Würdet ihr das Kind des Ex-Manns aufziehen?
Die Freundin meiner Cousine war sehr lange mit ihrem Mann verheiratet. Als die Frau mit dem zweiten Wunschkind schwanger war, brach das Traumverhältnis zusammen. Der Mann zog aus und bei seiner Arbeitskollegin ein. Das ist nun knappe acht Jahre her. Der Vater kümmert sich um seine Kinder und zahlt auch regelmäßig Unterhalt. Das Verhältnis zwischen der Freundin meiner Cousine und ihres Ex-Manns kann man mittlerweile als sehr freundschaftlich bezeichnen.
Der Ex-Mann und seine neue Partnerin genossen es viele Jahre nur als Paar zusammen zu leben. Vor einem halben Jahr sind sie nun doch Eltern geworden. Die Kinder lieben ihre Halbschwester abgöttisch. Sie sind auch von Anfang an mit einbezogen worden.
Die Freundin meiner Cousine hat mühsam ihr Studium beendet und versucht seit zwei Jahren beruflich Fuß zu fassen. Nun sind ihre eigenen Kinder aus dem gröbsten raus und sie kann sich intensiver ihrem Job widmen und kann auch mal Hobbys und eigenen Interessen nachgehen.
Nun hatte die neue Frau ihres Ex-Manns einen schweren Autounfall und ist an den Folgen kurz danach verstorben. Der Ex-Mann der Freundin meiner Cousine ist mit der Situation total überfordert. Ein mal hängt er klar in der Trauer drin, denn der Tod kam ja nun wirklich sehr plötzlich. Nun hat er aber auch niemand, der sich um die Tochter zu kümmern. Die Eltern seiner Frau wohnen zu weit weg. Die Schwester der Frau wohnt auch weiter weg und hat selber vier eigene Kinder, von denen eines mehrfachbehindert ist. Sie kann das Mädchen auch nicht versorgen. Die Eltern des Ex.Mann der Freundin meiner Cousine sind beide körperlich und geistig nicht mehr fit. Somit steht der Mann nun alle vor dem Problem.
In seiner Verzweiflung hat er sich nun an seine Ex-Frau gewendet und sie gefragt, ob sie nicht das Kind aufnehmen kann. Er würde sich klar weiter um das Kind kümmern, würde auch Unterhalt bezahlen und so weiter. Die Freundin meiner Cousine ist nun hin und hergerissen. Sie hat gerade einen tollen Arbeitsplatz gefunden und ihre eigenen Kinder sind aus dem Gröbsten raus. Auf der anderen Seite hat sie Sorge, wie ihre Kinder darauf reagieren, wenn sie die geliebte Halbschwester eben nicht aufnimmt. Die Beiden hängen sehr an ihrer Halbschwester.
Ich stelle mir die Situation total schwierig vor und kann verstehen, dass die Freundin meiner Cousine sich unschlüssig ist, wie sie handeln soll. Auf der einen Seite ist es das Kind der Frau, für die ihr Mann sie verlassen hat. Auf der anderen Seite ist sie mit ihrem Ex-Mann mittlerweile wirklich gut befreundet und kann seine Lage verstehen. So würde seine Tochter zumindest in seiner Nähe aufwachsen. Trotzdem war sie ja eigentlich froh, dass ihre Kinder endlich aus dem Gröbsten raus sind und nun müsste sie wieder beim Wickeln und Füttern anfangen, was einen auch klar einengt. Vor allem wenn es nicht das eigene Kind ist.
Könnt ihr den Zwiespalt der Freundin meiner Cousine verstehen? Wart ihr vielleicht schon mal in einer ähnlichen Situation? Wie habt ihr da gehandelt oder wie würdet ihr handeln, wenn euer Ex-Mann euch verzweifelt bitten würde, sein Kind aufzunehmen? Wie weit geht die moralische Verpflichtung in dem Fall? Immerhin wären ja auch die Halbgeschwister betroffen.
Ich verstehe nicht so richtig, warum der Ex-Mann das Kind zu seiner Ex-Frau "abschieben" will, anstatt sich Hilfe zu suchen, um sein Kind bei sich selber aufziehen zu können. Klar ist er momentan noch in der Trauer und überfordert und hat wahrscheinlich einen Vollzeitjob, was das Aufziehen der Kleinen sehr, sehr schwierig macht. Aber mal ehrlich, wie viele Mütter schaffen es, ihre Kinder alleine groß zu ziehen? Warum glaubt der Mann, dies nicht zu schaffen?
