Um wen trauert ihr am Totensonntag?

Bei den Protestanten ist der Totensonntag ein Gedenktag für die Verstorbenen. Ich begehe als getaufter Katholik diesen Tag nicht, sondern gedenke an Allerseelen meiner verstorbenen Verwandten, insbesondere meiner Eltern und meines als Kind verstorbenen Bruders. Ist der Totensonntag für euch ein besonderer Tag? An wen denkt ihr da besonders? Geht ihr an diesem Tag auf den Friedhof? Habt ihr spezielle Rituale am Totensonntag?

Ich bin nicht sehr gläubig, gedenke aber auch an diesem Tag meiner verstorbenen Verwandten und Freunde. Leider liegen die meisten Personen recht weit weg und ich kann sie nur sehr selten besuchen. Deshalb kann ich nur auf meine Weise ihnen meine Ehre erweisen und hier an sie denken.

An einen Freund gedenke ich jedoch immer wieder, auch ohne Totensonntag. Er hat mir sehr viel bedeutet und ist schon sehr früh von uns gegangen. Er war Extremsportler und ist bei einem Paraglider abgestürzt.

Jedoch sollte man sich nicht zu sehr von der Vergangenheit ablenken, sonst verpasst man die Gegenwart.

Für mich hat der Totensonntag schon eine große Bedeutung. Ich denke an diesem Tag besonders an meine Großeltern, die ich sehr lieb habe. Ich wünschte, sie würden noch leben. Für diesen Tag wird deren Grab mit einem aufwendigen Gesteck gestaltet und am Nachmittag diesen Tages besuchen wir den Friedhof, um besonders an die beiden zu denken, wobei ich sehr oft an meine Großeltern denken muss und es noch so vieles gibt, was mich an die beiden erinnert.

Ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen und es deshalb gewohnt, dass man an Allerheiligen Kränze auf die Gräber der Verstorbenen legt usw. Eigentlich ist natürlich Allerseelen der Gedenktag, aber da das eben kein Feiertag ist, geht man eher an Allerheiligen auf den Friedhof. Da ich nicht gläubig bin, sehe ich aber keinen Grund, mich an irgendwelche kirchlichen Gedenktage zu halten. Für mich ist eher der Todestag und/oder der Geburtstag der jeweiligen Person der Tag, an dem ich Blumen aufs Grab lege oder gedenke.

Also ganz ehrlich, ich denke an diesem Tag nicht unbedingt an die Verstorbenen, denn das tue ich dann, wenn eben an sie denke, dafür brauche ich keine Tag im Kalender. Ich denke öfter zum Beispiel an meine Oma, dafür brauche ich auch kein Grab vor mir zu sehen, das kommt dann einfach so. Ich finde solche Rituale auch wirklich nicht schön, das Menschen daran erinnern muss, an jemanden zu denken.

Da ich weder der katholischen noch der evangelischen Konfession angehöre, haben für mich solche Tage wie Allerseelen oder Totensonntag keinerlei Bedeutung. Für mich sind sie ganz normale Tage wie jeder andere auch. Ich gedenke da an niemanden.

Bei uns in der Familie handhaben wir das anders. Meine Großmutter ist gestorben als ich noch klein war. Deswegen gedenken wir an sie an ihrem Geburtstag und sind dankbar, dass sie gelebt hat, auch wenn es schade ist, dass sie so früh gehen musste. Es hat sich als Tradition eingependelt, dass wir an ihrem Geburtstag Essen gehen und uns über sie unterhalten, um die Erinnerungen wach zu halten. Besonders meinem Vater liegt sehr viel daran, weil er eine sehr gute Beziehung zu seiner Mutter hatte.

Ich bin kein Christ und in meiner Familie gibt es auch schon lange keine christliche Tradition mehr. Die Verwandtschaft väterlicherseits war schon lange atheistisch, mütterlicherseits habe ich Buddhisten und auch einige Moslems gehabt. Trotzdem finde ich die Idee eines "offiziellen" Trauertages gut. Diesen gibt es meines Wissens in wirklich allen Religionen, nicht nur im Christentum.

Sicherlich kann man immer den Toten gedenken, und wenn man jemanden sehr liebte, tut man das auch häufiger, und nicht nur einmal oder zweimal im Jahr. Dennoch finde ich es sinnvoll, dass es einen besonderen Tag dafür gibt. Für einige Menschen ist das vielleicht ein besonderer Ansporn, an diesem Tag auf den Friedhof zu gehen, außerdem kann man den Tag für offizielle Trauerveranstaltungen nutzen. Ebenso ist das natürlich ein gutes Datum, um überhaupt einmal, zum Beispiel auch in den Medien, das Thema Tod und Trauer zu thematisieren.

Ich persönlich werde dieses Jahr besonders um einen guten Freund trauern, der diesen August an Krebs gestorben ist. Außerdem werde ich meinem vor etwa zehn Jahren verstorbenen Bruder gedenken, und auch meinen Großeltern, selbst, wenn sie schon starben, als ich noch ein kleines Kind war, und ich mich daher kaum mehr an sie erinnern kann. Vor allen Dingen ist der Tag für mich aber auch ein genereller Anlass, mal wieder intensiver über meine Familie nachzudenken, und auch über Freunde, die ich mit der Zeit verloren habe.

Ob ich direkt am Totensonntag auf den Friedhof gehen werde, weiß ich noch nicht. Jetzt im November oder Dezember noch einmal das Grab meines Bruders zu dekorieren, das steht natürlich an. Aber an welchem Tag ich das genau machen werde, weiß ich noch nicht.

Wobei ich Friedhöfe am Totensonntag schon mag. Das klingt jetzt vielleicht makaber, aber man bedenke einfach mal, wie viele Kerzen am Totensonntag abends brennen. Auf manchen Friedhöfen sieht es dann wirklich aus, wie ein richtiges Lichtermeer. Und wofür stehen die Kerzen? Letztendlich doch für Hoffnung. Für mich persönlich ist es also ein tröstender und irgendwie auch schöner Anblick. Sicherlich hat es auch mit Trauer zu tun, aber die Lichter an sich sind trotzdem eher etwas Positives.

Übrigens wird der Trauertag in sehr vielen Kulturen eher positiv gesehen, teilweise werden da wirklich fröhliche Familienfeiern am Grab begangen, und ich las neulich mal, manchenorts würde es dann vor dem Friedhof nicht nur Kerzen- und Blumenstände geben, sondern auch Verkäufer für Zuckerwatte und gebrannte Mandeln. Das mag einigen Menschen sehr befremdlich erscheinen, tatsächlich unterscheidet es sich auch sehr von der in Deutschland üblichen Tradition, aber ich denke mir nur, wenn es den Betroffenen hilft, dann ist das doch völlig okay. Wenn es zur jeweiligen Kultur einfach dazu gehört, dann ist es auch keineswegs beleidigend.

Ich trauer nicht nur am Totensonntag um die, die mir wichtig waren. Ich trauer immer und gedenke immer diesen Verstorbenen und brauche dafür keinen Totensonntag. Die ganze Friedhofrennerei, für viele nur an solchen Tagen, ist doch nur was für die Leute und nicht für sich selber oder dem Toten. Die Toten merken es nicht mehr und ich kann auch zu hause an die Toten denken auch ohne den Totensonntag.

Eben dadurch, dass es einen festen Tag für den Friedhofsbesuch gibt, kommen dort aber auch viele Leute zusammen. Ich finde, das hat einen positiven sozialen Aspekt, den man auch nicht ignorieren sollte. Gerade ältere Leute finden so vielleicht jemanden, mit dem sie dann reden können. Das ist schon wichtig. Man bedenke alleine mal, wie viele alte Leute, gerade nach dem Tod ihres langjährigen Ehepartners, völlig vereinsamt sind. Da ist es doch super, wenn sie auf dem Friedhof zu so einem festen Termin auch mal andere Leute in der gleichen Situation treffen und vielleicht in Kontakt miteinander kommen.

Sicher kann man sich streiten, ob Friedhofsbesuche den Toten überhaupt etwas bringen, ob sie davon etwas bemerken, oder nicht. Das ist eben eine Glaubensfrage. Aber dass Friedhofsbesuche, egal, ob am Totensonntag oder an anderen Terminen, auch immer etwas für die Hinterbliebenden bringen, das will ich absolut nicht abstreiten. Natürlich bringt es den Lebenden etwas. Sie können ihrer Trauer Ausdruck verleihen, es hilft vielleicht bei der Verarbeitung des Verlusts, und ja, auch Kontakte lassen sich möglicherweise knöpfen, die dann auch emotional gut tun. Daran sehe ich nichts Falsches, absolut nicht.