Keine Wohnung vom Staat - Warum?

vom 01.11.2013, 15:45 Uhr

Wir waren eben in der Stadt unterwegs, und sind wieder auf einige Obdachlose getroffen, dabei habe ich mich gefragt, ob diese Menschen keine Wohnung bezahlt bekommen würden, oder ob sie freiwillig auf der Straße leben, weil sie keine Almosen vom Staat haben möchten. Ich meine, wer schläft schon freiwillig auf der Straße, und möchte für Lebensmittel betteln.

Bekommen die Obdachlosen wirklich keine Hilfe? Hier in Deutschland denkt man doch immer ein Gang zum Sozialamt würde reichen. Und warum bekommen sie keine, kennt ihr dir Gründe dafür? Ich finde es ganz schlimm, das anzusehen.

» laraluca » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 9,76 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Manche Obdachlose sind freiwillig auf der Straße, manche nicht. Man bekommt natürlich eine Unterkunft, aber diese Unterkünfte nicht nicht besonders schön. Man muss sie sich auch im Normalfall mit mehreren Leuten teilen und oft ist der Geruch nicht sehr angenehm, sodass es selbst draußen angenehmer ist, zumindest, wenn es nicht zu kalt ist.

Viele derjenigen, die auf der Straße leben, sind süchtig oder psychisch krank. Es ist eine Schande, aber man kann die Leute auch nicht zwingen, sich helfen zu lassen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Nicht alle Obdachlose haben ein Anrecht auf eine eigene Wohnung. Sie schämen sich eventuell auch vor einem Gang zum Sozialamt. Viele werden ja dann auch abgespeist damit, dass sie kein Anrecht haben. Wer möchte denn auch gerne mit solchen Menschen reden oder ihnen helfen. Viele bekommen ja auch keine Wohnung, weil sie eben keine Arbeit aufweisen können. Ohne Arbeit bekommt man keine Wohnung und ohne Wohnung ist es schwer eine Arbeit zu erhalten. So ist es eben.

Es gibt wohl auch hier in meiner Stadt ein Obdachlosenheim, aber man muss auch dazu sagen, dass es pro Tag an die 3 Euro wohl kostet. Sie können sich dann dort eine warme Mahlzeit abholen und dort übernachten. Sie dürfen dann dort auch mal duschen. Dies sind natürlich generell nur Vorteile, aber man muss als Obdachloser auch an dieses Geld kommen. Und damit fangen ja oftmals auch die Probleme an. Entweder geben diese Obdachlosen das Geld eher für Bier aus, weil sie eben süchtig danach sind, oder man gibt ihnen kein Kleingeld, weil man sie als "Abschaum" bezeichnet, wobei dies jeden normalen Bürger passieren kann, dass man so absinkt.

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wer in Deutschland auf der Straße lebt und das nicht wegen irgendwelcher Lebenseinstellungen, der hat einfach viel versäumt. Eine Wohnungsräumung kommt nicht über Nacht, wenn man seine Miete nicht mehr bezahlen kann. Es bestand als die Chance staatliche Hilfe zu beantragen oder eben eine günstigere Wohnung zu suchen.

Aber viele dieser Obdachlosen haben diese Möglichkeiten nicht genutzt. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Scham über Unwissen bis hin zu Unvermögen. Insgesamt ist es aber so, dass in Deutschland niemand auf der Straße leben muss. Auch wenn man nicht unbedingt eine eigene Wohnung bekommt, gibt es eben noch mehr Möglichkeiten, wo man zumindest zeitweise unterkommen kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Es gibt ja zwei Wege, auf denen wir das Pferd hier jetzt aufzäumen können. Warum landet irgendjemand auf der Straße? Und warum kann er nicht wieder weg von der Straße?

Für Fall 1 gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Viele werden z.B. schon in jungen Jahren obdachlos, weil man von unter 25jährigen erwartet, dass sie bei den Eltern wohnen können. Dies ist aber nicht immer der Fall. Oder man wird eben aus seiner Wohnung rausgeschmissen und hat sich nicht frühzeitig gekümmert. Oder falsch gekümmert. Es gibt ja zahlreiche Bedingungen, die für die Übernahme der Mietkosten einzuhalten sind. Ist die Wohnung zu groß, zahlt das Amt nach sechs Monaten nicht mehr. In der Zeit muss man eine neue, kleinere Wohnung gefunden haben oder muss drauf zahlen, was viele nicht können.

Ich denke aber hier geht es eher um Fall 2; darum, warum die Obdachlosigkeit nicht mit staatlicher Hilfe wieder beendet wird. Und das Problem habe ich so verstanden: Wenn man obdachlos ist, bekommt man kein Hartz IV, weil man ja ohne festen Wohnsitz keinem Amt zugeordnet werden kann. Ein fester Wohnsitz wäre auch ein Obdachlosenheim. Dort muss man dann ausharren, bis eine Sozialwohnung frei wird. Da die ja auch nicht in unbegrenztem Umfang zur Verfügung stehen, kann das schon sehr lang sein.

