Paragraphen um Mord und Totschlag sollen verändert werden

vom 19.01.2014, 04:31 Uhr

Schon seit einiger Zeit plädieren Anwälte dafür, dass Mord im Strafgesetzbuch abgeschafft werden sollte. So sensationslüstern wird es jedenfalls gerne von den Medien formuliert. Aber eines stimmt tatsächlich: Man überlegt, die aktuellen Paragraphen zum Thema Mord radikal zu überarbeiten. Die Regelung, dass man für Mord immer eine lebenslange Haftstrafe erhalten soll, soll allerdings tatsächlich komplett abgeschafft werden. Dasselbe gilt für die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag. Stattdessen, so denkt man sich, sollte man nur noch zwischen "schweren Fällen" und "minder schweren Fällen" unterscheiden. Für erstere sei eine Strafe von fünf Jahren bis lebenslänglich angebracht, für letztere sollte eine Höchststrafe von zehn Jahren festgesetzt werden.

Dafür, die Regelungen in Sachen Mord und Totschlag radikal verändern zu wollen, sprechen laut den Befürwortern der Reform mehrere Dinge. Immer groß betont wird, dass die Regelungen dazu, die heute noch gültig sind, in der Zeit des Nationalsozialismus aufgestellt worden sind. Salopp gesagt, Nazi-Rechtsprechung sei heute einfach nicht mehr akzeptabel, allein deswegen brauche man schon eine Reform. Ebenso wird bemängelt, dass bei den aktuellen Paragraphen allein sprachlich noch deutlich "die nationalsozialistische Strafrechtsideologie" zu erkennen sei.

Dazu kommt noch, dass man die Art und Weise, wie Mord und Totschlag derzeit voneinander unterschieden werden, heute als "moralisierend" betrachtet. Der Unterschied liegt darin, dass Mord laut Definition beispielsweise aus "Mordlust" oder "heimtückisch" durchgeführt wird, was beim Totschlag nicht der Fall ist. Mord verlaufe geplant, Totschlag sei eine spontane Aktion. Diese Unterscheidung aufgrund des Gedanken des Mörders, also, ob eine Tat spontan oder geplant durchgeführt würde, dürfe bei der Bestrafung nicht beachtet werden, so einige Befürworter der Neuregelung der Gesetzes. Einige führen sogar den Wort des "Gedankenverbrechens" an, was es meiner Meinung nach absolut nicht trifft. Aber diese Personen sind jedenfalls der Meinung, dass nur eine Tat an sich bewertet werden dürfe, nicht, was dabei oder im Vorfeld dazu im Kopf des Täters vorgegangen sei. Damit fiele also auch der Mordgrund "Mordlust" oder "Lust am Töten" als Beurteilungskriterium weg.

Einen weiteren Grund nennt beispielsweise auch noch Stefan König, der den Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins leitet:

Es muss einen Ausweg aus der Falle der absoluten Strafandrohung geben.

Offenbar scheint man damit, dass Mörder immer lebenslänglich erhielten, nicht zufrieden zu sein, und einen Weg zu suchen, um das zu verhindern. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht so recht, warum. Versteht Ihr es?

Abgesehen davon wolle man auch dafür sorgen, das Wort "Mörder" aus dem Recht zu verbannen. Mord sei nämlich der einzige Fall, bei dem wirklich von einem Mörder die Rede sei, während bei anderen Paragraphen der Straftäter nicht nach der Straftat benannt sei. So steht beispielsweise bei Diebstahl nichts von Dieben und bei Raub nichts von Räubern. In der Bezeichnung "Mörder" sehen einige Menschen eine insgesamte Verurteilung der Person, die lebenslang auf ihn bezogen sei. Was, so heißt es, auch nicht korrekt sei, insbesondere dann, wenn die Strafe bereits verbüßt worden sei. Ebenso gäbe es beim Wort "Mörder" einen Unterton, dass die Person generell einen schlechten Charakter haben könnte. Das wird als inkorrekt betrachtet.

