Gefährlichkeit einer Sekte erst erkennen wenn es zu spät ist

vom 31.12.2013, 14:09 Uhr

Man hört ja viel von gefährlichen Sekten, die eine Gehirnwäsche mit einem machen, wenn man beigetreten ist, die Dinge verbieten und Dinge verlangen, die man ohne die Sekte nie tun würde. Ich frage mich, ob man wirklich erst erkennt, dass eine Sekte gefährlich ist, wenn es zu spät ist und dann die Schwierigkeit hat noch klar zu denken um es zu erkennen.

Wie kann man sich schon vor Eintritt in eine solche Gemeinschaft wirklich erkundigen, ob diese Gemeinschaft eine gefährliche Sekte ist oder eine Gemeinschaft, die ungefährlich ist? Gibt es Anlaufstellen, wo man sich erkundigen kann und wenn ja, warum machen das nicht die Leute, bevor sie in den Fängen der Sekte sind?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Die wenigsten Menschen sind ja auf der Suche nach einer Sekte. Sie haben Probleme, gehen auf die Suche und finden auf einmal die Lösung ihrer Probleme. Ob sie sich nicht geliebt fühlen, vom Partner verlassen wurden, wütend auf den Staat sind, die Arbeit verloren haben oder sich einfach in einer Welt mit vielen tausend Entscheidungsmöglichkeiten verloren fühlen, sie haben einen wunden Punkt für den die Sekten scheinbar ein Heilmittel haben. Da ist auf einmal eine Gemeinschaft die jeden nimmt wie er ist, die die Entscheidung leicht macht weil sie viele Entscheidungsmöglichkeiten einfach negiert und wo immer jemand da ist der ein offenes Ohr hat. Viele Menschen merken überhaupt nie dass sie in einer Sekte sind und fühlen sich wohl und geborgen. Nur jene die die Lehren anzweifeln werden bekämpft, jene die sie akzeptieren sind sicher.

Die psychologischen Mechanismen der Sekten sind so ausgefeilt dass viele Menschen gar nicht merken wie sie immer weiter in das Geflecht gezogen werden, dass ihre Kontakte außerhalb der Sekte immer weniger werden, dass sie immer mehr Zeit für die Sekte aufbringen. Es gibt einen psychologischen Effekt der hier ausgenutzt wird, nämlich der dass es Menschen immer schwerer fällt etwas aufzugeben je mehr Zeit oder Geld sie dafür aufgewendet haben. Dabei bleibt man immer knapp unter dem Druckpunkt des jeweiligen Menschen so dass er sich immer sagt: "Nun bin ich schon hier, dann kann ich auch weitergehen". Probleme ergeben sich daraus dass nicht jedes Sektenmitglied das mit neuen Mitgliedern umgeht so viel Feingefühl hat diesen Druckpunkt zu erkennen. Die Leute deren Druckpunkt überschritten wurde sind dann die die versuchen aus den Sekten auszutreten.

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» Karteileiche » Beiträge: 259 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich stimme Karteileiche in allen Punkten zu. Man gerät nur in die Fänge einer Sekte, wenn man gerade verletzlich ist. Wenn irgendetwas im Leben einen wirklich stört, an einem nagt, traurig oder sogar depressiv macht. Wenn man glücklich und zufrieden ist oder auch nur die ganz normalen Problemchen wie alle hat und das auch so sieht, haben die Sekten keinen Angriffspunkt. Dann braucht man gerade niemanden, der einen auffängt, der Antworten bietet, der einem die Dinge erleichtert.

Wenn man allerdings gerade so verletzlich ist, sich alleine fühlt, viele Fragen hat, dann weiß so eine Sekte genau, wie sie diese Bedürfnisse befriedigen kann. Ich denke, die sind sehr gut psychologisch geschult. Immer mit sanfter Stimme reden, viel Körperkontakt, immer sagen, dass es einem genauso ging. Früher, vor der Gemeinschaft.

Und wenn so sich so intensiv um deine Bedürfnisse gekümmert wird, wenn du endlich wieder durchatmen kannst und dich nach Ewigkeiten wieder geborgen fühlst, dann hinterfragst du das nicht. Weil es funktioniert. Das Hinterfragen kommt dann eventuell später, wenn wirklich Ruhe eingekehrt ist. Wenn immer mehr von dir verlangt wird, wenn du in ein paar Geheimnisse eingeweiht wirst, z.B. mit welchen Tricks du nun deinerseits neue Mitglieder werben kannst. Oder es passiert etwas, wo du instinktiv eine Entscheidung triffst, die deinen Prinzipien und Werten entspricht und die Gemeinschaft das aber ganz anders sieht.

Solche Erkenntnisse führen dann bei vielen dazu, dass sie merken, dass nicht alles gut ist. Und dann ist es aber oft zu spät. Ich kann das auch nicht so ganz nachvollziehen und neige dazu, solche Menschen als schwach anzusehen. Ich bilde mir ein, dass mir das nie passieren könnte. Aber ich war auch noch nie so tief gefallen, dass mich irgendjemand auffangen musste. Und ich habe auch Familie und Freunde, die mich auffangen würden. Ich denke, dass da so viele Faktoren zusammenkommen, dass man das gar nicht richtig nachvollziehen kann, was da mit einem passiert.

Ich kannte auch mal eine Frau, die in Polen streng katholisch erzogen wurde. Aber mit der Zeit hat sie gemerkt, dass der Katholizismus nichts für sie war. Dass es da zu viele Punkte gibt, mit denen sie nicht übereinstimmt. Dennoch war sie diese Gemeinschaft gewohnt und hat viele Jahre nach einer ähnlichen Gemeinschaft gesucht, die ihr wieder diesen Halt geben kann. In diesen Jahren wäre sie für eine Sekte sicherlich sehr empfänglich gewesen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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