Ist der Mensch kompatibel mit Demokratie?

vom 29.02.2008, 14:03 Uhr

Hört sich interessant und merkwürdig an, der Titel, oder? Ich möchte an dieser Stelle fragen, ob die Demokratie, wie wir sie heute kennen, wirklich die sinnvollste Staatsordnung ist.

Regen wir uns nicht ständig darüber auf, dass die Politiker, die wir gewählt haben, ihr Wort brechen und tun was sie wollen? Würde unsereins bei wichtigen Entscheidungen, wie Dosenpfand, Nichtraucherschutz aber auch Militäraktionen u.a. nicht aktiv mitentscheiden wollen anstatt zu hoffen, dass der Abgeordnete den wir gewählt haben, die richtige Entscheidung trifft? Jemand hat mal geschrieben, die Demokratie sei die Staatsform der Unzufriedenheit. Weil die Hälfte der Bevölkerung von Menschen vertreten wird, die sie nicht gewählt hat.

Anlass zu diesem Thread geben mir aber überwiegend andere Begebenheiten.
- Die Unregelmäßigkeiten in den US-Wahlen 2000 und 2004 und die Erkenntnis, dass es theoretisch unmöglich ist, Wahlbetrug zu verhindern - wenn die Machthabenden die Wahl kontrollieren
- Die anstehende "demokratische Wahl" in Russland, wo der eigentlich entscheidende demokratische Faktor, die Meinung des Volkes, völlig unwichtig ist
- Pervez Musharaf, der seine Macht mißbraucht, um demokratische Schritte zu unterdrücken bzw. zu verhindern, und der möglicherwiese die Hoffnungsträgerin Pakistans, Benazir Bhutto, hat aus dem Weg räumen lassen
- Silvio Berlusconi und Gerhard Schröder, die nach ihrer Abwahl nur unwillig von ihrem Ross geklettert sind.

All diese Beispiele machen deutlich, dass es für einen Menschen, der eine Macht dieser Größenordnung innehat, sehr schwer ist, sie wieder abzugeben. Wozu auch? Schließlich kann man diese Macht benutzen, um sich die Selbige zu erhalten - mit Gesetzesänderungen, Manipulationen und mit Gewalt.

Also muss ich die Frage stellen: Ist der Mensch wirklich für die Demokratie geschaffen? Oder ist er langfristig nicht in der Lage, diesem Ideal zu folgen?

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» Andiroidika » Beiträge: 88 » Talkpoints: 0,00 »



Andiroidika hat geschrieben:Regen wir uns nicht ständig darüber auf, dass die Politiker, die wir gewählt haben, ihr Wort brechen und tun was sie wollen?

Darüber könnte man sich aufregen, nur hat de facto kaum ein Politiker jemals sein Wort gebrochen - denn diese reden ganz bewusst Konjunktiv, sprich: was sein könnte wenn man sie wählt, nicht was sein wird. Klar versteht der normales Wähler den Unterschied nicht und das ist oft Absicht, aber ganz objektiv betrachtet bricht niemand oder fast niemand sein Wort. Selbst bei Formulierungen wie "Ich verspreche/versichere ihnen,..." wird meist ein relativierendes ".., wenn..." nachgeschoben. Rhetorik GK 1, das lernt man in den entsprechenden Studiengängen schon am Anfang. Und im Grunde ist es egal, denn wie schon Dr. Joseph Goebbels sagte: "Das Volk ist dumm und vergisst leicht.", zwei Legislaturperioden später erinnert sich niemand mehr an (vermeintlichen) Wortbruch.
Anidroidika hat geschrieben:Jemand hat mal geschrieben, die Demokratie sei die Staatsform der Unzufriedenheit. Weil die Hälfte der Bevölkerung von Menschen vertreten wird, die sie nicht gewählt hat.

