Lebt ihr nach dem Motto 'Jetzt sind wir quitt'?

Gleiches mit gleichem vergelten ist eine Gabe, die viele Menschen haben. Das habe ich bei einer guten Bekannten von mir neulich erlebt. Sie ist nun 10 Jahre mit ihrem Mann zusammen. Am Anfang der Beziehung ist sie fremd gegangen. Das ist von ihm aber vergeben worden und so lebten sie eigentlich ohne eine Vorhaltung bis vor ein paar Wochen. Da kam der Mann von einem Männerabend nach hause und meinte: "Jetzt sind wir quitt". Ich hatte eine andere Frau.

Meine Bekannte war so perplex, dass sie erst einmal ihre Koffer gepackt hat und zu ihrer Freundin gefahren ist, wo sie bis heute auch schläft. Denn dieses "Gleiche mit Gleichem Vergelten", damit kann sie einfach nichts anfangen, zumal das ganze ja nun wirklich fast 10 Jahre her ist.

Einige meiner Bekannten finden es richtig und meinen, dass sie sich nicht aufregen muss, weil sie es ja selber mal gemacht hat. Andere meinen, dass es arm ist, wenn man "Gleiches mit Gleichem vergeltet". Was denkt ihr darüber? Lebt ihr nach dem Motto "Jetzt sind wir quitt" oder denkt ihr, dass man niemals das Gleiche machen sollte, was an einem anderen störend war oder ist?

Ich mag die Einstellung eigentlich gar nicht, dass man gleiches mit gleichem vergelten sollte. Gerade in der Geschichte finde ich den Mann schon ziemlich dreist, seiner Frau mit solchen Worten zu sagen, dass sie nichts sagen soll, weil sie ja vor Jahren mal das gleiche gemacht hat und ihm das nun nicht vorwerfen kann. Das sehe ich nicht so. Wenn er ihr vor Jahren verziehen hat, dass sie fremd gegangen ist, dann ist der Fall eigentlich erledigt und ich finde, dass sein Fremdgehen eine ganz neue Geschichte ist, wegen der er sich auch wieder ganz neu vor seiner Frau rechtfertigen muss.

Meiner Meinung nach zeugt es von kindischem und unreifem Verhalten, wenn man aus Prinzip immer Gleiches mit Gleichem vergilt, wie es so schön heißt. Manche Leute sind jedoch ganz stolz darauf, wenn sie jemandem eine tatsächliche oder vermeintliche Missetat "heimzahlen" können und verschwenden unverhältnismäßig viel Zeit und Energie darauf, den passenden Racheakt zu planen und durchzuführen. Ich finde, dass so kein produktives und harmonisches Zusammenleben möglich ist, wenn es immer heißt: Du hast letzte Woche XX getan, dafür backe ich dieses Wochenende keinen Kuchen! Mir fehlt da nur noch das grundschülerhafte "Ätsch!" am Satzende.

Ich selbst sehe keinen Sinn darin, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn mir im Umgang mit meinen Mitmenschen etwas nicht passt, spreche ich das Problem an und hoffe auf eine faire Lösung. Für mich gehört es auch zum Anstand dazu, dass man auch mal etwas verzeihen kann und nicht immer extra nachtreten muss, damit sich das Gegenüber auch schlecht fühlt. Nur bei wenigen ganz bösartigen und unbelehrbaren Gestalten habe ich irgendwann nicht mehr versucht, eine Lösung oder einen Kompromiss zu finden und habe sie mit der gleichen Verachtung gestraft, die sie mir entgegen brachten,