Keine Leiche gefunden: Nie abschließen können?
Das Thema ist ja gerade im Moment wieder hochaktuell durch die Havarie der Costa Concordia. Immer noch wird verzweifelt nach Menschen im Inneren des Schiffes gesucht, obwohl der Unfall nun schon über eine Woche her ist. Anfangs hoffte man noch man könne vielleicht Überlebende finden, die sich irgendwo in einer Luftblase befinden würden und etwas Nahrung gefunden hätten. Schon ein paar Todesopfer wurden geborgen. Und trotzdem wird noch nach weiteren Leichen gesucht. Taucher suchen weiterhin im Inneren des Schiffes nach weiteren ertrunkenen Passagieren. Den Angehörigen dieser Menschen, die es nicht rechtzeitig in ein Rettungsboot geschafft haben, wird sicher klar sein, dass es inzwischen keine Überlebenschancen mehr gibt, aber dennoch möchten sie die Leiche sehen, um von ihrem Verwandten Abschied nehmen zu können.
Bei Entführungen ist es genauso. Ich habe mir schon Sendungen im Fernsehen angesehen wo Mütter nach Jahren immer noch verzweifelt nach ihren entführten Kindern suchen. Die Kinder wurden schon vor Jahren irgendwo auf der Straße gekidnappt, die Chancen, dass sie noch leben stehen 50:50 und trotzdem geben sie die Hoffnung nicht auf und wenden sich sogar an das Fernsehen, um dort einen Aufruf an alle Zuschauer zu starten. Vielleicht könnte irgendjemand da draußen sein, der etwas näheres weiß und der Familie helfen kann. Viele Eltern glauben dann sicherlich schon an das Schlimmste, aber sie wollen einfach nicht länger im Glauben bleiben, dass ihr Kind vielleicht doch noch leben könnte. Sie wollen die Leiche sehen, sie wollen schwarz auf weiß sehen, dass ihr Kind wirklich tot ist.
Ich denke, wenn man wirklich nie die Leiche eines verschwundenen Verwandten findet, so kann man mit ihm nie so richtig abschließen. Was meint ihr? Denkt ihr, ihr könntet als Angehöriger in einer solchen Situation mit euren vermissten Verwandten wirklich abschließen? Könntet ihr einfach so von ihnen Abschied nehmen nach dem Motto "Das Leben geht weiter"? Wäre es für euch gleich mit einer Beerdigung, wo der Tote im Sarg ins Grab hinunter gefahren wird, auch wenn ihr nicht wisst, wo sich euer Verwandter jetzt im Moment befindet? Oder würde es schon einen Unterschied machen? Würdet ihr in dem Falle eines Schiffsunglücks die Leiche unbedingt zur Sicht bekommen wollen oder würdet ihr euch damit zufrieden geben euren toten Verwandten irgendwo in den Tiefen des Meeres schwimmen zu sehen? Wie glaubt ihr würdet ihr mit einer solchen Situation umgehen?
Wenn Du nie eine Leiche hast und damit auch niemanden beerdigen kannst, wird es schwer werden, damit abschließen zu können. Einige wollen nicht glauben, dass der Mensch wirklich nicht mehr da ist und beginnen in einer Traumwelt zu leben. Ich hatte selber gerade einen Bericht gesehen, wo die Familie erst nach 18 Jahren überlegt, ob sie das Familienmitglied für tot erklären lassen wollen. Dieser Schritt bedeutet dann immer, die letzte Hoffnung noch zu verlieren. Ich glaube nicht, dass man damit abschließen kann. So eine Situation würde aus mir einen anderen Menschen machen und ich glaube nicht, dass ich dann noch richtig am Leben teilnehmen könnte.
Als Betroffener kann man in einer solchen Situation nur versuchen,, täglich weiterzuleben. Gehe ich von dem Schiffsunglück aus wird langsam die Hoffnung schwinden, dass noch jemand lebend geborgen werden kann. Jeder, der einen Freund oder Verwandten vermisst wird wissen, dass es keine Hoffnung mehr gibt. das ist eine schlimme Erfahrung. Die Angehörigen brauchen jetzt Mitgefühl und Trost. Ob sie die Leichen jemals sehen werden, ist fraglich und wenn, müssen sie viel Kraft aufbringen, weil eine Wasserleiche kein schöner Anblick sein wird. Aber sie wissen, wo ihre Angehörigen zu Tode kamen, auch wenn sie ihnen noch nicht die letzte Ehre erweisen können.
