Warum können einige Leute andere Menschen nicht beschreiben?

vom 25.02.2013, 00:12 Uhr

Ich gehöre zu den Personen, die sich sehr schwer tun, andere Menschen zu beschreiben. Nun meint man oft, dass ich mir meine Mitmenschen nicht richtig anschaue oder kein Interesse an ihnen habe. Doch so ist es keinesfalls. Denn ich erkenne Leute durchaus wieder. Auch fallen mir Veränderungen bei Bekannten natürlich auf. Ich bemerke also sehr wohl, wenn jemand eine Brille trägt, der vorher keine trug, eine andere Frisur, Haarfarbe oder farbige Kontaktlinsen trägt.

Wenn man mich jedoch fragt, wie eine Person aussieht, habe ich selbst bei den genannten Merkmale Probleme. Würde ich mich mit einem von euch mehrere Stunden unterhalten, könnte ich danach keinerlei Fragen zum Aussehen, zur Größe, etc. beantworten! Dabei bin ich mir sicher, dass mein Hirn das trotzdem weiß, denn sonst würde ich auch Veränderungen nicht bemerken.

Seitdem ich bewusst darauf achte, klappt es zumindest bei einigen Leuten aus meinem nahen Umfeld etwas besser. Also bei Menschen, die ich täglich längere Zeit sehe, kann ich meistens (Ausnahmen bestätigen die Regel) sagen, ob sie lange oder kurze Haare, einen Bart tragen oder sehr viele Sommersprossen haben. Auch Familienangehörige kann ich weitestgehend beschreiben. Aber es kommt auch immer wieder vor, dass ich Leute schon öfter gesehen habe und wenn man mich etwas zu deren Aussagen fragt, habe ich keinerlei Ahnung.

Woran liegt so etwas? Und vor allem, was kann man dagegen tun? Kennt ihr so etwas auch von euch oder anderen Leuten? Bei mir macht es auch keinen Unterschied, wie alt die Personen sind oder welches Geschlecht sie haben. Ebenso scheint der persönliche Bezug keine Rolle zu spielen. Es macht also keinen Unterschied, ob es ein Vorgesetzter ist oder der Postbote.

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» Trisa » Beiträge: 3230 » Talkpoints: 82,02 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Mir geht es ganz genauso. Ich kann Menschen auch nicht beschreiben. Größe und Haarfarbe geht ja noch, aber ins Detail gehen, kann ich nicht. Ganz besonders die Augenfarbe kann ich nur von der Haarfarbe aus erraten. Vor allem im Zusammenhang mit Zeugenaussagen denke ich dann immer, dass ich nicht ganz normal bin. Wie kann ein Zeuge jemanden so gut beschreiben, dass ein Zeichner davon ein Phantombild zeichnen kann. Ich könnte nicht mal meine eigene Mutter beschreiben. Ich würde sie auf einem guten Phantombild natürlich erkennen, aber selber beschreiben, dass ihre Augen näher zusammenliegen oder welche Form ihre Nase hat, wäre mir absolut unmöglich.

Es heißt aber, dass Zeugen in diesem Fall zuverlässiger werden, wenn sie nicht nur in einiger Entfernung vom Tathergang standen, sondern wenn wie emotional in dieser Situation sehr beansprucht wurden. Also kann das tatsächliche Opfer den Täter viel besser beschreiben.

Ich denke über solche Dinge immer sehr "naturwissenschaftlich". Meiner Meinung nach, lässt sich alles, was wir tun, irgendwie mit der Biologie des Menschen erklären; dass wir alles immer noch aus den selben Gründen tun wie Höhlenmenschen vor 5000 Jahren. In diesem Fall ist es wahrscheinlich einfach nicht nötig, dass du deine Familie und Freunde beschreiben kannst. Du erkennst sie wieder und kannst sie im Zweifelsfall von hinten oder mit Sonnenbrille oder so erkennen. Wenn dir aber jemand Schaden zugefügt hat, ist es wichtig, dass du in deine Höhle zurücklaufen kannst und deine Familie vor dieser Gefahr warnen kannst. Und dass du diesen Jemand wiedererkennen würdest, auch wenn du ihn nur eine kurze Zeit gesehen hast.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Manche Menschen prägen sich einfach das Gesicht und die wesentlichen Merkmale des anderen nicht ein. Ein Mensch erkennt innerhalb von Millisekunden das Gesicht des anderen und entscheidet, ob er die Person kennt oder nicht. Daher liegt es wahrscheinlich daran, dass es am Gedächtnis liegt, oder an der Erkennungsfähigkeit.

