsweise teurer Weg der Kapitalbeschaffung durch Anlegerverwaltung, Vermittlung von Anlagen, u.s.w.

» Wesie » Beiträge: 307 » Talkpoints: 3,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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