An der Stelle der Frau würde ich das Kind nicht aufnehmen. Natürlich ist die Situation schlimm und das Kind kann nichts dafür. Es hat ein Recht auf ein liebevolles Zuhause und seine Familie. Aber die Frau hat nunmal ihr eigenes Leben und sollte dieses auch endlich leben können. Wäre dieser Mann in meinem Freundeskreis, würde ich ihm absagen und ihm raten, sich professionelle Hilfe zu suchen. Elternzeit, Babysitter, früher Krippenplatz, eventuell berufliche Veränderung. Natürlich würde ich ihn dabei auch unterstützen. Aber den Plan, sein Kind woanders aufziehen zu lassen, würde ich bei allem Verständnis nicht unterstützen. Es gibt genug Hilfen für Alleinerziehende.
In an der Stelle der Frau würde das Kind aufnehmen, denn ich hätte einfach Angst, dass das Kind letztendlich ins Heim muss. In einem Heim haben es die Kinder zwar heutzutage richtig gut, aber für ein Kind ist es immer besser, wenn es ein richtiges Zuhause hat und eine Bezugsperson für sich. Ich könnte das Kind nicht ablehnen, da ich Kinder sehr mag. Außerdem kann das Kind ja nichts dafür.
Ich war zum Glück noch nicht in einer solchen Situation, aber ich kann den Zwiespalt der Frau schon verstehen. Hat die Freundin deiner Cousine denn in der Zwischenzeit einen neuen Partner gefunden oder wäre sie dann alleinerziehend? Dann ist das mit dem neuen Job und eigenen Hobbies ja kaum zu schaffen. Aber natürlich verstehe ich auch, dass sie die Halbschwester ihrer Kinder aufnehmen möchte, bevor sie in einem Heim aufwachsen muss. Allerdings weiß ich gar nicht, ob das rechtlich so einfach geht, dass das Mädchen bei ihr aufwächst.
Aber vielleicht ist das ja möglich, wenn der Vater dies so verfügt. Wenn es neben dem Beruf möglich ist, sich um das Kind zu kümmern, dann würde ich es wohl machen. Vielleicht ist es ja auch nur für eine kurze Zeit und der Vater kann nach seiner Trauerphase das Kind wieder aufnehmen. Auf jeden Fall würde ich verhindern wollen, dass das Kind in einem Heim oder bei fremden Menschen aufwächst.
CCB86 hat geschrieben:Ich verstehe nicht so richtig, warum der Ex-Mann das Kind zu seiner Ex-Frau "abschieben" will, anstatt sich Hilfe zu suchen, um sein Kind bei sich selber aufziehen zu können. Klar ist er momentan noch in der Trauer und überfordert und hat wahrscheinlich einen Vollzeitjob, was das Aufziehen der Kleinen sehr, sehr schwierig macht. Aber mal ehrlich, wie viele Mütter schaffen es, ihre Kinder alleine groß zu ziehen? Warum glaubt der Mann, dies nicht zu schaffen?
Ehrlich gesagt kann ich deine Meinung nicht teilen, denn wie soll man als berufstätiger Mann nebenher noch selber ein Kind aufziehen? Das Beispiel mit den Müttern is auch sehr weit hergeholt, denn diese Mütter sind dann zu Hause und arbeitslos und beziehen Hartz IV oder etwas dergleichen. Das ist mit der Situation des Mannes doch gar nicht vergleichbar und etwas völlig anderes.
CCB86 hat geschrieben:Elternzeit, Babysitter, früher Krippenplatz, eventuell berufliche Veränderung.
Bei der Elternzeit kann der Mann nur noch einen Teil seines Gehaltes erwarten, zudem dauert diese Zeit auch nicht ewig und wer weiß, ob das Kind nicht schon alt genug ist, so dass der Vater vielleicht gar nicht mehr in Elternzeit gehen kann. Babysitter machen ihren Job sicherlich nicht zehn Stunden am Stück, einmal abgesehen von den Kosten und ähnlich sieht es mit einem Krippenplatz aus, wo man sein Kind sicherlich auch nicht so lange "abstellen" kann, wie man es vielleicht aus Berufsgründen müsste.
Ich sehe in der Situation des Mannes einige Probleme und hätte an seiner Stelle sicherlich auch einmal die Ex-Frau gefragt. An ihrer Stelle jedoch wüsste ich nicht, was ich täte, denn ein Kind aufziehen zu müssen mit all den Konsequenzen, was es für die Frau auch beruflich bedeuten würde, könnte ich mir nicht vorstellen, zumal es mich sicherlich auch emotional mitnehmen würde, nachdem es das Kind der Frau ist, wofür sie ihr Mann verlassen hat. Auf der anderen Seite wüsste ich nicht, ob mir das Kind Leid täte und ob ich es deshalb aufnehmen würde.