» TobHa » Beiträge: 29 » Talkpoints: 0,00 »



Höhlenmenschen sollten heute wirklich kein Argument mehr sein. Es ist schon lange erwiesen, dass der Mensch sich deutlich weiterentwickelt hat und da auch nicht in jeder Ecke noch irgendwo Urmenschen-Verhalten schlummert. Derart biologistische Erklärungen findet man in Fachliteratur kaum, beziehungsweise werden sie wissenschaftlich nicht akzeptiert. So etwas findet man heute nur noch in irgendwelchen trivialen Ratgeberbüchern, die es mit der Wahrheit sowieso nicht so genau halten.

Von daher sehe ich bei der Erklärung der Tatsache, dass man Familienmitglieder nicht beschreiben könne, Fremde hingegen schon, definitiv keine evolutionär begründbaren Gründe. Abgesehen davon stimmt es ja nicht einmal, dass man, wenn man Bekannte und Familienmitglieder nicht beschreiben kann, dennoch Fremde gut beschreiben könnte. Es gibt Menschen, die können beides nicht. Und es gibt auch Menschen, die können beides sehr gut. Und es gibt solche, die bekannte Personen besser beschreiben können, als Fremde.

Ich persönlich würde mich zu den Personen zählen, die zwar bei Fremden Haarfarbe und Frisur im Kopf behalten könnten, vielleicht auch noch die Stimmlage und die Figur, aber das wäre es dann auch. Bei Familienmitgliedern hingegen oder bei Menschen, mit denen ich häufiger zu tun habe, könnte ich sogar noch etwas mehr im Kopf behalten und im Falle einer notwendigen Beschreibung nennen. Dazu gehören die Körpergröße, teilweise die Augenfarbe und manchmal auch einzelne Details, wie beispielsweise die Größe der Hände oder die Form der Fingernägel. Wobei das wirklich Einzelfälle sind.

Was aber solche Dinge die Nasen- oder Mundform betrifft, habe ich dafür bislang kein Auge entwickelt. Außerdem würde mir auch einfach das Vokabular fehlen. Gut, ich könnte vielleicht sagen, dass die Oberlippe kleiner ist, als die Unterlippe, oder dass die Nase etwas schief ist, aber ich denke, es gäbe wohl noch präziseres Vokabular, aber damit kenne ich mich eben nicht aus. Sollte man beruflich hingegen häufiger damit zu tun haben, dürfte man sich mit der Zeit sicherlich sowohl das Vokabular als auch einfach den notwendigen Blick für solche Merkmale aneignen. Wer nur ab und zu einen Menschen so genau ansieht und zu beschreiben versucht, hat natürlich keine Übung.

Abgesehen davon denke ich, dass es auch noch unterschiedliche Begabungen in diesem Bereich gibt. In der Schule mussten wir, aus welchem Grund auch immer, häufiger solche Übungen machen, in denen wir Mitschüler beschreiben sollten. Das war eigentlich in jedem sprachlichen Unterricht, sowohl in Deutsch als auch in Fremdsprachen, ab und zu der Fall. Während es Schüler gab, die das immer ganz gut hinbekamen, gab es auch welche, die es ziemlich schlecht bis gar nicht konnten. Gleich viel oder eher wenig Erfahrungen hatten alle Schüler, also muss es wohl einfach eine Talentfrage sein, wie gut man es bei gleicher Vorbildung kann.

Übrigens gibt es auch Menschen, die sind ganz gesichtsblind. Das gilt allerdings schon als Erkrankung. Diese Menschen haben aber auch nicht nur das Problem, Mitmenschen optisch zu beschreiben, sondern die erkennen Personen anhand ihres Gesichts teilweise gar nicht wieder, was natürlich weitaus schwerwiegender ist.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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