Bedeutet Anonymität wirklich totale Anonymität in jeden Fall
Einmal ganz konkret angenommen als ein Beispiel, dass der Herr A ein so genannter trockener Alkoholiker ist und eine Selbsthilfegruppe beitreten will. Diese Gruppe nennt sich ganz einfach anonyme Alkoholiker. Dem Herrn A gefällt diese Anonymität, denn niemand außerhalb der Gruppe erfährt so von seinen Alkoholproblem.
Nach einiger Zeit erfahren allerdings seine Arbeitskollegen von der Sache mit der Selbsthilfegruppe. Die Gruppe garantiert doch eine gewisse Anonymität oder darf man sich auf solche Bezeichnungen nicht verlassen? Kann man bei Bekanntmachung solcher pikanten Details rechtlich etwas dagegen machen? Andere Personen können dann ja solche Informationen ja direkt verwenden.
Bei den echten Anonymen Alkoholikern muss man keinerlei Formulare ausfüllen. Man nennt einfach nur seinen Vornamen, damit die Leute auch wissen, wie sie dich ansprechen sollen. Aber das kann durchaus auch ein falscher Name sein. Man ist ja auch nicht verpflichtet zu den Treffen zu gehen. Mal geht man, mal geht man nicht. Die Anonymität steckt nicht umsonst im Namen und wird dort sehr groß geschrieben. Das soll den Heilungsprozess erleichtern.
Allerdings hat man ja einen Paten, dem man durchaus mehr aus seinem Leben erzählt und vielleicht auch den richtigen und vollständigen Namen nennt. Mit der Zeit wird er auch mal bei einem zuhause gewesen sein und kennt dann die Adresse. Natürlich ist das eine Person, der man vertraut, aber die Anonymität ist dann nicht mehr gewährleistet.
Das Modell ist aber in Amerika entstanden und dort wird es nach dem immer gleichen Schema in tausenden Städten und Gemeinden durchgeführt. Doch dass man den Namen in Deutschland übernommen hat, heißt nicht, dass man alles von dem Konzept übernommen hat. Der Glaube an Gott wird hierzulande auch keine so große Rolle spielen. Und ich weiß auch nicht, ob der Name geschützt ist oder sich jede Gruppe so nennen kann, einfach weil es Wiedererkennungscharakter hat. Es gibt auch andere Selbsthilfegruppen, die die Mitglieder vielleicht auch einfach als Anonyme Alkoholiker bezeichnen. So wie auch Taschentücher von anderen Marken "Tempos" genannt werden. Ist der Mann also wirklich in einer echten AA-Gruppe?
Wie dem auch sei, über jemanden zu erzählen, er sei in ein einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker kann man als rufschädigend einschätzen. Wie gesagt, es gibt keine Unterlagen über die Mitglieder. Ich glaube, es gibt nicht mal einen richtigen Leiter. Das ist alles freiwillig. Manche engagieren sich halt mehr und übernehmen es, den Raum aufzuschließen und vorzubereiten. Aber derjenige hat auch keine rechtliche Funktion. Also mit Datenschutz hätte das alles nichts zu tun. Man selber musste nichts unterschreiben, also kann man sich auch nicht auf einen Vertrag berufen.
Wenn den Arbeitskollegen davon erzählt wurde, dann hat einfach eine Privatperson über eine andere Privatperson (nämlich Herrn A.) etwas rumerzählt, was dieser schadet. Dass er diese Informationen von den Treffen hat, spielt wahrscheinlich gar keine Rolle. Also so würde ich das zumindest sehen.
Und damit wären wir auf dem Gebiet der üblen Nachrede. Vor Gericht würde man dies aber nur bestrafen, wenn die Behauptung sich als unwahr herausstellt. Hätte also die Petze den Arbeitskollegen erzählt, Herr A sei Alkoholiker, könnte er gewinnen, weil er ja nicht mehr trinkt. Hat die Petze allerdings erzählt, er sei trocken, würde aber die Treffen der Anonymen Alkoholiker besuchen, entspricht dies der Wahrheit und ist somit keine üble Nachrede. Rufschädigung als solche gibt es juristisch nicht. Also man darf die Wahrheit über andere erzählen, so schmutzig sie auch sein mag.
@Bienenkönigin: Bei einer Alkoholsucht kann und darf man von keiner Heilung sprechen, denn eine Alkoholsucht egal in welcher Phase ist nicht heilbar. Es spielt dabei auch erst einmal keine große Rolle ob die betreffende Person trocken ist oder nicht, denn ein Rückfall kann sich zu jeder Zeit ereignen. Ein Alkoholiker bleibt immer ein Alkoholiker bis ans Lebensende.
Eine völlig fremde Person kann ja eine andere Person aus der Gruppe genau kennen und somit ist auch das eigentliche Problem der Person auch bekannt. Ich denke daher im realen Sinn, dass man die Gruppe nie total anonym halten kann, weil man sich ja an einen fremden Ort regelmäßig trifft. Das Treffen ist ja so gesehen die eigentliche Gruppenarbeit.
karlchen66 hat geschrieben:@Bienenkönigin: Bei einer Alkoholsucht kann und darf man von keiner Heilung sprechen, denn eine Alkoholsucht egal in welcher Phase ist nicht heilbar. Es spielt dabei auch erst einmal keine große Rolle ob die betreffende Person trocken ist oder nicht, denn ein Rückfall kann sich zu jeder Zeit ereignen. Ein Alkoholiker bleibt immer ein Alkoholiker bis ans Lebensende.
