Berechnung der Haftentschädigung für zu Unrecht Verurteilte

vom 24.11.2013, 21:10 Uhr

Es sollte nicht vorkommen, dass jemand unrechtmäßig verurteilt wird, aber leider passiert das mal. Diejenigen, die es betrifft, sind für ihr Leben gezeichnet. Freunde, Verwandte und Bekannte haben sich abgewandt. Haben sie Glück, hält die Familie noch zu ihnen, aber auch nicht immer. Stellt sich nach Jahren der Inhaftierung ihre Unschuld heraus, stehen sie ohne alles da.

Sie müssen versuchen, wieder eine Arbeit zu finden und eine Wohnung. Sie müssen wieder lernen, mit Menschen umzugehen und ihnen zu vertrauen. Innerlich sind sie zerstört. Wer bemüht sich um den seelischen Zustand und baut ihre Psyche wieder auf? Wonach richtet sich die Haftentschädigung, die ihnen zusteht?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Wenn sich die Unschuld eines Gefängnisinsassen herausstellt, erhält er 25 Euro für jeden Tag, den er im Gefängnis war. Bei einem Jahr wären das also bisschen was über 9000 Euro. Bei fünf Jahren knapp über 45.000 Euro. Dann kann er noch zusätzlich Entschädigung beantragen, wenn er Vermögensverluste hat. Davon würden dann aber 6 Euro pro Tag für die Verpflegung abgezogen werden.

Die Vermögensverluste sind z.B. das entgangene Gehalt, weil man ja meist gekündigt wird, sobald man verurteilt wurde. Die Beweislast liegt dabei aber beim ehemaligen Häftling. Er muss nachweisen, dass er den Job sicher behalten hätte können.

Die Entschädigung lag bis vor einigen Jahren noch bei 11 Euro und wurde jahrzehntelang nicht angehoben. 2009 kam dann die Anhebung auf 25 Euro, was aber immer noch ein Witz ist. Eine Erhöhung wurde z.B. von der letzten Großen Koalition aufgrund des klammen Staatshaushalts abgelehnt. Dabei zahlt Deutschland jedes Jahr nicht mal eine Million an Haftentschädigungen aus. Wie viele Entschädigte für welchen Zeitraum in Haft entschädigt wurden, wird aber nicht festgehalten. Da gibt es keine Statistik. Generell werden wenig Wiederaufnahmeanträge angenommen. Meist kommt durch Zufall ans Licht, dass jemand unschuldig ist.

Psychologische Hilfe oder die normale Wiedereingliederungsunterstützung, die jedem Häftlinge nach der Haftzeit zusteht, erfahren diese Unschuldigen nicht. Sie werden einfach entlassen. Und nach ein paar Monaten ist dann dieser Witz an Entschädigungsgeld auf dem Konto.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Was in Deutschland an Haftentschädigung gezahlt wird, ist wirklich ein schlechter Witz.. Man muss sich ja immer vor Augen halten, dass das ganze Leben der Person nachhaltig geschädigt ist. Die Freunde haben sich abgewandt, die Familie möglicherweise auch, von den Vermögensschäden besonders dem Verdienstausfall mal ganz zu schweigen.

Ich finde, dass man die Haftentschädigung dringend erhöhen muss. Es gab dazu auch schon mal eine Petition, die auch beim Bundestag eingereicht wurde, was aus der Petition geworden ist, entzieht sich aber meiner Kenntnis.
In anderen Ländern gibt es deutlich höhere Haftentschädigungen: z.B. in Österreich, wo 50 € pro Tag gezahlt werden. Ein weiteres Beispiel wäre auch unser Nachbarland Frankreich, wo man sogar 1000€ pro Tag bekommen würde.

» chriso » Beiträge: 42 » Talkpoints: 12,85 »



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