Je älter man ist, desto schwerer von zu Hause auszuziehen?
Ich habe noch Kontakt zu einem ehemaligen Arbeitskollegen, der mittlerweile schon 50 Jahre alt ist und immer noch zu Hause wohnt. Ich kenne ihn schon sehr lange, sodass ich seine Bemühungen, von seinen Eltern weg zu kommen, mitverfolgen konnte. Es tat mir fast körperlich weh, immer wieder mit anzusehen, wie seine Bemühungen scheiterten. Seine Mutter ließ ihn einfach nicht ziehen.
Es gab immer wieder Gründe, warum er blieb. Am Anfang, als er noch nicht so viel verdiente, waren es die Kosten, die ihn schreckten. Später, als er es sich eigentlich leisten konnte, bekam er zusätzlich das Zimmer seines Bruders, der den Sprung in ein selbstständiges Leben geschafft hatte. Rational fand er dann keine Begründung mehr, auszuziehen, und die hat er gemeint zu brauchen. Später war seine Mutter einmal mehrere Monate krank. Der Vater war zwar auch noch da, aber mein Kollege hat sich als Sohn verpflichtet gefühlt, seiner armen Mutter (in meinen Augen eine Tyrannin) beizustehen. Und als er schließlich 40 Jahre alt war (und immer noch keine Freundin hatte, außer einem an seiner Mutter gescheiterten Versuch mit mir), ist sein Vater gestorben und jetzt ist der Zug natürlich abgefahren, bis sie auch auf dem Friedhof liegt.
Es gibt eine richtige Zeit, von zu Hause auszuziehen. Je älter man wird, desto schwerer wird es. Ich bin der Meinung, dass man mit 18 Jahren von zu Hause weg sollte, selbst wenn es finanziell schwieriger wird. Meint ihr auch, dass es schwerer wird, von zu Hause auszuziehen, je älter man wird? Oder ist es später sogar leichter, weil man ja mehr Geld hat, und mein Bekannter nur ein außergewöhnlicher Sonderfall ist?
Ich denke, es hängt auch von den Charakterzügen und der Beziehungsdynamik innerhalb der Familie ab, ob das Ausziehen leicht oder schwer fällt und wann es stattfindet. Manche Zeitgenossen haben ein miserables Verhältnis zu ihrer Ursprungsfamilie und suchen das Weite, sobald sie volljährig sind. Andere sind einfach nur selbständig und abenteuerlustig, sodass sie früh ausziehen, aber immer wieder gerne bei ihren Eltern vorbeischauen. Daher glaube ich nicht, dass man pauschal sagen kann, ab 18 ist Flüggewerden angesagt, oder wer mit 25 noch daheim wohnt, hat sowieso keine Chance auf ein selbständiges Leben. Und leider gibt es dominante und herrische Eltern, die der Meinung sind, ihre Kinder hätten kein Recht auf ihr eigenes Leben und mit Erpressungen und Drohungen dafür sorgen, dass Sohnemann oder Töchterchen klein gehalten werden und nie das Selbstbewusstsein entwickeln, das man als Erwachsener braucht.
Man muss auch unterscheiden zwischen der inneren Einstellung und äußeren Umständen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch bei eher phlegmatischen Leuten, die sich gerne bis weit über 20 daheim versorgen lassen, irgendwann der Freiheitsdrang ausbricht, sodass sie sie sich allmählich mit dem Gedanken anfreunden, alleine klar zu kommen. In diesen Fällen wird der Auszug eher leichter, je mehr Zeit vergeht und je genervter man vom heimatlichen Getüddel wird.
Kritisch wird es wiederum, wenn die Eltern auch nicht mehr die Jüngsten sind oder sich bei Familienmitgliedern gesundheitliche Probleme einstellen. Gerade wenn Leute spät Kinder haben, wird das Zeitfenster, in denen die Sprösslinge auf eigenen Füßen stehen und die ältere Generation ebenfalls noch fit und selbständig ist, sehr schnell sehr klein. So kann es durchaus passieren, dass man quasi den "Absprung" verpasst und daheim wohnen bleiben muss, damit die Eltern Unterstützung haben.
