Sollte man vor dem Informatikstudium programmieren können?

vom 31.12.2013, 13:44 Uhr

Der Sohn einer Freundin macht nächstes Jahr Abitur und möchte dann Informatik studieren. Meiner Meinung nach ist er für dieses Studienfach nicht gut geeignet. Ich glaube, dass er die Wahl nur wegen vermeintlich hoher Verdienstmöglichkeiten getroffen hat.

Ich bin der Meinung, dass sich jemand, der sich für Informatik interessiert, schon vorher ganz automatisch mit Programmierung beschäftigt hat. Das kann man ja sehr gut autodidaktisch lernen und es kostet nichts. Wenn man das - wie der Sohn meiner Freundin - nicht getan hat, kann das Interesse nicht allzu groß sein. Wie ist eure Meinung? Sollte man vor dem Informatikstudium programmieren können? Wird das erwartet? Oder kann man wirklich bei Null anfangen?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Mein Ex-Freund hat sich schon vor dem Abitur lange Zeit mit Programmierung beschäftigt und konnte auch diverse Programmiersprachen praktisch im Schlaf. Er hatte mehrere Projekte hobbymäßig abgeschlossen und weil ihm das so viel Spaß machte, entschloss er sich, ein Informatikstudium zu absolvieren. Er steht mittlerweile kurz vor dem Bachelor-Abschluss.

Ich kann nicht sagen, ob Menschen ohne Vorkenntnisse bei einem derartigen Studiengang nicht hinterherkommen und praktisch abgehängt werden. Vorkenntnisse schaden definitiv nicht. Das habe ich schon in meinem Studiengang gemerkt. Ich hatte glücklicherweise mein aktuelles Studienfach im Leistungskurs, sodass ich dem Dozenten schon von Anfang an mühelos folgen konnte, auch wenn er viele Fachbegriffe auf einmal benutzte und gleichzeitig voraussetzte, dass wir wissen, wovon er spricht. Die Vorkenntnisse aus dem Leistungskurs haben mir dabei sehr geholfen, auch wenn natürlich das ein oder andere vertieft oder aufgefrischt werden musste.

Ich glaube nicht, dass mangelnde Vorkenntnisse ein Ausschlusskriterium für eine bestimmte Studienfachwahl sind. Solange man den nötigen Ehrgeiz und auch das Interesse hat, schafft man das meiner Meinung nach auch so. Wenn der Ehrgeiz allerdings nur auf den Verdienstmöglichkeiten beruht, wird das meiner Ansicht nach schwierig, weil auch das Lernen nicht sehr leicht fallen wird. Mir fällt Lernen immer dann leicht und ich lerne da besonders schnell, wenn mich das Thema auch wirklich interessiert. Wenn ich das Thema langweilig und ich es ätzend finde, brauche ich locker doppelt oder drei mal so lange, bis ich den klausurrelevanten Stoff dementsprechend abgespeichert habe.

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Informatik hat mit Programmieren erst einmal nicht so viel zu tun, wie man vielleicht annehmen würde. Klar, es gibt den ein oder anderen Programmierkurs, aber im Kern geht es um viel abstraktere Themen. Man muss also nicht unbedingt vorher programmieren können oder sich überhaupt für Computer interessieren. Es gibt genug Studienanfänger, die genau diesem Irrtum unterliegen und glauben, dass ihr Interesse für Computer (die dann nicht selten nur durch die Computerspiele begründet sind) sie für ein Informatikstudium qualifiziert.

Allerdings ist es schon so, dass man nach dem Informatikstudium mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in irgend einer Form Software entwickeln muss, und das heißt dann natürlich auch, dass man programmieren können muss. Also schadet es nicht, wenn man spätestens im Studium ein gewisses Interesse dafür entwickelt. Aber selbst wenn nicht gibt es durchaus auch Jobs für Informatiker, bei denen man nicht programmieren muss.

Viel wichtiger für das Fach Informatik ist, dass man gut in Mathematik ist (und auch eine sehr große Begeisterung für dieses Fach hat), denn das ist letztendlich die Grundlage für die Informatik. An der Universität ist die Informatik oft nur eine Art spezialisiertes Mathematikstudium. An einer Fachhochschule geht es dann schon etwas praktischer zu, aber auch dort geht es weniger um Programmierung.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 31.12.2013, 14:50, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich hatte eine Freundin, die sich für das Studium der Wirtschaftsinformatik entschieden hatte. Ganz bewusst deshalb, weil es in dieser Branche sehr hohe Anfangsgehälter gibt. Sicher fand sie es auch nicht total uninteressant, aber Leidenschaft war nicht im Spiel. Sie hatte aber viele Kommilitonen, bei denen Leidenschaft definitiv eine Rolle spielte, die seit Jahren ihre gesamte Freizeit vor dem Rechner verbrachten und sich wirklich gut auskannten.

Ich glaube nicht, dass man das jemals aufholen kann. Wenn man nicht von alleine schon auf die Idee gekommen ist, seine Freizeit wenigstens zum Teil so zu verbringen, dann kann man das nicht durch gezwungenes Lernen aufholen. Sicher geht es jedem Studenten mal so, dass ihn nicht alles in seinem gewählten Studienfach gefällt und er mal Stoff lernen muss, der ihm nicht liegt oder der ihn nicht interessiert. Aber bei Informatik oder auch Wirtschaftsinformatik ist das eben ein großer Bestandteil, auf dem dann auch wieder viel aufbaut.

Meine Freundin hat übrigens nach wenigen Semestern aufgegeben. Es war einfach zu viel. Die Professoren orientieren sich doch auch nicht an den Studenten, denen sie noch am meisten beibringen müssen, sondern an denen, wo so viel Wissen schon da ist, dass sie wirklich Potential in ihnen sehen. Die späteren Gehälter sind nicht unwichtig, aber sie sind nicht das Einzige, das wichtig ist. Man muss schon eine Schnittstelle mit seinen Interessen finden, sonst schafft man das Studium entweder nicht oder es versaut einem das ganze Leben. Das Studium muss auch Spaß machen, es muss einem etwas zurückgeben. Sonst laugt es einen nur aus. Körperlich und seelisch.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^