Dazu fällt mir nur Winston Churchill ein, der sagte: "Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.". Es könnte also weitaus schlimmer kommen - und alle undemokratischen Staatsformen sind de facto schlimmer.
Anidroidika hat geschrieben:Würde unsereins bei wichtigen Entscheidungen, wie Dosenpfand, Nichtraucherschutz aber auch Militäraktionen u.a. nicht aktiv mitentscheiden wollen anstatt zu hoffen, dass der Abgeordnete den wir gewählt haben, die richtige Entscheidung trifft?

Natürlich nur wie im Thread zur Wahlpflicht bzw. zu Volksentscheiden schon gesagt wurde, dass Volk ist halt kein Volk von BIldung und kann meist keine langfristigen Entscheidungen treffen. Wir können froh sein, wenn sich große Teile unseres Volkes nicht ins selbstgewählte Unglück stürzen aus Naivität. Wirklich mitreden bei politischen Fragen aufgrund ausreichenden Wissens könnten maximal 5 - 8 % womit es keine Demokratie mehr wäre. Wie jemand schon sagte, um ein Zitatebattle zu starten (mir fällt aber der Urheber nicht ein) ist die Demokratie die Herrschaft der Dümmeren über die Intelligenteren.
Andiroidika hat geschrieben:- Die Unregelmäßigkeiten in den US-Wahlen 2000 und 2004 und die Erkenntnis, dass es theoretisch unmöglich ist, Wahlbetrug zu verhindern - wenn die Machthabenden die Wahl kontrollieren

Die Demokratie in den USA zerfällt auch zunehmend - die Hinwendung zu einem nationalistischen, faschistoiden Staat ist teilweise erkennbar, Menschenrechte gibt`s in den USA meist sowieso nur noch auf dem Papier bzw. nicht allgemeingültig. Eine Musterdemokratie war die USA noch nie - wie soll mittels eines de facto Zwei-Parteiensystems auch die Bevölkerung richtig vertreten werden wenn diese nur die Wahl zwischen pest und Cholera hat?
Andiroidika hat geschrieben:- Die anstehende "demokratische Wahl" in Russland, wo der eigentlich entscheidende demokratische Faktor, die Meinung des Volkes, völlig unwichtig ist

Naja, Russland war ja nur sehr sehr kurz eine Demokratie, de facto ist das seit Jelzin schon zu einer Hülle und einer Diktatur geworden.
Andiroidika hat geschrieben:- Pervez Musharaf, der seine Macht mißbraucht, um demokratische Schritte zu unterdrücken bzw. zu verhindern, und der möglicherwiese die Hoffnungsträgerin Pakistans, Benazir Bhutto, hat aus dem Weg räumen lassen

Ob`s Musharraf war, weiß man nicht, auch wenn es wahrscheinlich ist - in Pakistan kann es auch absehbar keine Demokratie geben, dazu fehlt es an grundlegenden Voraussetzungen.
Andiroidika hat geschrieben:- Silvio Berlusconi und Gerhard Schröder, die nach ihrer Abwahl nur unwillig von ihrem Ross geklettert sind.

Nun gut, aber das ist ja nichts was gegen die Demokratie spricht sondern gegen beide Personen - und letztendlich hat die Demokratie gesiegt, denn weg sind sie beide.
Andiroidika hat geschrieben:All diese Beispiele machen deutlich, dass es für einen Menschen, der eine Macht dieser Größenordnung innehat, sehr schwer ist, sie wieder abzugeben. Wozu auch? Schließlich kann man diese Macht benutzen, um sich die Selbige zu erhalten - mit Gesetzesänderungen, Manipulationen und mit Gewalt.

Im Grund können nur wenige Menschen mit Macht umgehen und Macht verführt immer - so gesehen ist die Demokratie noch die beste Staatsform, da der Machtmissbrauch in einer funktionieren Demokratie begrenzt werden kann. Selbst die USA hätten noch genug Kraft sich selbst zu reinigen - und in der Vergangenheit hat sie das auch geschafft. Bemerkenswert an den USA ist nur dass sich dort alles fast wiederholt. Aber hierzulande fallen auch viele auf den gleichen Mist immer wieder rein. Liegt an der "Dummheit" bzw. Naivität des Volkes dass es sich leicht manipulieren lässt sowie an dessen Egoismus und mangelndem Interesse.
Andiroidika hat geschrieben:Also muss ich die Frage stellen: Ist der Mensch wirklich für die Demokratie geschaffen? Oder ist er langfristig nicht in der Lage, diesem Ideal zu folgen?