Ich finde, dass es zu einer guten Erziehung dazu gehört, dass man dafür sorgt, dass den Kindern Flügel wachsen und sie selbstständig werden und ausziehen. Da meine Mutter und ich charakterlich beide etwas anstrengender sind, waren wir froh, als ich auszog und im Nachhinein betrachtet war es das beste überhaupt. Ich liebe es, meine eigene Wohnung zu haben und das kann die Beziehung zu den Eltern auch echt stärken. Ich hatte beim Auszug und den Umzügen auch immer die vollste Unterstützung.
Ja und ich denke, dass es schwieriger ist, wenn man älter ist, aber ich denke eben auch, dass es ein Fehler der Eltern ist zum Großteil. Die Leute die ich kenne, die im höheren Alter noch bei den Eltern wohnen, die haben wirklich eine merkwürdige Beziehung zu ihren Eltern. Die wollen wirklich meistens nicht, dass die Kinder ausziehen. Warum kann ich aber nicht verstehen. Und mitunter sind es nicht nur arme Studenten, die dann in finanzielle Schwierigkeiten kommen würden,sondern auch Menschen, die gut verdienen und sich schon eine eigene kleine Wohnung leisten könnten. Die werden dann damit geködert, dass sie ja zu Hause freie Kost bekommen und keine Miete zahlen müssen. Das sie sich dafür aber auch erheblich einschränken müssen, ist denen oftmals gar nicht klar.
Ich kann kommen und gehen wann ich will und so laut ich will. Ich kann sauber machen wann ich will oder auch nicht. Mich gängelt keiner. Wenn ich irgendwo ein Bild anbringen will, dann mache ich das. Wenn ich laut Musik machen will, dann mach ich das. Wenn ich Freunde einladen will, dann mach ich das. Wenn ich mir nachts um 3 Nudeln kochen will, dann mach ich das. Wie kann man darauf verzichten wollen?
Wenn einer meiner Eltern Hilfe brauchen würde aus gesundheitlichen Gründen, dann würde ich sie entweder zu mir nehmen oder zeitweise zu ihnen ziehen, aber niemals wieder fest dahin ziehen. Abstand tut gut.
ich bin mit 21 Jahren von zu Hause ausgezogen, das aber auch nur, weil es sich angeboten hat. Klar war der Gedanke verlockend, aber ein echtes Bedürfnis war es mit damals noch nicht. Ich war gerade in der Ausbildung und zog zu meinem damaligen Freund, mittlerweile Ehemann. Um das Finanzielle oder die Eigenständigkeit ging es damals überhaupt nicht, wir wohnten zwei Jahre lang bei seinen Eltern. Es ging lediglich um das Sich-nicht-trennen-Wollen.
Ich denke, wer wirklich ausziehen und selbstständig sein möchte, der zieht das auch durch. Die Sache mit dem zweiten Zimmer und der Erkrankung waren sicher willkommene Gründe, weshalb der Kollege nicht ausziehen konnte, das Wagnis "mein eigenes Leben" nicht eingehen zu müssen. Er weiß aber sicher, dass er sehr wohl hätte ausziehen können. Wenn er so glücklich ist und sicher ist, das Richtige getan zu haben, dann sei es ihm gegönnt.
Bei uns im Ort ist ein Geschwisterpaar, das auch noch bei den Eltern lebt. Die beiden sind irgendwo zwischen 40 und 50, und ich glaube kaum, dass sie im Leben noch ausziehen werden. Die genauen Umstände, weshalb die beiden sich nie was Eigenes gesucht haben, kenne ich allerdings nicht. Fakt ist aber, dass in unserem Dorf früher darüber getratscht wurde.
Es gibt sicher Menschen, denen ist die Unabhängigkeit gar nicht so wichtig, die mögen es ganz gern, dass sie keine wirkliche Verantwortung tragen müssen, und Muttern die Wäsche macht etc.. Die meisten Menschen allerdings dürften früher oder später doch den Drang verspüren, unabhängig zu sein, ihr eigenes Ding zu machen und eine Familie zu gründen.
Ich halte es durchaus für plausibel, dass der Sprung in die Selbstständigkeit mit zunehmendem Alter weniger attraktiv wird oder gar nicht mehr zur Debatte steht. Das ganze Leben verlief bisher nach demselben Schema, und was immer geklappt hat, braucht man ja nicht zu ändern. Wenn man zufrieden ist, kann man es im Grunde nur schlechter treffen, wenn man etwas ändert. Das sind dann die Menschen, die zeitlebens nicht zu Hause herauskommen, nie Freund oder Freundin haben und dann irgendwann alt und einsam sind.