Diese Situation ist echt knifflig und ich denke, dass niemand es sagen kann, wie er reagiert, wenn er nicht selber in einer solchen Situation steckt. Von daher ist es wohl auch sehr schwierig, der Freundin deiner Cousine auch nur irgendeinen Ratschlag zu geben, weil sich eben niemand emotional noch anderweitig in die Freundin richtig hinein versetzen kann.
Die Kinder meines Mannes aus erster Ehe sind ja wesentlich größer, aber ich hätte kein Problem damit mich um sie zu kümmern. Wenn mein Ex-Mann und ich eine freundschaftliche Bindung hätten, würde ich auch sein Kind aufnehmen und versorgen, wenn so ein Notfall eintreten würde. Man muss so eine Versorgung ja nicht langfristig einrichten, sondern als Übergangslösung. Als Abschieben des Kindes sehe ich das nicht, sondern als die im Moment realisierbare Lösung.
Eine Fremdbetreuung von einem Baby kann man ja auch nicht von heute auf morgen langfristig organisieren. Allerdings würde ich die Versorgung nicht allein übernehmen. Da muss schon der Vater seinen Anteil übernehmen. Wobei der Vater ja auch die Möglichkeit hat, die Elternzeit zu nehmen, da die Tochter noch so klein ist. Damit müsste er Betreuung und Job erst mal nicht miteinander abstimmen und bekommt dadurch auch Zeit das auf Dauer zu organisieren.
Ich würde auch dazu tendieren, dass der Mann in Elternzeit geht. Das Kind ist noch klein und die Frau ist gerade gestorben, während sie wahrscheinlich in Elternzeit war. Das ist sicherlich möglich. Sicher hat er noch Trauerarbeit zu leisten und vielleicht hilft ihm die Arbeit dabei. Aber wenn ein Kind involviert ist, muss man da eben selber zurückstecken. Immerhin ist das Kind doch auch das "Vermächtnis" seiner verstorbenen Frau. Ich würde das Kind nicht auch noch verlieren wollen - auch wenn es dann "nur" bei der Ex-Frau ist.
Dass er dann weniger verdient, ist doch mal total egal. Immerhin geht es nur um einen begrenzten Zeitraum. Den wird man ja wohl überbrücken können. Vielleicht kann die Ex-Frau im Zuge dessen eine Weile auf einen Teil des Unterhalts verzichten. Das wäre ein sehr viel kleinerer Gefallen als ein Kind aufzuziehen.
Der Freundin deiner Cousine nun mit einer moralischen Verpflichtung zu kommen, finde ich schon eine leichte Erpressung. Wenn die Exfrau des Mannes nicht arbeiten würde, könnte und würde sie bestimmt sofort zustimmen, das Baby aufzunehmen, da es ja trotz allem ein Halbgeschwisterchen ihrer beiden Kinder ist und diese es sehr lieben. Die beiden Kinder sehen in dem Baby ein hilfloses kleines Wesen, das sie lieb haben müssen und das beschützt werden muss.
Aber hier geht es nicht nur um das Baby. Auch die Freundin deiner Cousine hat das Recht, ihr Leben nun so einzurichten, wie sie es möchte. Der Exmann weiß, dass sie arbeitet und macht ihr trotzdem ein solches Angebot. Das ist nicht richtig. Er kann sich eine Elternzeit nehmen und während dieser Zeit das weitere Vorgehen überlegen und gut organisieren. Nicht nur er ist berufstätig, sondern auch seine Ex. Und diese ist nicht nur als Notnagel zu sehen. Vorübergehend kann er sich an das Jugendamt wenden, die ihm zur Einarbeitung der für ihn ungewohnten Tätigkeit eine Hilfe besorgen, bis er selbständig zurecht kommt.
Als Exfrau würde ich diese Bitte, das Baby großzuziehen, ablehnen. Weil ich nun erst einmal für mich selbst sorgen würde, damit ich wieder richtig in den Beruf hinein käme. Wenn man es nebenbei von ihr erwarten würde, dann müsste es der Vater des Babys genauso schaffen neben seinem Beruf. Aber das bezweifle ich. Bleiben die beiden Kinder, die nicht verstehen würden, wenn die Mutter das Kind nicht aufnimmt. Aber es bleibt zu hoffen, dass das Gespräch zwischen den Eltern unter vier Augen stattgefunden hat, so dass die Kinder keine Ahnung von dem Ansinnen des Vaters haben. Hier stimme ich mit CCB86 überein und verstehe nicht, dass das nicht ankommt. Zeitweise dachte ich, dass dieser Thread doch sehr konstruiert klingt, denn solche Zufälle kann es eigentlich im Leben nicht geben. Aber trotzdem nett gemacht.
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