Ist Kunst in der Stadt und öffentlichen Räumen wichtig?

vom 27.11.2013, 23:41 Uhr

Was wäre ein Foyer im Theater, eine Eingangshalle in einem öffentlichen Gebäude, ein Park oder eine Stadt, ohne Kunst? Der öffentliche Raum braucht die Kunst zum Atmen. Skulpturen, Bilder, Reliefs und Happenings. Was ist ein Park ohne Skulptur, ohne einen künstlerisch angelegten Brunnen? Ein Foyer ohne Reliefs und Bilder ist leer und kalt und lädt nicht zum Verweilen ein.

Kunst berührt unser Gefühl, lässt uns staunen und verwirrt uns. Wir stehen andächtig vor einer Skulptur. Ein Happening kann schockierend sein für den einen und den anderen erfreut es. Ist es euch wichtig, in öffentlichen Räumen Kunst zu sehen, oder ist es euch egal, wenn alles leer und kahl ist? Wie steht ihr zur Kunst in der Stadt? Geht ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen? Oder freut ihr euch, dass sie da ist?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich persönlich erfreue mich an Skulpturen, sofern ich sie interessant oder ästhetisch finde oder einfach ihre Aussage sehr gut finde. Ebenso mag ich Springbrunnen, und ich finde es absolut schön, wenn ich an Altbauten noch Ziersäulen und Reliefs an den Wänden sehen kann. Wobei mich klassizistische Gebäude nun nicht so sehr reizen, eher bin ich Jugendstil-Elementen angetan. Allgemein lässt sich aber schon zusammenfassen: Ja, ich erfreue mich auch an Kunst im öffentlichen Raum. Aber auch nicht unbedingt ohne Einschränkungen.

So kann ich es persönlich nicht gutheißen, wenn beispielsweise eine arg verschuldete Stadt neue hohe Kosten für das Aufkaufen moderner Skulpturen verursacht, während nicht einmal essentielle Dinge ausreichend finanziert werden können. Während beispielsweise die Finanzierung der Bereiche Bildung und Gesundheit hier katastrophal ist, und während viele Museen wirkliche Schwierigkeiten haben, weil sie kaum finanziert werden, werden teilweise irgendwelche abstrakten Betonfiguren erworben und auf neu hergestellte Parks oder Plätze gestellt. Ich muss zugeben, dass ich abstrakte moderne Kunst sowieso nicht so sonderlich schätze, aber auch, wenn es um meiner Meinung nach ästhetischere und handwerklich besser ausgeführte Kunst gehen würde, so finde ich, dass man sich lieber erst einmal um wichtigere Dinge kümmern sollte.

Ich liebe Kunst zwar sehr, aber sie sollte trotzdem von geringerer Priorität sein, als die Bereiche Bildung und Gesundheit. Auf einen neuen Springbrunnen kann man notfalls verzichten, auf Schulbildung nicht. Trotzdem gibt es absurderweise immer wieder Ausgaben für eigentlich nicht so essentielle Dinge, die eigentlich bloß der Deko gelten, obwohl das Geld so schon an allen Ecken und Enden nicht ausreicht. Ich frage mich übrigens, ob das in vielen Städten so ist, oder ob das eine typische Macke für die Gegend ist, in der ich lebe.

In einer Sache, die Du erwähnst, muss ich Dir dann auch noch widersprechen. Auch ein Park ohne Skulpturen oder Brunnen kann sehr zum Verweilen einladen. Auch ein Wald läd zum Verweilen ein, und dort steht bestenfalls gar nichts, was von Menschenhand erschaffen wurde. Ein Park also benötigt nicht unbedingt Kunst, um zu wirken. Allein schon die Vielfalt an Pflanzen kann mich persönlich erfreuen. Wobei man sich auch wieder streiten kann, ob eine geplant angelegte Gartenanlage nicht auch gewissermaßen Kunst sein kann. In einigen Kulturen ist das sogar eine gängige Auffassung. Da benötigt ein Park keine Skulpturen, um als Kunstwerk zu gelten. Nicht, dass ich es schlecht fände, wenn es Skulpturen oder Brunnen gäbe. Sofern das Gesamtbild passt, freue ich mich natürlich auch darüber. Aber zwingend notwendig sind sie nicht, damit mir ein Park gefällt.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich finde Kunst im öffentlichen Raum sehr wichtig und ordne sie in der Priorität sehr hoch ein, durchaus gleichwertig mit Gesundheit und Bildung. Man kann sie auch als Teil von Gesundheit und Bildung betrachten. Die Umgebung, in der man lebt, hat einen sehr großen Einfluss auf das Wohlbefinden, die Geisteshaltung, ich behaupte sogar auf das Gesellschaftsklima. Kunst kann zu Diskussionen anregen, zum Nachdenken bringen, inspirieren oder einfach nur gute Laune machen. Manchmal verwirrt Kunst und bringt das eigene Weltbild durcheinander, um es danach auf eine "höhere" Ebene der Erkenntnis zu heben.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Dass die Konfrontation mit Kunst im öffentlichen Raum einen Menschen prägt, dass die Kunstwerke bestenfalls zum Nachdenken anregen, oder auch auf irgendeine Art und Weise ästhetisch bilden, dem kann ich schon zustimmen. Allerdings stehen beispielsweise in der Stadt, in der ich lebe, viele Kunstwerke herum, die wirklich viel Geld gekostet haben, und die eigentlich weder eine hohe Aussagekraft, noch eine besondere Wirkung auf die Anwohner haben.