Wobei man aber eigentlich auch im Hinterkopf behalten sollte, dass der Mehr - Generationenhaushalt früher an der Tagesordnung war. Nur fehlen in diesem Fall eben leider Frau und Kinder.
Ich würde nicht sagen, dass das Alter unbedingt eine Hauptrolle dabei spielt. Eine Nebenrolle womöglich, aber das ist eher eine multifaktorale Angelegenheit.
In meiner Verwandtschaft ist es so üblich, dass das Kind erst auszieht, wenn es verheiratet ist, weil es dann eine Wohnung mit dem neuen Partner teilen muss. Das war zumindest Tradition, bevor wir nach Deutschland gekommen sind. Meine Eltern sind auch erst nach der Hochzeit zusammen gezogen, weil etwas anderes dort gar nicht üblich war. Dementsprechend denken die meisten Verwandten der älteren Generationen, dass es hier genauso sein sollte. Man projiziert eben. Man kennt es nicht anders und denkt, es ist hier genauso wie dort.
Dabei leben wir schon über 20 Jahre hier und es ist mehr als offensichtlich, dass sich Zeiten ändern und auch in jedem Land andere Sitten und Gebräuche üblich sind. Aber irgendwie scheint dieses traditionelle und konservative Denken sehr tief und fest in den älteren Generationen verankert zu sein, sodass etliche unter ihnen sehr wenig aufgeschlossen sind für nicht-traditionelle Lebenswege, Gerade auf Töchter gibt man mehr acht als auf die Söhne, sodass gerade Mädchen es noch schwerer haben mit dem Abnabelungsprozess.
Ich bin beispielsweise mit 20 direkt nach dem Abitur ausgezogen und hatte sehr zu kämpfen, dass ich überhaupt ausziehen darf. Ich hatte damals meiner Mutter im Januar gesagt, dass ich im Oktober studieren werde und auch wo ich beabsichtige, dies zu tun. Trotzdem musste ich bis zur letzten Minute darum kämpfen, dass sie mich ausziehen lässt. Sie wollte nämlich, dass ich an eine Uni gehe, die in unmittelbarer Nähe zu meinem Elternhaus ist und bei der ich nicht ausziehen müsste. Das wollte ich aber nicht, weil ich dann nicht mein Wunschstudium hätte aufnehmen können.
Wie jeder weiß, der sich mit Studium beschäftigt, gibt es nicht an jeder Uni das gleiche Studienangebot. Es gibt zum teil sehr große Unterschiede im Angebot, in der Zulassung und im Studieninhalt. Dies wollte meine Mutter aber nicht einsehen. Sie schien der Meinung zu sein, dass ich alleine (weil ohne Ehemann) nicht klarkommen würde und klammerte umso heftiger, je näher der Auszugstermin rückte. Meinem Vater war das so herzlich egal, ob ich ausziehe und wann. Der ist in dieser Hinsicht etwas moderner eingestellt.
In meinen Kulturkreisen ist es auch so gewesen, dass die Kinder sehr früh ausziehen, spätestens Anfang 20, sehr schnell geheiratet wird und dementsprechend die Familienplanung auch sehr früh abgeschlossen ist. Das war bei sämtlichen Generationen vor mir der Fall, aber mit meiner scheint sich das langsam zu wandeln. Die Leute wohnen oft jahrelang zusammen bevor sie heiraten, manche haben auch Kinder ohne Trauschein und absolut kein Problem damit. Für die Konservativen der Verwandtschaft ist das natürlich ein Weltuntergang. Der jüngste Bruder meines Vaters hat erst jenseits der 30 geheiratet und eine Familie gegründet, wie gesagt, absolut untypisch für diese Generation, aber es kommt dennoch vor.
Ich denke eher, dass es leichter fällt später auszuziehen. Zumindest habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir meine Eltern mit zunehmendem Alter immer mehr auf die Nerven gegangen sind. Mit 19 bin ich ausgezogen. Fand es sehr schwierig und hätten meine Großeltern mich finanziell nicht unterstützt, dann wäre es wohl echt schwer gewesen.
Mit 26 bin ich dann notgedrungen aus finanziellen Gründen dort wieder eingezogen und war so was von froh als ich endlich Arbeit hatte und da weg konnte. Wer allerdings mit 50 noch bei den Eltern wohnt, dem ich wohl nicht mehr zu helfen.
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