Geistiger Stand von Hundewelpe = welches Menschenalter?
Die Behauptung, dass ein Hundejahr sieben Menschenjahren entsprechen würde, kennt sicherlich fast jeder. Mittlerweile gibt es auch detailliertere Tabellen, wo einem bestimmten Hundealter ein bestimmtes Menschenalter zugeordnet wird. Bei etwa einem halben Jahr in Hundejahren fängt es an, und zieht sich dann bis zu zwanzig Hundejahren, die 100 Menschenjahren entsprechen sollen. Aber bei diesen Beschreibungen geht es immer eher um den körperlichen und hormonellen Zustand des Hundes, nicht um seinen geistigen.
Nun wird ja behauptet, ein erwachsener Hund habe den geistigen Stand eines etwa zweijährigen Menschenkindes. Dabei geht es um geistige Fähigkeiten, um die Wahrnehmung, um das logischen Kombinieren, und so weiter. Der reine physische Körperzustand wird dabei nicht mit einberechnet.
Mich würde interessieren, ob man einem Hundewelpen auch einen bestimmten geistigen Stand zuordnen kann, beziehungsweise ob es da auch Vergleiche zu einem bestimmten Menschenalter gibt. Wenn beispielsweise ein ausgewachsener Hund die geistigen Fähigkeiten eines zweijährigen Menschen haben sollte, kann man dann sagen, dass ein Hund, der ein halbes Jahr alt ist, beispielsweise die Fähigkeiten eines halbjährigen Menschenkindes hätte, oder vielleicht die eines einjährigen? Gibt es darüber irgendwelche Angaben? Erforscht wurde die Thematik doch sicherlich mal, sonst wäre man ja auch nicht auf die Angabe gekommen, dass ein erwachsener Hund einem zweijährigen Menschenkind von den geistigen Fähigkeiten her ähneln würde.
Die wissenschaftliche Erforschung der geistigen Fähigkeiten von Hunden ist noch nicht sehr alt; viele dieser Behauptungen werden von Züchtern, Trainern oder Hundehaltern aufgestellt, die aber immer nur ihr persönliches Empfinden wiederspiegeln können. Die wichtigsten Untersuchungen zu Hunden, Wölfen und ihrer Beziehung zu Menschen laufen im Moment noch, und zwar in Wien. Dort werden die Tiere wissenschaftlich untersucht und nicht nur Hunde einbezogen die beim Menschen leben sondern auch Hundegruppen die wie die Forschungswölfe weitgehend von menschlicher Erziehung verschont bleiben.
Generelle Aussagen über Hunde kann man auch gar nicht machen weil verschiedene Rassen durch züchterischen Einfluss des Menschen verschiedene geistige Reife erreichen. Man kann sagen dass nicht einmal die ernsten Herdenschutzhunde die geistige Reife eines erwachsenen Wolfes erreichen und dass viele "Schoßhündchen" im Vergleich zum Wolf sehr kindlich bleiben, oft auf dem Stand eines achtwöchigen Wolfswelpen. Um einen Welpen mit einem Menschenkind vergleichen zu können müsste man verschiedene Talente erforschen. Je nach Rasse sind Hunde in verschiedenem Ausmaß in der Lage, bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Zusätzlich verlassen sich Welpen, die die Erfahrung gemacht haben dass sie vom Menschen Hilfe bekommen, auf die Unterstützung ihres Menschen so dass man dann schlecht sagen kann ob der Hund die Aufgabe wirklich nicht lösen kann oder ob er sie nicht löst weil er den einfacheren Weg über den Menschen nimmt. Ein Wolf z. B. wendet sich nicht an den Menschen, das ist eine Fähigkeit die der Hund ihm durch die Domestikation voraus hat.
Ein Hund also, der sehr nasenbetont arbeitet kann eine Aufgabe eventuell schlechter lösen als ein augenbetonter Hund, einer der lieber mit den Pfoten arbeitet hat andere Strategien als einer der alles mit der Schnauze macht. Hat der Hund keine Lust die Aufgabe zu lösen oder hat er andere dringendere Bedürfnisse versagt er, ohne dass es eine Aussagekraft über seine generelle Befähigung, diese Aufgabe zu lösen, hat. Daher kann man vom Lösen von Aufgaben nicht direkt auf die Intelligenz oder die geistige Reife schließen. Selbst wenn die Wissenschaftler eines Tages mit genug verschiedenen Hunden gearbeitet haben werden die Ergebnisse nur einen Mittelwert liefern der nichts über die Entwicklungsstufe von einzelnen Hunden aussagt.
Karteileiche hat geschrieben:Die wissenschaftliche Erforschung der geistigen Fähigkeiten von Hunden ist noch nicht sehr alt; viele dieser Behauptungen werden von Züchtern, Trainern oder Hundehaltern aufgestellt, die aber immer nur ihr persönliches Empfinden wiederspiegeln können.
Die Behauptungen sind aber nicht nur Werbeargumente von Züchtern, sondern es haben sich auch Wissenschaftler damit befasst, beispielsweise die der University of British Columbia im kanadischen Vancouver. Wobei die Forschungen an dieser Uni auch wieder auf verschiedenen Studien anderer Universitäten fußen. Hier kann man mehr darüber lesen. Wobei in diesem Artikel leider nur davon die Rede ist, dass ein erwachsener Hund von seiner Intelligenz her ungefähr einem menschlichen Kleinkind ähneln würde. In diesem Artikel ist außerdem davon die Rede, dass die Intelligenz der eines Menschenkindes im Alter von zwei Jahren entspräche. Eine Differenzierung bezogen auf das genaue Alter des Hundes erfolgt aber leider in beiden Artikeln nicht, also wird mir meine Frage damit noch nicht beantwortet.