Von sich aus nein, denn im Grunde wäre jeder Mensch wenn er es entscheiden könnte am liebsten ein "Diktator" - nur letztendlich ist die Demokratie der bislang beste Gesellschaftsvertrag um alle weitestgehend miteinander auskommen zu lassen ohne unnötige Zwänge. Nun gut, ich gehe vom deutschen Modell bzw. westeuropäischen Modell es, es gibt ja auch Negativbeispiele, nur dass sind für mich keine freien, rechtsstaatlichen Demokratien die die Menschenwürde achten.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Hallöchen,

Zugegebener Maßen habe ich eine kleine Abneigung gegen Politik oder eben einfach allgemein kein großes Interesse dran. Studienbedingt verfolgt es mich aber trotzdem ...

Die Demokratie als solche zu kritisieren ist leicht, eine bessere Staatsform hingegen vorzuschlagen ist schwer. Wenn man also sich herausnimmt, an der bestehenden Staatsform herumzukritisieren,sollte man vielleicht erst mal darüber nachdenken, was denn eine bessere Alternative dazu wäre. Fällt dir da eine ein? Mir persönlich nicht.

Was hätten wir denn da? Absolutismus ? Ne, ist ungerecht. Und der kleine Mann hat gleich gar nichts zu melden. Die Folge wären hübsche Aufständen. Was für ein Rückschritt - ab ins 17. Jahrhundert. Und einem König unterordnen. Naja.
Aristokratie wäre auch nicht das optimale, zum mal wie hier schlecht noch von Adel und Nichadel unterscheiden. Von einer Dikatatur wollen wir nicht reden. Sowas möcht ich persönlcih als Politer auch nicht vorschlagen wollen - nicht,wenn man das Amt behalten will ;)
Eine Monarchie - auch ungünstig.

Hätten wir mal noch die Anarchie. Aber mal ehrlich, was würde das am Ende werden, wenn jeder das machen würde, was er wollte. Bitte nicht.

Es gibt einfach nichts besseres. Das Problem ist schlicht und ergreifend deiner Meinung nach die Umsetzung durch unsere Poliker?!

Politiker sind auch nur Menschen und jedem vernünftig denkenden Mensch sollte klar sein, dass man nicht von jetzt auf gleich etwas ändern kann. Politiker machen Verpsprechen und werden dann gewählt. Und der kleine Mann möchte sofort, dass er das was versprochen wurde umgesetzt wird. Na hallo, wie soll das denn funktionieren. Gesetze müssen durchgesetzt werden und ein Politiker allein hat da auch weniger zu sagen, mal abgesehen davon werden auch Gesetze nicht von gleich auf jetzt geändern und müssen geprüft werden, ebenso wenn es sich um eine Gesetzesänderung handelt.


Würde unsereins bei wichtigen Entscheidungen, wie Dosenpfand, Nichtraucherschutz aber auch Militäraktionen u.a. nicht aktiv mitentscheiden wollen anstatt zu hoffen, dass der Abgeordnete den wir gewählt haben, die richtige Entscheidung trifft?

Anscheinend hast du das System nicht verstanden. Wir als Volk wählen einen Politiker unseres Vertrauens,welcher uns vertritt. Ist doch ganz einfach. Dieser entscheiden für uns quasi und reintheoretisch, ob das NichtRaucherSchutzGesetz durchgesetzt wird, oder nicht.
Es dauert einfach zu lange und ist viel zu umständlich, ALLE und damit das gesamte Volk zu efragen was sie davon halten - wer soll bitte die Stimmen zählen und fühlen sich die Leute, die grad nicht abstimemn können dann nicht benachteiligt?

Man wird es nie allen recht machen können. Aber das ist eien Tatsache udn in allen Dingen so und nicht bloß eine Schwäche unseres Rechtssystems.

Liebe Grüße
winny

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



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