Urteil nach so viel Jahren zufriedenstellend oder nicht?

Der ehemalige Niederländer Sierke Bruins, der als NS-Verbrecher nun wieder einmal vor Gericht stand, ist zwar frei gekommen, aber nicht frei gesprochen. Sein Verbrechen wurde als Totschlag eingestuft, weil alle Zeugen verstorben waren und Mord nicht mehr nachzuweisen war. Totschlag aber ist bereits verjährt.

1949 wurde Bruins in den Niederlanden zum Tode verurteilt in Abwesenheit. Später wurde das Urteil umgewandelt. Dem Auslieferungsantrag der Niederländer kam Deutschland nicht nach. Nun ist dieser 92-jährige alte Mann zwar frei, aber nicht frei gesprochen. Wie seht ihr das Urteil nach so viel Jahren?

Nein, diese Urteile, die Jahrzehnte zu spät kommen, sind nicht wirklich zufriedenstellend. Oft sind die Täter schon so alt, dass sie die Strafe nicht antreten können. Und bis dahin hatten sie ein schönes Leben, haben Häuser gekauft und Familien gegründet. All das, was ihren Opfern verwehrt geblieben ist.

Die Urteile sind daher nur noch symbolisch. Aber als Symbole sind sie dennoch wichtig. Wenn sich die Justiz einfach ab, sagen wir mal 1980, zurückgelehnt hätte. Es hätte keinen Sinn mehr und man würde kein Geld dafür verschwenden. Das hätte eine fatale Signalwirkung gehabt. Ein Verbrechen muss gesühnt werden. Es darf nicht totgeschwiegen werden. Ich denke, das ist für eine Gesellschaft schon von Bedeutung. Zur Verarbeitung und damit die Justiz ernst genommen wird.

Ich weiß nicht, inwiefern man in früheren Jahren mehr hätte tun können. Also mehr Erfolge in der Verfolgung und Festsetzung der NS-Täter erzielen hätte können. Das wäre sicherlich wünschenswerter gewesen. Aber die Justiz von heute können ja nichts für die Versäumnisse von damals.

Es bleibt zu hoffen, dass diese Menschen durch das späte Urteil sich gedanklich noch damit auseinandersetzen. Immerhin denkt man als Mensch auch anders, so kurz vor dem Tod. Und diese letzten Jahre und Monate sind so schon nicht leicht. Dann nochmal mit seinen Sünden konfrontiert zu werden, ist sicher eine nicht geringe Strafe. Auch wenn sie nicht annähernd ausreicht.