Streifenkarten / Fahrkarte von Fremden abstempeln lassen?

vom 03.01.2014, 19:33 Uhr

Manche Fahrkarten in öffentlichen Verkehrsmitteln muss man bekanntlich vor dem Einsteigen oder im Fahrzeug selbst an einem Stempelautomat entwerten. Das ist jedoch nicht immer so einfach, weil die Dinger manchmal kaputt sind. Gelegentlich ist der Bus oder die Straßenbahn auch so voll, dass kein Durchkommen zu den Stempelautomaten ist. Dann ist natürlich guter Rat teuer.

Mir ist am Bahnhof vor ein paar Wochen eine alte Dame begegnet, die sichtlich verärgert war, weil der Fahrkartenentwerter mal wieder nicht funktioniert hat und das nächste Gerät einen Bahnsteig weiter zu finden war. Bei der uralten, nicht behindertengerechten Architektur des winzigen Vorortbahnhofs hätte das bedeutet, dass die Dame 25 Stufen zur Unterführung hinunter und wieder hinauf hätte steigen müssen. Das macht plus Rückweg hundert Stufen in zügigem Tempo, was natürlich ziemlich anstrengend ist. Also habe ich der Frau angeboten, ihre Karte schnell zu entwerten, da mir das Treppensteigen leichter fällt. Die Dame hat mir ohne zu zögern ihre Streifenkarte in die Hand gedrückt, ich habe sie entwertet und wieder zurück gegeben, und alle waren zufrieden.

Im Ausland habe ich zudem die Erfahrung gemacht, dass in voll gestopften Bussen oder Straßenbahnen die Fahrkarten auch mal von Fahrgast zu Fahrgast gereicht werden. Die Person, die dem Stempelautomaten am nächsten steht, stempelt, und dann wandert die Karte durch die Hände fremder Leute zum Ausgangspunkt zurück.

Würdet ihr euch zu vergleichbaren Aktionen hinreißen? Oder hättet ihr Angst, dass jemand mit eurer Streifenkarte abhaut oder sie einfach einsteckt? Die alte Dame aus meiner Anekdote hätte ja keine Chance gehabt, wenn ich mich als unehrlich erwiesen hätte und einfach gegangen wäre. Würdet ihr lieber ungestempelt fahren oder jemand Fremdem eure Streifen- oder Einzelfahrkarte in die Hand drücken? Macht der Preis der Karte einen Unterschied in eurer Entscheidung?

» Gerbera » Beiträge: 11322 » Talkpoints: 50,48 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich denke mal, dass man jemandem ansehen kann, ob er sich mit einer billigen Streifenkarte aus dem Staub macht. Wenn da nicht gerade ein kichernder 12jähriger oder ein Obdachloser vor mir stünde, würde ich meine Karte schon hergeben. (Wobei das mit dem Obdachlosen auch irgendwie fies ist.) Jedenfalls hätte ich im Allgemeinen keine großen Bedenken.

Es ist ja auch so, dass noch viele andere Personen die Situation mitbekommen. Vor allem bei der im Bus, wo die Karte dann durchgereicht wird. Niemand möchte da in der Masse stehen und des Diebstahls bezichtigt werden. Diebe wollen unerkannt entkommen. Wenn andere Menschen anwesend sind, die einen verurteilen könnten, setzt ein Sozialgefüge ein, dem sich kaum jemand entziehen kann. Im Endeffekt wollen wir uns immer der Masse anpassen und nicht auffallen.

Dafür gibt es natürlich Ausnahmen. Aber bei dem geringen Wert einer Streifenkarte, würde ich gar nicht auf die Idee kommen, dass die nette, junge Dame, die mir Hilfe anbietet, damit davonrennt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Da ich eher zu vorsichtig als zu vertrauensselig bin, hätte ich in einer solchen Situation, wie sie hier beschrieben wurde, nicht wirklich ein gutes Gefühl, ob ich meine Fahrkarte auch wieder zurück bekomme. Sicher kann man schon ein Stück weit abschätzen, wem man die Fahrkarte besser nicht in die Hand drücken sollte, aber man kann den Menschen eben nur vor den Kopf schauen. Natürlich sehen auch andere Menschen die Situation, aber ein Bahnsteig ist in der Regel ja nicht so kurz, dass man sich nicht an einer anderen Ecke hinstellen könnte, um dort auf den Zug zu warten. Aber andererseits hatte die Frau vielleicht auch keine große Wahl, wenn sie den Zug nicht verpassen wollte.

Ich würde es wohl davon abhängig machen, ob ich es selber in der Zeit schaffen könnte, die Karte abzustempeln. Wenn das ginge, würde ich es auf jeden Fall selber machen. Wenn die Zeit nicht reichen würde, dann hätte ich ja keine andere Wahl. Anders sieht die Situation in dem vollen Bus aus, in dem die Fahrkarte weitergereicht wird. Dort hätte ich weniger Bedenken, weil ich die Karte ja im Blick behalten könnte und der Dieb nicht mit meiner Karte weglaufen könnte.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Als ich noch zur Schule gegangen bin, musste ich auch täglich mit dem Bus und dem Zug zur Schule fahren. Immer am Anfang des Monats musste ich meine Monatskarte abstempeln lassen, jedoch ist dies nicht immer möglich gewesen. Die Automaten zum abstempeln des Fahrscheins waren sehr oft defekt, sodass man noch die Möglichkeit hatte in der S-Bahn sein Ticket abzustempeln. Dort befanden sich auch immer Automaten zum abstempeln, die jedoch nicht immer sofort erreichbar waren, wenn die Bahn voll war. So gab auch ich mein Monatsticket weiter, um es abstempeln zu lassen und bekam es über mehrere Hände wieder zurück gereicht.

Da die Kontrolleure in S-Bahnen sich sogar durch gequetscht haben, um Fahrgäste zu kontrollieren, hätte man gar keine andere Wahl gehabt, als seinen Fahrschein weiter zu reichen, denn immer morgens wurde eifrigst kontrolliert und die Kontrolleure haben massig Schwarzfahrer entlarvt.

Ich finde es klasse, das du der älteren Dame geholfen hast, indem du für sie die 100 Stufen gelaufen bist und ihr das Ticket abgestempelt hast. Dies machen leider nicht viele und sind so hilfsbereit wie Du es warst.

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» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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