Und während diesem Zeitraum packen viele das Leben im Obdachlosenheim nicht. Zusammengepfercht mit anderen, Streit, Diebstahl, die Bevormundung durch die Sozialarbeiter, Alkoholverbot. Da ziehen sie es dann doch lieber vor, frei auf der Straße zu leben und Leuten, die sie nicht mögen, aus dem Weg gehen zu können.

Und sollten sie eine Wohnung bekommen, schaffen viele auch das nicht. Denn die Bevormundung und die Kontrollen hören ja nicht auf. Und die fände ich als erwachsener Mensch generell schwer zu ertragen. Als einer, der über Jahre wirklich niemanden Rechenschaft schuldig war, ist es sicher noch schwieriger.

Das Ganze verlangt nach ganz schön viel Kämpfen. Das ist zum einen schwer, wenn man Alkoholiker ist, psychische Probleme hat oder ähnliches. Zum anderen fällt es schwer, weil es dafür gar keinen richtigen Grund gibt. Denn der einzige Grund wäre man selber. Es gibt kein "Ich muss das tun, wegen meinen Kindern". Die sind meist schon lange nicht mehr in ihrem Leben. Und man selbst ist einem nicht mehr so viel wert, wenn man ein Mal so weit unten ist.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Es ist sicher nicht so einfach, dass man einfach zum Sozialamt spaziert und mit dem Schlüssel für eine Wohnung in der Hand wieder rauskommt. Erstens mal werden nicht alle Gemeinden so viele Sozialwohnungen zur Verfügung haben, dass sie jedem sofort eine geben können. Zweitens überlegt sich vielleicht auch das Sozialamt, wem es eine Wohnung überlässt und wem nicht. Manche Obdachlose sind wahrscheinlich gar nicht mehr dazu imstande, eine Wohnung entsprechend in Ordnung zu halten. Und was bringt es, jemandem eine Wohnung zu Verfügung zu stellen, die er am Ende nur zumüllt? Das muss dann nur wieder renoviert werden.

Ich kenne mich da nicht wirklich aus, aber ich denke, dass erstmal kein Weg daran vorgeht, in die Obdachlosenunterkunft zu gehen. Ob jemand die Chance bekommt, eine Sozialwohnung zu erhalten, hängt dann vielleicht auch davon ab, wie derjenige sich dort verhält.

Es gibt auch Obdachlose, die gar keine Wohnung haben wollen, weil sie sich damit schlicht und einfach überfordert fühlen würden. Die haben sich eben so an ihr Leben auf der Straße gewöhnt, dass sie sich nichts anderes mehr vorstellen können. In manchen Obdachlosenunterkünften sind die Zustände aber sicherlich auch so schlimm, dass man lieber wieder davonläuft, als dort auf eine freie Wohnung zu warten.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Was ist denn das für eine weltfremde Sicht auf die Obdachlosigkeit, welche sich in manchen Antworten herauslesen lässt? Obdachlosigkeit ist NIE Freiwillig. Es gibt natürlich Menschen, welche sie nur besitzlos frei fühlen und auch an warmen Sommertagen gerne im Schlafsack draußen schlafen wollen. Aber natürlich würden diese Menschen liebend gerne die Nächte in Hotelzimmern verbringen! An Orten, die warm, trocken, selbstbestimmt und sicher sind. Keiner quält sich "freiwillig" bei -20° und Schneefall an einer Hauswand und mit Pappkartons bewaffnet durch die Nacht.

Dann darf nicht vergessen werden, dass Wohnungen privat vergeben werden. Wer hier - aus welchen Gründen auch immer - in Zahlungsschwierigkeiten kommt, kann gerichtlich erzwungen (dann von Vollstreckungsbeamten begleitet) die Wohnung "verlieren". Eine staatliche Unterkunft gibt es natürlich nicht. Was auch eine sehr romantische Vorstellung wäre. Vielmehr gibt es Notunterkünfte! Aber jetzt ist es so, dass diese so gestaltet sind, dass die Menschen die praktisch alles Verloren haben lieber draußen bleiben, als in so einer Notunterkunft den Rest der Habe zu verlieren! Das hat nichts mit dem "Stolz" zu tun, dass man nicht zum "Sozialamt" gehen wollen würde. Und dann darf nicht vergessen werden, dass gar nicht alle Obdachlosen überhaupt ein Anrecht auf einen Platz in einer Notunterkunft haben. Lieber lässt man Menschen draußen schlafen (obwohl Plätze frei wären), als jemanden unberechtigt in die Notunterkunft zu lassen.

Letztlich brauchen die Menschen dann auch in aller Regel zeitintensive Betreuung. Es hilft nicht viel, hier auf theoretische Hilfen zu verweisen, wenn Menschen damit überfordert sind, Formulare auszufüllen oder gar herauszufinden, wer jetzt zuständig ist. Denn auch bei Obdachlosen ist der zu betreibende Aufwand für die Betroffenen groß, Hilfe zu beantragen. Das schreckt zusätzlich ab!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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