Verwerflich, bestimmte Untermieter nicht zu nehmen?

vom 03.11.2013, 11:29 Uhr

Ich vermiete wieder eines meiner Zimmer unter, weil eine meiner Untermieterinnen ihr Praktikum beendet hat und demnächst auszieht. Ich habe eine Anzeige geschaltet und sehr viele Zuschriften bekommen. Zuerst einmal habe ich aussortiert. Dabei habe ich teilweise mit Erschrecken festgestellt, dass ich voller Vorurteile stecke, und habe auch ausführlich mit meinem Sohn darüber diskutiert. Er hat mich dann aber beruhigt und gemeint, dass ich bei Untermietern, die quasi mit mir zusammen wohnen und teilweise dieselben Räume benutzen, sehr wohl andere Maßstäbe anlegen darf, als wenn ich eine separate Wohnung vermiete.

Dass ich die Männer aussortiere, ist verständlich, da die Untermieterinnen ein gemeinsames Bad benutzen und der einen Untermieterin ein Mann schwerfallen würde, was ich akzeptiere. Das Alter kann ich auch noch vor mir rechtfertigen, denn ich möchte ja, dass die Untermieterinnen sich möglichst verstehen. Das ist wahrscheinlicher, wenn sie gleich alt sind.

Aber jetzt kommt das Problem. Es hat sich eine Interessentin gemeldet, die Mexikanerin ist und Model als Beruf angibt. