Wann geht Rücksicht auf die Nachbarn zu weit?
Ich wohne nun seit ungefähr einem Jahr in einer Mietwohnung. Vorher habe ich bei meinen Eltern gelebt, die ein Eigenheim in einem Dorf besitzen. Daher war ich direkte Nachbarschaft so eigentlich nicht gewohnt. Höchstens bekommt man mal an Silvester oder Familienfeiern etwas von ihnen mit, beispielsweise die Musik, wenn man selbst das Fenster öffnet. Oder geparkte Autos in der Straße, was aber meiner Meinung nach nicht wirklich tragische Vorkommnisse sind.
Jetzt allerdings habe ich mehrere direkte Nachbarn. Ich lebe auf engem Raum, ein normales Zimmer und eine kleine Küche nebenan. Ich bin sozusagen die Mitte vom Sandwich, denn außer Richtung Straße grenzt meine Wohnung an jeder Seite an eine andere an. Das bringt natürlich neue Erfahrungen mit sich, und manchmal merke ich, wie ich mich unbewusst davon beeinflussen lasse. Beispielsweise höre ich von oben kaum etwas, weiß nicht mal, ob inzwischen neue Leute dort eingezogen sind (dort wurde bisher renoviert und manchmal höre ich immer noch Bohrer).
Von den anderen Mietern bekomme ich allerdings schon etwas mit. Von unten höre ich oftmals den Gesang eines Nachbarn, der auf rumänisch seine Volkslieder schmettert. Soweit finde ich das eigentlich noch ganz lustig, denn er tut das nur selten und auch nicht besonders lange. Viel störender finde ich laute Unterhaltungen mitten in der Nacht, wenn Geräusche scheinbar ohne gedämpft zu werden zu mir durchdringen. Und auch vom anderen Nachbarn höre ich typische Küchengeräusche (wenn er zum Beispiel Besteck einsortiert) und wenn er telefoniert.
Dann werde ich nachdenklich, denn das bedeutet ja auch, dass alle von mir auch etwas mitbekommen. Besonders im Flur habe ich das Gefühl, dass Geräusche sogar lauter hörbar sind als in der Wohnung selbst. Da bekomme ich zunehmend Hemmungen, denn ich möchte nicht, dass alle Welt mitbekommt, was ich gerade mache oder spreche. Das schränkt mich teilweise sehr ein, ich traue mich kaum noch, laut zu reden, aus Angst, mich würde jemand hören. Auch beim Lernen (und ich lerne am besten, wenn ich alles laut wiederhole) fange ich gegen Abend an zu flüstern, aber eben weniger, um die Nachbarn nicht zu stören, sondern einfach, weil es mir unangenehm wäre, wenn Leute an der Wohnung vorbei gingen und den Stuss hörten, den ich von mir gebe.
Geht es nur mir so damit? Ich fühle mich ja manchmal schon paranoid. Gerne würde ich mal einfach ohne gleich an die anderen zu denken irgendetwas tun, mal einen guten Film in normaler Lautstärke genießen oder auch mal selten ein Liedchen trällern. Doch das traue ich mich nicht. Was denkt ihr? Gehört das noch zu normaler Rücksichtnahme oder lasst ihr euch von so etwas nicht einschränken?
Ich musste mich auch erst daran gewöhnen. Ich bin ebenfalls von einem Eigenheim auf dem Dorf, mit ganz viel Wald außenrum, in eine Stadtwohnung gezogen. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied. Und einige Wohnungen sind ja auch noch mal hellhöriger als andere. Der Unterschied von Wohnzimmer und Flur liegt übrigens an den Möbeln. Ich nehme mal an, dass du im Wohnzimmer mehr Möbel drinstehen hast, die den Schall deiner Geräusche abfangen als im Flur.
Neben der Tatsache, dass du dich einfach noch daran gewöhnen musst und da auch relaxter werden solltest, könntest du das Problem auch praktisch angehen. Frag die Nachbarn, wie sehr sie dich hören. Lass Musik in deinem Zimmer laufen und frag sie, ob das zu laut ist. Wenn sie es verneinen, kannst du sie noch etwas lauter machen. So könnt ihr eine Lautstärke finden, die für beide angenehm ist. Du weißt ja gar nicht, wie laut deine Nachbarn ihre Volkslieder schmettern oder telefonieren. Vielleicht machen die das ungewöhnlich laut und da du in normaler Lautstärke redest, hören sie dich gar nicht.
Wirklich extrem kannst du reagieren, in dem du deine Wohnung schalldämpfst. Eierkartons sollen da sehr gut sein. Oder Wandteppiche. Aber das wäre wirklich etwas extrem. Lass dir das einfach nicht so zu Herzen gehen. Ich glaube, wenn jemand seinen Lernstoff laut liest, ist das für Außenstehende ziemlich schnell klar, was da vor sich geht. Es klingt ganz anders, wenn jemand mit imaginären Personen spricht. Niemand wird denken, dass du verrückt bist. Und in der Stadt müssen sich alle anpassen und damit zurechtkommen, dass sie mit anderen Menschen auf engstem Raum leben, nicht nur Du. Das gehört eben dazu.
Möglicherweise liegt das nur daran, weil du das nicht gewöhnt bist? Als ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe, ging mein Zimmer zur Hauptstraße des Dorfes hinaus. Da ist Nachts nur sehr selten ein Auto vorbeigebrettert und ich hatte keine Probleme damit, durchzuschlafen. Als ich jedoch aus Studienzwecken in eine Großstadt mit über 360.000 Einwohnern zog und mein Zimmer im Studentenwohnheim zufälligerweise zur Stadtautobahn rausging, habe ich auch anfangs die totale Krise gekriegt und lag nachts stundenlang wach wegen diesem ungewohnten und unerträglichen Lärm. Nach einigen Wochen hatte ich allerdings keinerlei Probleme mehr damit und habe mehr oder weniger geschlafen wie ein Stein.
Ich würde dir raten, geduldig zu sein. Eingewöhnung passiert nicht über Nacht, das kann sich schonmal mehrere Wochen hinziehen. Irgendwann ist dir die Umgebung dermaßen vertraut, dass du gar nicht alles registrieren wirst, was um dich herum passiert.
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