Als Beispiel kann ich Dir dieses hier zeigen, wobei der Brunnen auf diesem Foto um ein Vielfaches besser aussieht, als in echt, was mich gerade übrigens sehr erstaunt. Aber wie dem auch sei, so an sich mag man es vielleicht noch interessant finden. Allerdings scheint das dort wenig der Fall zu sein. Ich habe jedenfalls nie den Eindruck gehabt, dass außer mir überhaupt ein Mensch diesen Springbrunnen wirklich wahrgenommen hätte. Stattdessen steht er einfach nur herum, übrigens hauptsächlich zwischen Plattenbauten. Nebenan ist noch ein Supermarkt, welcher auch der Grund war, wieso ich früher ab und zu dort vorbei kam. Ich lebte nämlich außerhalb der Stadtgrenzen und das da war der erste Supermarkt, der mir begegnete, wenn ich mal in die Stadt hinein fuhr. An sich eine grausige Gegend, aber zum Einkaufen hat es gereicht. Aber das ist ein anderes Thema.

Also noch einmal zurück zu diesem Springbrunnen. Die Lage war so abgekapselt, dass nicht viele Menschen ihn sehen konnten. Die Menschen, die ihn passierten, hatten zum Großteil offenbar kein großes künstlerisches Interesse. Ebenso kann man sich streiten, ob der Brunnen ästhetisch so sonderlich wertvoll ist. Was er aussagen soll, steht übrigens auch nirgends, auch online konnte ich es bisher nicht nachlesen. Es gibt also auf die Schnelle auch keine Möglichkeit für Interessierte, sich darüber zu bilden, was der Brunnen aussagen soll, wenn er denn überhaupt eine Aussage hat. Inwiefern ist das bildend oder förderlich?

Allerdings scheint das zuständige Amt den Brunnen mittlerweile auch schon aufgegeben zu haben. Der Zustand, auch schon der, in der ich den Brunnen kennenlernte, war über die Jahre immer grauenvoll. Im Wasserbecken schwammen Glasscherben, kaputte Bierflaschen, Laub, Zigarettenkippen, Plastikmüll und alte Zeitungen, außerdem waren Becken und Metallstangen oft ziemlich veralgt. Durch das gammelige Zeug gab der Brunnen auch keinen sonderlich angenehmen Geruch von sich. Die Wasseranlage war übrigens gewöhnlich ausgeschaltet, und wenn sie an war, wohl so verstopft, dass es immer nur leicht tröpfelte. Ab und zu lungerten drum herum auch noch betrunkene Obdachlose auf den Bänken herum. Ich als Pubertierende gab dem Brunnen damals nur den Namen "Pennerdusche". Das Wort beschreibt den Brunnen auch heute noch ziemlich gut für mich. Für Wohlbefinden hat er jedenfalls bei mir nicht gesorgt, und das soziale Klima ringsum auch nicht wirklich verbessert.

Ich wage allerdings nicht im Allgemeinen zu bestreiten, dass ein interessantes oder zum Nachdenken anregendes Kunstwerk bildend ist. Auch eine positive Wirkung auf die Gesundheit schließe ich nicht generell aus. Wenn man zu dem Werk noch Informationen nachlesen kann, wenn beispielsweise vor Ort eine Informationstafel vorhanden ist, dann ist das super. Aber hier in der Stadt stehen einfach zu viele Exemplare wie das oben gezeigte herum, und das, obwohl einige Schulen noch Schulbücher aus den 1950er Jahren verwenden, weil die Schulen für so etwas kein Geld haben. Es gibt Schulen, da reichen nicht einmal die Tische und Stühle wirklich für alle Schüler aus. Und diese wirklich essentiellen Dinge sollten wohl Vorrang haben, jedenfalls aus meiner Sicht. Was bringt ein Springbrunnen, wenn die Kinder in der Schule kaum unter angemessenen Umständen das Lesen und Schreiben erlernen können, wenn an allen Ecken und Enden Bücher fehlen, und wenn der Geschichtsunterricht 1960 endet, weil die Bücher aus der damaligen Zeit stammen? Eine Bildungs-Basis muss erst einmal vorhanden sein, um darauf aufzubauen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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