Tatsächlich immer mehr Bindestriche und warum?

vom 27.11.2013, 14:07 Uhr

In einem Gespräch mit jemandem, der auch Germanistik studiert hat, kamen wir auf das Thema Getrenntschreibung oder Zusammenschreibung. Mein Gesprächspartner behauptete da, dass in den letzten Jahren angeblich messbar immer mehr Menschen Wörter mit Bindestrichen schreiben, die man früher ohne Bindestrich geschrieben hätte. Man hätte früher dafür entweder die komplette Zusammenschreibung oder die komplette Getrenntschreibung gewählt. Der Grund war laut meinem Gesprächspartner, dass dieser Einfluss aus dem englischsprachigen Raum kommen solle.

Ich kann mir das ganze nicht so recht vorstellen. Ich persönlich nehme mittlerweile schon mehr Bindestriche in meinen Texten her. Ein Grund dafür ist, dass ich die dreifache Häufung eines identischen Konsonanten nicht leiden kann. Wörter wie Flanelllappen sind mir in der neuen Rechtschreibung ein Greuel. Flanell-Lappen sieht da wirklich angenehmer aus. Zumindest empfinde ich das so. Der zweite Grund ist die automatische Rechtschreibkontrolle. Wörter wie Flanelllappen werden gerne unterringelt, obwohl die Maschine sowohl das Wort Flanell als auch das Wort Lappen kennt und nicht unterringelt. Um den Blick für das Wesentlich und für echte Rechtschreibfehler nicht zu verlieren, schreibe ich dann lieber Computergerecht. Aber ist mein Verhalten typisch für den Großteil der Schreiber?

Wie seht ihr das? Verhaltet ihr euch ähnlich wie ich? Ist euch auch aufgefallen, dass die Bindestriche so zunehmen? Kennt ihr da vielleicht Quellen, die diesen Sprachwandel belegen, oder ist das eure rein gefühlte Ansicht? Wie erklärt ihr euch die Ursachen, wenn ihr überzeugt seid, dass das tatsächlich so statt findet? Seht ihr den Grund eher in der neuen Rechtschreibung und der Computertechnik oder in dem Einfluss von Anglizismen? Oder habt ihr sogar andere Gründe ausgemacht?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich finde Flanell-Lappen ein Gräuel, das ist einfach falsch. Es werden oft Bindestriche gesetzt, wo sie nicht hingehören, weil die Menschen lange Wörter nicht mehr lesen können. Das Problem Getrennt- oder Zusammenschreibung kann man jedenfalls mit Bindestrichen nicht lösen, denn in diesem Zusammenhang sind sie immer falsch.

Auf die Rechtschreibprüfung von Firefox würde ich mich nicht verlassen. Ich würde die Prüfung unter duden.de nehmen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich empfinde Wörter mit drei Konsonanten auch einfach als unschön und falsch, weil es das zu meiner Zeit nicht gab. Ich verweigere mich da total und greife tatsächlich auf den Bindestrich zurück. Auch die andere Sache kann ich bestätigen. Nutze ich den Bindestrich, nörgelt das Rechtschreibprogramm seltener und auch die Texteingabe beim Handy geht so oft glatter.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich mag die drei Konsonanten auch gar nicht. Ich verstehe nur nicht, warum ich deshalb plötzlich mit Bindestrich schreiben sollte. Das stellen sich mir erst recht die Nackenhaare auf. Das ist schlichtweg falsch. Und wenn mir die Rechtschreibung dann schon egal ist, schreibe ich es halt einfach wie früher mit zwei Konsonanten. Wenn sie nicht egal ist, dann halte ich mich eben an sie und schreibe es mit drei. Aber ich erfinde doch keine dritte, nach den alten und den neuen Regeln falsche Schreibweise.

Auch getrennt schreiben, finde ich grauenhaft. Da stehen dann zwei Wörter ohne irgendeinen Bezug zueinander. Das fällt mir vor allem bei Produktbeschreibungen auf. "Schoko Drink". Da könnte ich ausflippen! Dann schon lieber mit Bindestrich.

Aber ich würde auch sagen, dass es zunimmt. Die Erklärung dafür in der häufigen Benutzung des Englischen zu sehen, klingt für mich logisch. Gerade für "Schokodrink" wird es keinen Eintrag im Duden geben, weil es einfach eine Mischung aus einem halben deutschen Wort und einem englischen ist. Wenn das halbe deutsche Wort auch ein englisches Wort wäre, würde es getrennt geschrieben werden.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich bin jetzt etwas verwundert, warum hier einige sagen, die Bindestrichschreibung sei falsch! Das stimmt so nicht. Bereits in meinem älteren Duden - Die deutsche Rechtschreibung in der 22. Auflage von 2000, also schon einem älteren Exemplar, steht schon drin, dass diese Schreibung zulässig ist. Es ist also durchaus nichts so neues.

Auf Seite 32 steht unter dem Unterpunkt K 25 steht sinngemäß, dass man laut § 45(4) einen Bindestrich setzen darf, wenn drei gleiche Buchstaben in einem Wort direkt zusammen geschrieben werden müssten. Als eines der Beispiele wird hier sowohl die verbundene Schreibweise wie Schwimmmeisterschaft als auch die mit Bindestrich geschriebene Variante der Schwimm-Meisterschaft für zulässig erklärt. Als weiterführender Hinweis wird dem Schreiber aber geraten, man solle Begriffe, die als zweiten Bauteil ein Adjektiv oder ein Partizip haben lieber nicht die Schreibung mit Bindestrich favoriseren. Diese sei zwar nicht falsch, aber würde von der Dudenredaktion nicht empfohlen. Ein Beispiel für so ein Wort wäre "fetttriefend". Der Grund wird nicht näher genannt. Vermutlich wird es aber als unschön erachtet, dass damit ein groß geschriebenes Fett mit einem klein geschriebenen triefend verbunden würde und damit der adjektivische Charakter nicht mehr sichtbar ist.

Bei zusammengesetzten Wörtern, bei denen keine drei gleichen Buchstaben aufeinander folgen, da gibt es wieder andere Regeln. Auto-Fahrt wird zum Beispiel als falsch erachtet, da es nur aus zwei Komponenten besteht. Ich will jetzt hier nicht alle Regeln aufführen, denn normalerweise hat jeder einen Duden zu Hause.

Ich finde es spannend, dass es Leser gibt, die so eine Schreibung als falsch erachten, obwohl es laut Duden erlaubt ist. Klar sind gerade die Regeln zu Getrenntschreibung und Zusammenschreibung die unübersichtlichsten, seit die Rechtschreibung reformiert wurde. Normalerweise kenne ich den Sprachwandel aber eher anders. Meist kenne ich es so, dass Muttersprachler eine Schreibung oder ein anderes neuartiges Sprachphänomen längst größtenteils akzeptieren, bevor es in Regelwerke wie den Duden als Regelkonform aufgenommen wird und nicht anders herum.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


@trüffelsucher: Das ist wirklich interessant. Ich kenne den Duden nicht auswendig. Ich hätte nie gedacht, dass die Trennung mit Bindestrich erlaubt ist. Da sie aber nicht empfohlen wird, wird sie wirklich nicht häufig genutzt. Also mal abgesehen von Produktverpackungen sehe ich sie extrem selten und schon gar nicht in seriösen Zeitungsartikeln, Romanen und solchen Dingen. Daher ist man sie einfach nicht gewohnt und für mich sieht sie echt schrecklich aus. Jetzt würde mich aber mal interessieren, seit wann das so im Duden steht.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich kann mich dunkel erinnern, dass wir das schon in den 90er Jahren in der Schule so gelernt haben, als damals die neue Rechtschreibung gerade etabliert wurde. Das stand damals auch in den Regelwerken die wir vom Duden-Verlag für den Unterricht bekommen hatten. Belegen kann ich das aber leider nicht mit Quellen. So alte Rechtschreibduden habe ich nicht aufgehoben, weil ich für das Studium immer halbwegs aktuelle benötige. Vielleicht findest du ja noch in einer kleinen Bibliothek oder auf einem Flohmarkt oder in Antiquariaten eine ältere Ausgabe, wo du das nachvollziehen kannst. Möglicherweise findet man auch im Internet auch noch den Urtext des ersten Anlaufs der Rechtschreibreform, die ja mittlerweile auch etwas überarbeitet wurde.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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