Umschulung aus Unzufriedenheit heraus - Option oder verrückt

vom 24.09.2012, 20:48 Uhr

"Das Leben ist kein Wunschkonzert!" - das wurde dem einen oder anderen von uns wohl auch schon mal gepredigt. Aber trifft das auch auf unser Berufsleben zu? Wenn man in seinem Beruf - aus welchen Gründen auch immer - unglücklich ist, sollte man dann trotzdem sagen: "Augen zu und durch"?

Heutzutage sollte man ja froh sein, wenn man überhaupt einen Job bekommt und dann auch noch behält. Freie Berufswahl ist in der Theorie ja sicher schön und gut, aber wie viele von euch haben das Gefühl sich falsch entschieden zu haben und, falls das bei euch zutrifft, was tut ihr gegen dieses Gefühl? Wagt ihr einen Jobwechsel oder eine Umschulung oder bleibt ihr in eurem Beruf egal was kommt?

» leasmom » Beiträge: 290 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Eben erst hatte ich eine ähnliche Unterhaltung mit einem bekannten von mir. Wir beide kennen Investmentbanker, die in London dicke Gehälter verdienen, große Boni bekommen, viele Partys feiern und ein Leben haben, wie es sich viele Universitätsstudenten wünschen. Was viele nicht sehen, ist aber dass solche Leute permanenten Schlafmangel haben, ständig großen Druck und kaum Flexibilität in der Lebensgestaltung.

Vor diesem Hintergrund werden zwei Sichtweisen auf deine Frage deutlich: klar kann man einerseits sagen, man kann einem eingeschlagenen Weg folgen, der einen irgendwo hin bringt. Geld in einer ''geregelten'' Karriere muss nicht das Bankergehalt sein, aber das kann ja auch im Lehrberuf so sein. Wenn man aber da (wie viele Banker) unglaublich unzufrieden ist, warum dann nicht wechseln? Es gibt einen Trend, sicherlich befeuert von Entlassungswellen, dass sich Leute aus ihren Turbokarrieren verabschieden und stattdessen Biobauer werden, ein eigenes non profit Unternehmen gründen, eine Weltreise machen oder der gleichen.

Je nach deinen Prioritäten im Leben kann es also durchaus Sinn machen den Beruf zu wechseln, wenn es sich mit deinen Zielen besser vereinbaren läßt. Für manche mag das die ''Entschleunigung'' des Lebens sein, für andere ein Lebensziel, dass sie doch lieber mit Behinderten arbeiten möchten als beispielsweise ewig Schlosser zu bleiben.

» BlindKanshi » Beiträge: 243 » Talkpoints: 2,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich finde nicht, dass man sich mit seiner Situation einfach zufriedengeben sollte, wenn man eine realistische Möglichkeit hat, etwas zu ändern und vor allem auch zu verbessern. Das gilt nicht nur für das Berufsleben, sondern auch für weitere Bereiche des Lebens. Wenn man zum Beispiel mit seinem Partner nicht mehr glücklich ist, sollte man sich schließlich auch trennen, selbst wenn man einigermaßen miteinander auskommt. Mit dem Beruf ist es ähnlich. Wenn man sich unter Umständen ein Leben lang mit einem Job arrangiert, der einem eigentlich nicht gefällt und den man nicht gerne ausübt, dann wird man kein glückliches Leben führen können.

Oft ist es so, dass Leute ihr Potential gar nicht richtig nutzen. Gerade bei denjenigen, die vielleicht nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung gemacht haben und in ihrem erlernten Beruf nicht glücklich sind, bietet es sich natürlich an, erst einmal das Abitur nachzuholen und später vielleicht noch ein Studium anzuhängen. Ich hatte mal einen Freund, der nach Hauptschulabschluss, Ausbildung im Handwerk und folgender Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr nicht das Gefühl hatte, dass ihm das reicht. Er studiert mittlerweile, was ich sehr gut finde. Eine ehemalige Freundin von mir hat einen ähnlichen Weg genommen und nach Schulabschluss und Ausbildung ein Studium absolviert. Ich habe selbst auch erst eine Ausbildung gemacht und mich dann nach der Gesellenprüfung dafür entschieden, doch mein Wunschstudium in Angriff zu nehmen. Am Ende meiner Ausbildung hätte ich mir nicht vorstellen können, dass das schon alles sein sollte.

Ich habe auch an der Uni mehrere Leute kennengelernt, die in ihren alten Berufen nicht glücklich waren. Manche haben schon andere Studiengänge abgeschlossen, arbeiten aber nicht gerne in ihrem bisherigen Fach. Natürlich wäre es einfacher, sich zum Beispiel einen gut bezahlten Job als Informatiker zu suchen. Dennoch habe ich einen Kommilitonen, der einfach das Gefühl hat, dass ihn das nicht glücklich macht. Deshalb studiert er jetzt noch einmal. Ein Freund von mir befindet sich aktuell in einer Umschulung, weil er aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen nicht mehr in seinem handwerklichen Beruf arbeiten kann. Irgendwie würde es sicher gehen, aber er nimmt es lieber in Kauf, jetzt eine Umschulung zu machen.

Ich lerne immer wieder Leute kennen, die nicht den geraden Weg gehen, sondern irgendwann umsatteln. Das ist wirklich keine Seltenheit. Ich treffe natürlich auch Leute, die nach Schulabschluss und Ausbildung oder Studium in ihrem absoluten Traumberuf angekommen sind, aber das trifft eben nicht auf alle zu. Wenn man merkt, dass der Beruf, den man hat, nicht das ist, was man bis zur Rente machen möchte, sollte man einen Wechsel erwägen. Eine Umschulung ist da nur eine Möglichkeit, man kann zum Beispiel auch jobbegleitend studieren.

Das Motto „Augen zu und durch“ funktioniert vielleicht für einen gewissen Zeitraum. Wenn man aber erst am Anfang seines Berufslebens steht, hat man mehrere Jahrzehnte Arbeit vor sich. Wenn man da nicht früh genug umsattelt, wird man sehr unglücklich sein und die Chancen eines geglückten Neuanfangs werden eher geringer, wenn man länger wartet. Man kann sich nicht alles im Leben aussuchen, aber bei der Wahl des geeigneten Jobs hat man eben doch einige Möglichkeiten, selbst wenn man sich nach dem Schulabschluss zunächst falsch entschieden hat.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Eine Umschulung ist ja an sich eine Maßnahme, die von einem Träger finanziert wird. Macht man aber eine neue Ausbildung, ist es eben eine Zweitausbildung und keine Umschulung. Unter diesen Gesichtspunkten muss ich sagen, kann eine zweite Ausbildung teilweise schon sinnvoller sein. Es kann ja sein, dass man sich im zuerst gelernten Beruf unwohl fühlt oder man einfach keine Stelle findet und da es heute auch nicht einfach ist, überhaupt eine Umschulung gewährt zu bekommen, kann eine Zweitausbildung von größerem Sinn sein.

Der erlernte Beruf kann man vielleicht eine Weile durchhalten, wenn man damit gar nicht zurecht kommt. Meiner Ansicht nach kommt es jedoch auch darauf an, warum man unzufrieden ist. Das kann ja von der Art der Arbeit an sich der Fall sein, genauso kann es auch sein, dass man mit den Kollegen unzufrieden ist und sich im Team nicht wohlfühlt und so weiter. Eventuell reicht es schon aus, eine neue Stelle zu suchen und dort anzufangen, wenn es jedoch an der Arbeit und den Aufgaben an sich liegt, ist eine Umschulung beziehungsweise eine weitere Ausbildung durchaus sinnvoll.

Ich fände es eher etwas blöd oder nicht angemessen, wenn man einfach so kündigt, weil man unzufrieden ist und nichts anderes in Aussicht hat. Macht man aber eine zweite Ausbildung, hat auch schon einen entsprechenden Vertrag unterschrieben, sieht es anders aus. Eine Umschulung hingegen wird ja nach langer Arbeitslosigkeit oder wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im erlernten Beruf arbeiten kann, angedacht.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Man kann das, wie so oft, nicht pauschal beantworten. es kommt auf den Grad und die Dauer der Unzufriedenheit. Auch im Traumjob gibt's immer Phasen der Unzufriedenheit. Später ist man oft froh, diese Durststrecken überstanden zu haben. Man muss das ganz für sich selber entscheiden, es ist ja das eigene Leben. Manchmal ist es sinnvoll, manchmal nicht. Wenn ich gerade mal einen Monat unzufrieden bin, würde ich noch nicht kündigen und einen anderen Beruf erlernen. Man kommt dann vielleicht vom Regen in die Traufe. Und Geld verdienen muss man ja genauso, wie die Urzeitmenschen auf die Jagd gehen mussten, auch wenn sie keine Lust hatten. Ich kenne niemanden, auch Leute, die in ihrem Job glücklich sind, die nie eine Phase der Unzufriedenheit hatten.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Sicherlich sollte man sich beruflich neu orientieren, wenn man mit seinem Job unzufrieden ist. Allerdings bekommt man keine Umschulung aus diesen Gründen. Denn diese sind Leuten vorbehalten, welche in ihrem erlernten Beruf keine Chance mehr haben. Die Gründe dafür sind recht unterschiedlich, dafür gibt es auch verschiedene Träger für die Kosten einer solchen Maßnahme.

Allerdings kann man sich ja um eine zweite Ausbildung bemühen, wo man eben nochmal ganz normaler Auszubildender ist. Es geht aber auch, dass man ungelernt in einen anderen Beruf einsteigt. Da kann man verkürzt und per Abendschule seinen Abschluss auch nachholen, um dann als Facharbeiter eingestellt werden zu können.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich würde erst einmal im ungeliebten Job weiter arbeiten und mich nebenbei nach etwas umsehen, was ich wirklich machen möchte. Alles ist besser als die Arbeitslosigkeit. Mir ist zwar klar, dass man mit einer lästigen Arbeit nie glücklich wird, doch kann man sich ja nebenbei nach anderen Wegen umschauen. Zudem macht es einen besseren Eindruck, wenn man aus einem Beschäftigungsverhältnis kommt.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich war direkt nach meiner Ausbildung auch sehr unzufrieden mit meinem Job. Da ich aber das Geld brauchte, blieb ich vorerst. Ich habe dann einige Weiterbildungen gemacht (abends) und auch ein Fernstudium. Mit diesen neu erworbenen Qualifikationen war es dann wirklich sehr einfach einen neuen Job zu finden. Wenn man unzufrieden ist, würde ich nicht sofort kündigen, sondern mich abends bzw. am Wochenende weiterbilden.

» Pommeline » Beiträge: 189 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke, man kann diese Frage pauschal nicht beantworten, dass kommt sicherlich darauf an, wo man arbeitet und wohin man gerne wechseln möchte. Wenn man eine relativ sichere Stelle hat, damit aber unzufrieden ist, dann ist es natürlich schon eine riskante Sache, wenn man sich dann etwas aussucht, wo die Jobchancen nicht so pralle sind. Umgekehrt kann es aber ja auch so sein, dass man momentan einen eher unsicheren Job hat und von diesem aus dann in einen sicheren wechseln möchte.

An sich finde ich schon, dass man ruhig eine Umschulung machen sollte, wenn einem der momentane Beruf nicht gefällt, aber das kommt auch auf die weiteren Gegebenheiten an. Ich habe bisher auch schon häufiger von Leuten gehört, die einfach mehr oder weniger ziellos durch das Leben irren und das sieht dann so aus, dass sie schon die Ausbildung oder das Studium abbrechen, weil es nicht gefällt, vielleicht auch noch mehrmals und wenn sie dann endlich doch im Berufsleben gestartet sind, setzt sich dieses Verhalten hier fort und sie stolpern quasi nur so durch das Leben.

Soweit sollte man es meiner Ansicht nach niemals kommen lassen, denn einem sollte von Anfang an klar sein, dass ein Job und eine Ausbildung niemals nur Spaß bedeuten werden. Arbeit ist eben nun mal Arbeit. Klar ist es auch wichtig sich etwas auszusuchen, was einem Spaß macht und wobei man sich jetzt auch nicht großartig quälen muss, aber ich denke, dass so gut wie niemand behaupten kann, dass er immer nur Spaß und Freude an seiner Arbeit gehabt hätte.

Sieht man gute Zukunftschancen für sich, wenn man eine Umschulung macht, dann kann man diese Option ja in Erwägung ziehen, allerdings sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass man hier dann auch gute Jobchancen haben muss, darüber kann man sich aber vorher auch informieren, damit man später nicht auf dem Schlauch steht. Selbst wenn es einen interessiert und man meint, Freude an der Sache zu haben, halte ich eine Umschulung für sinnfrei, wenn es auf dem Arbeitsmarkt nicht so rosig ausschaut, dann würde ich schon eher bei meiner momentanen Arbeit bleiben.

Eine Umschulung ist an sich also sicherlich kein Wahnsinn, aber es gibt einem auch keine Sicherheit, wenn man nicht weiß, was man tut. Wenn man eine sichere Arbeitsstelle hat, dann sollte man schon ein wenig darüber nachdenken, ob man diese aufgeben möchte und ob man nach der Umschulung auch wirklich gute Chancen haben wird. Andernfalls steht man am Ende auf dem Trockenen und hat weder Arbeit, noch etwas von der Umschulung.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich sehe es ein bisschen als Luxus an, wenn man aus einem sicheren Job heraus eine Umschulung machen kann. Immerhin gibt man dann eine sichere Sache auf um sich ins Ungewisse zu schlagen. Das ist schon wirklich nicht gerade ohne. Wobei es mir persönlich auch sehr wichtig ist, mich nicht jeden Tag zur Arbeit schleppen zu müssen. Ich will auch Sachen machen, die mir Spaß machen.

Sicherlich ist es auch eine Frage, was da noch so alles mit dran hängt und ob man sich finanziell überhaupt eine Umschulung leisten kann. Es sind ja vielleicht auch Kinder da, die man versorgen muss oder ein Mann, der auf das Geld angewiesen ist. Das ist nicht so leicht, aber dennoch würde ich immer versuchen Sachen zu machen, die mir Spaß machen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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