Anders sieht es mit den vermissten und gekidnappten Personen aus. Da werden Freunde und Angehörige vielleicht niemals Gewissheit erlangen, was mit den Menschen passiert ist, ob sie ermordet wurden, wenn ja – wo?, wie sie zu Tode kamen und wo die Leiche sich befindet. Vielleicht leben sie noch, können sich aber nicht melden oder leben unter anderem Namen abgeschottet von der Außenwelt. Vielleicht sind sie verschleppt worden in ein anderes Land und werden dort als Sklave gefangen gehalten. Vielleicht haben sie aber auch ihr Gedächtnis verloren. In all den Fällen fehlt den Angehörigen die Gewissheit, ob derjenige noch lebt oder schon längst verstorben ist. Sie können nicht abschließen, ihre Trauer nimmt kein Ende. Die quälenden, immerwährenden Gedanken tragen dazu bei, dass sie sich nicht nur krank fühlen, sondern richtig krank werden. Sie haben keinen Lebensmut mehr und resignieren. Wie oft bittet eine Mutter um ein Lebenszeichen ihres Kindes noch nach vielen Jahren im Fernsehen. Keiner kann einfach leichthin sagen, dass das Leben weitergeht, auch nicht, wenn die Leiche noch im Schiffsrumpf liegt. Ich wäre mit einer solchen Situation überfordert.
Ich glaube, wenn man davon betroffen ist, kann man sich nur noch von Tag zu Tag schleppen. Es ist einfach seelisch sehr schwer mit einem Menschen abzuschließen, der vielleicht noch leben könnte und man hat immer die Hoffnung, dass der geliebte Mensch noch lebt, auch wenn es vielleicht unwahrscheinlich ist.
Ich könnte mit so einer Sache nicht abschließen und würde seelisch wahrscheinlich daran zu Grunde gehen, wenn ich nicht wüsste, was mit dem geliebten Menschen ist. Ich glaube, dass man sich dann auch nicht unbedingt fragt, ob der Mensch tot ist, sondern ob er leiden musste und was er ertragen musste und da ist die Phantasie nicht gerade hilfreich. Zumal man ja dann auch immer wieder Bilder aus dem Fernsehen im Kopf hat von Entführungen, die es ja schon gab.
Naja, im Falle eines Schiffunglücks oder Flugzeugabsturzes oder Ähnlichem, kann man ja ziemlich sicher davon ausgehen, dass die vermisste Person nicht mehr lebt. Und natürlich ist es befremdlich, wenn die Leiche nicht gefunden wird und sie somit keinen festen Ort hat. In meiner Einstellung ist tot aber tot und es macht keinen Unterschied, ob die Leiche von Fischen oder in der Erde von Würmern gefressen wird, also ob sie begraben ist oder nicht. Ich denke schon, dass ich in dem Fall damit abschließen könnte - einfach weil es keine realistische Hoffnung gibt, dass die Person überlebt hat.
Wenn eine Person aber einfach so ohne jeden Anhaltspunkt verschwindet, würde mich das mit Sicherheit überfordern. Ich denke da nur an Tanja G. aus meiner Stadt, die seit über 6 Jahren spurlos verschwunden ist. Das Ganze ging jahrelang immer wieder durch die Medien, Freunde und Familie haben immer wieder nach ihr gesucht und auch heute hängen hier in den Polizeistationen noch die Plakate, wo nach Hinweisen gesucht wird. Von außen halte ich es für falsche Hoffnung, dass man immer noch glaubt, die irgendwann mal zu finden. Und ich glaube auch nicht mehr daran, dass die noch lebt. Aber ich kann verstehen, dass die Familie und Freunde sowie die Kripo nicht aufgeben wollen.
Was sollen sie denn auch machen? Diese völlige Ungewissheit würde mich wohl fertig machen und wahrscheinlich ist in dem Fall selbst die Gewissheit des Todes der Person eine echte Erlösung. Denn leider sind ja die Fälle, wo ein Mensch nach Jahren plötzlich wieder auftaucht, doch sehr selten. Aber es gibt sie. Und ich könnte gar nicht anders, als zu hoffen, dass auch "mein" Mensch irgendwie irgendwann gesund wieder kommt.
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