Übrigens ist mir durchaus bewusst, dass die Intelligenz nicht nur von Hund zu Hund individuell variiert, sondern dass es auch Unterschiede zwischen den einzelnen Hunderassen gibt. Zuchthistorisch ist das auch ziemlich logisch, da die einzelnen Rassen zu unterschiedlichen Zwecken gezüchtet worden sind und somit auch unterschiedlich ausgeprägte Talente haben.
Andererseits spricht das aber auch nicht gegen meine Frage, oder besser gesagt gegen mein Interesse an einer Tabelle, in der das menschliche Intelligenz-Alter mit dem Alter des Hundes gegenüber gestellt wird. Man könnte diese Tabellen ja auch rassespezifisch machen und müsste nicht nur eine einzelne Tabelle verallgemeinernd für alle Hunderassen erstellen. Und dass es über einen einzelnen Hund als Individuum nichts aussagen würde, sondern dass diese statistischen Angaben immer nur Durchschnittsangaben wären, ist ja sowieso klar.
Wawa666 hat geschrieben:Die Behauptungen sind aber nicht nur Werbeargumente von Züchtern, sondern es haben sich auch Wissenschaftler damit befasst, beispielsweise die der University of British Columbia im kanadischen Vancouver. Wobei die Forschungen an dieser Uni auch wieder auf verschiedenen Studien anderer Universitäten fußen.
Das entspricht ja dem was ich geschrieben habe - die Forschungsergebnisse sind nicht alt und man kann noch nicht wirklich von einer belastbaren Erkenntnis reden. Auch diese Aussagen spiegeln nur erst einmal eine persönliche Einstellung der Forscher wider. Coren ist schon länger dabei und hat einige Bücher über Hunde geschrieben in denen er aber auch meist nur Einzelfälle präsentiert die eben nur Anekdoten von Hundehaltern entsprechen. Coren hat Hundetrainer befragt und einen Intelligenztest erstellt den fast jeder Hund schafft der schon ein paar Tricks gelernt hat.
Die Frage, die sich mir stellt, ist die was solche Tabellen bringen würden. Hundehalter, die sich wirklich mit ihren Hunden beschäftigen statt auf den jeweils neuesten Wissenschaftszug aufzuspringen (noch vor wenigen Jahren wussten Forscher, wissenschaftlich untermauert, dass Tiere nur Reiz-Reaktionsmaschinen sind und sie kein Gefühlsleben haben) wissen seit Jahrhunderten dass Hunde mehr können als die meisten ahnen.
Jetzt tendiert man in die andere Richtung. Wissenschaftler wussten jahrzehntelang dass Wölfe in einer starren Rangordnung leben und täglich um die Rangposition kämpfen, eine Sichtweise die leider heute noch unter vielen Hundehaltern herrscht die nicht selbst auf ihre Hunde schauen. Andere Hundehalter wurden mit Horrorstorys über mordende Hunde belästigt wenn sie nicht auf Rangreduktion setzten. Und nun sind die Wissenschaftler auf einmal dahinter gekommen dass Wölfe in Familien leben und es kaum zu Kämpfen kommt. Die Methoden waren ähnlich wie heute, man hat Experten gefragt. Ich gebe da nichts drauf sondern schaue bei jedem Hund was er leisten kann. Das kann mir auch eine Tabelle nicht abnehmen die mir sagt wie mein Hund der Rasse X, Geschlecht Y, Alter B - D, mit 8 Wochen vom Züchter übernommen, Freilandaufzucht, 6 Geschwister, nun sein müsste.
Das Problem das ich sehe dass man Fähigkeiten von Hunden, die zufällig denen von Kleinkindern entsprechen, nicht zwangsläufig damit vergleichen kann. Und mehr kann man nicht tun. Man kann nicht sagen "weil ein Hund im Ausschlussverfahren lernen kann ist er so intelligent wie ein Kind des Alters X weil es das in dem Alter auch kann". Das ist einfach unwissenschaftlich. Dass Wissenschaftler solche Behauptungen aufstellen um Menschen auf ihre Forschungsgebiet aufmerksam zu machen heißt nicht dass diese Behauptungen richtig sind, es heißt nur dass sie sich von ihrer wissenschaftlichen Sichtweise entfernt haben die immer auch andere Erklärungsmöglichkeiten in Betracht ziehen muss. Und hier gibt es so viele andere Erklärungsmöglichkeiten dass eine abschließende Aussage erst möglich wäre wenn man Hunde direkt befragen könnte - und diese dann auch noch die Wahrheit sagen.
Was so eine Tabelle bringen würde? Ich fände sie einfach interessant. Ich wäre neugierig auf das Ergebnis. Daraus würde aber nicht folgen, dass ich einen Hund anders oder vermenschlichter behandeln würde. Für mich ist das Ganze wirklich nur eine Sache in der Art eines Gedankenspiels. Und ich frage mich, wieso sich damit so noch niemand wirklich befasst hat, denn es gibt auch weitaus kuriosere Dinge, mit denen sich Forscher bereits auseinandergesetzt haben.
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