Ich weiß. Ich hatte mit dem Wort auch so meine Probleme, aber ich wusste nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll. Eben den "Prozess des mit der Sucht leben Könnens", den man ja wünscht, wenn man zu Treffen der Anonymen Alkoholikern geht.
Bienenkönigin hat geschrieben:karlchen66 hat geschrieben:@Bienenkönigin: Bei einer Alkoholsucht kann und darf man von keiner Heilung sprechen, denn eine Alkoholsucht egal in welcher Phase ist nicht heilbar. Es spielt dabei auch erst einmal keine große Rolle ob die betreffende Person trocken ist oder nicht, denn ein Rückfall kann sich zu jeder Zeit ereignen. Ein Alkoholiker bleibt immer ein Alkoholiker bis ans Lebensende.
Ich weiß. Ich hatte mit dem Wort auch so meine Probleme, aber ich wusste nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll. Eben den "Prozess des mit der Sucht leben Könnens", den man ja wünscht, wenn man zu Treffen der Anonymen Alkoholikern geht.
Ja aber genau hier liegt ja das konkrete Problem und deshalb sollte die ganze Sache eigentlich wirklich anonym sein. Ansonsten hat man damit ja nichts gekonnt und die betreffende Person erleidet mit Sicherheit wieder einen Rückfall. Aber wie kann man das wirklich in der Praxis direkt garantieren?
Wirklich garantieren kann man die Anonymität nicht. Nur von der Gruppe aus, von den Organisationen wird nichts getan, um sie zu verletzen. Wie gesagt, muss man keine Formulare ausfüllen, die dann irgendwo gelagert werden. Das wäre eine Sicherheitslücke. Wenn Arbeitgeber anrufen und nachfragen, wird keine Auskunft gegeben.
Aber die übrigen Mitglieder, die dich dann auch kennenlernen oder dich sogar von früher bereits kennen, sind einfach nur Privatpersonen. Die gehen keinerlei Verpflichtung ein. Nicht etwa wie die Sprechstundenhilfe, die wie der Arzt an die Schweigepflicht gebunden ist. Die ist keine Privatperson.
Also der Name "Anonyme Alkoholiker" bezeichnet den Idealzustand und die Gruppe tut alles dafür, dass sie gewahrt wird. Alles, was ihr möglich ist. Aber darüber hinaus hat sie keine Handhabe. Viele Alkoholiker gehen daher zu Treffen, die weit von ihrem Heimatort entfernt liegen. Aber eine Garantie ist auch das nicht.
Also wenn jemand erfährt, dass die fiktive Person A. regelmäßig zu den Anonymen Alkoholikern geht, muss das ja nichts schlechtes heißen. Meine Schwiegermutter, die noch nie in ihrem Leben nur einen Tropfen Alkohol wissentlich getrunken hat, geht regelmäßig und seit Jahren zu treffen der Anonymen Alkoholikern. Mein Schwager, also ihr zweiter Sohn, hat viele Jahre sehr viel Alkohol getrunken und sie hat ihn jahrelang zu den Treffen als Angehörige begleitet.
Mein Schwager ist vor wenigen Jahren leider verstorben, aber meine Schwiegermutter besucht die Gruppen weiterhin, weil sie gerne anderen Angehörigen helfen möchte und auch Alkoholkranke unterstützen möchte. Außerdem gibt ihr die Gruppe halt und sie kann durch die Gruppe besser mit dem Tod ihres Kindes umgehen.
Ansonsten finden die Gruppen der Anonymen Alkoholikern ja in öffentlich zugänglichen Gebäuden statt. Meistens steht auch an der Tür, dass dort ein Treffen der Anonymen Alkoholikern statt findet. Die Chancen, dass man beim Betreten oder Verlassen des Gebäudes gesehen wird sind nun mal immer gegeben.
@XL: Ich stimme deiner Argumentation ja völlig zu, denn es läuft ja nun einmal in der Praxis so ab. Allerdings sollten solche Informationen auf jeden Fall nicht an den Arbeitgeber des Herrn A beispielsweise dringen. Diese Information könnte nämlich unter Umständen für den Herrn A gewisse Nachteile bedeuten. Diesen Fakt sollte man in der Tat allerdings auf jeden Fall zu verhindern wissen denke ich, denn ansonsten macht die Selbsthilfegruppe ja praktisch relativ wenig Sinn.
Um das zu verhindern, dürften die Daten, wann und wo ein Treffen der Anonymen Alkoholiker statt finden, aber überhaupt gar nicht mehr veröffentlicht werden. Aber wie sollen dann die Betroffenen und Interessierten von den Treffen erfahren?
Wenn man es ganz genau nimmt, ist es auch jederzeit möglich das der Arbeitgeber auch zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker geht. Wie will man das denn auch vermeiden? Die Treffen sind nun mal öffentlich zugänglich.
Eine weitere Option wäre die Treffen der Anonymen Alkoholiker eben nur noch auf Überweisung oder Empfehlung eines Arztes oder einer Klinik oder eines Sozialdienstes zu machen. Dann wären die Betroffenen aber nicht mehr wirklich anonym.
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