Was haltet Ihr von den Plänen, Paragraph 211 abzuschaffen und die anderen Paragrafen zum Thema komplett zu verändern? Haltet Ihr die genannten Kritikpunkte für plausibel? Ist es richtig, den Paragraphen zu verändern, weil die Originalfassung noch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt? Sollte man das Wort "Mörder" wirklich vermeiden, da es die Person generell stigmatisiert?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also wo die Definition der beiden Fälle einen entsprechenden nationalsozialistischen Hintergrund haben soll, erschließt sich mir absolut nicht. Mord ist geplant, aus welchen Gründen auch immer und Totschlag passiert ohne vorherige Planung, meist als Folge einer anderen Handlung. Wenn man es mal auf ein Beispiel umsetzt, dann würde es nach meiner Denkweise so aussehen.

Ehepaar AB streitet sich oft. Frau A will das so nicht mehr hinnehmen und mischt Mann B etwas ins Essen. Das wäre dann Mord, weil sie das ja geplant hat. Wie und vor allem wann wurde vorher überlegt. Streitet sich hingegen das Ehepaar und die Frau A schubst ihren Mann, weil er ihr im Weg steht und sie am Weggehen hindert, woraufhin der Gatte fällt und sich an der Tischkante das Genick bricht, ist es Totschlag. Die Frau hat ja nichts geplant, sondern einfach nur durch die Situation gehandelt.

Sicherlich kann man gerade beim Totschlag über das Strafmaß nachdenken. Denn der oben inszenierte Fall wird die Frau schon mehr als genug belasten. Und wenn man dann davon ausgeht, dass man selbst für einen Totschlag lebenslänglich bekommen kann, dann ist es zu überlegen dort Änderungen vorzunehmen. Aber am Tatbestand Mord und seiner Bestrafung würde ich absolut nichts ändern wollen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich denke, diese ganze Angelegenheit ist irgendwie auch sehr subjektiv. Und das sollte eine juristische Angelegenheit eigentlich nicht sein. Dennoch wird sehr emotional argumentiert. Interessant ist dabei auch Dein Beispiel, Punktedieb. Ein sehr ähnliches habe ich nämlich auch in der Argumentation eines Anwalts, der für die Neuordnung der Paragraphen um Mord und Totschlag plädiert, gelesen. Aber mit einem komplett umgekehrten Schluss.

Während Du im geplanten Mord etwas besonders Schlimmes siehst, und beim Totschlag, der spontan passiert, meinst, dass man überdenken sollte, ob der dadurch möglicherweise schon emotional belastete Täter etwas entlastet werden sollte, hat der Anwalt eine ganz andere Argumentationskette genannt. Bei ihm im Beispiel war es nämlich so, dass der spontane Totschläger der Mann war, der im Suff seine Frau totprügelt. Also ganz, ganz schlimm. Während die Mörderin für ihn eine Frau war, die von ihrem Mann immer misshandelt wurde und sich dann nur durch die heimliche Vergiftung ihres Mannes "befreien" kann. Dadurch sei der Mord natürlich viel harmloser, so die Argumentation. Wobei man, wenn man sich die Beispiele genau ansieht, doch eigentlich bemerken müsste, dass es hier gar nicht darum geht, ob Mord oder Totschlag schlimmer seien, sondern einfach nach der Sympathie dem Täter gegenüber entschieden wird.

Wobei ich übrigens nicht weiß, ob die Frau, die ihren Mann so schubst, dass er sich versehentlich das Genick bricht, überhaupt wegen Totschlags angeklagt werden würde. Ich bin auch nur ein Laie, aber würde das eher als fahrlässige Tötung einordnen. Oder ist das eine Körperverletzung mit Todesfolge?

Übrigens scheint es bei der gesamten Debatte vielen Leuten darum zu gehen, Mord weniger strikt bestrafen zu wollen. Das kann ich auch nicht so wirklich begreifen, denn meiner Meinung nach ist es schon sehr aussagekräftig, wenn ein Mensch wirklich plant, einen anderen zu töten. Da gibt es meines Erachtens an sich erst einmal nichts zu entschuldigen.

Wenn jemand seinen Peiniger ermordet, wäre das noch einmal eine ganz andere Angelegenheit. Und ich bin mir sicher, dass solche Fälle in der Praxis auch anders beurteilt werden, als wenn jemand jemanden aus anderen Gründen ermordet. Der Grund spielt meines Erachtens eine sehr große Rolle. Das aus dem Strafgesetzbuch komplett streichen zu wollen, wie ja einige Vorschläge zur Reform auch lauten, könnte daher ziemlich nach hinten losgehen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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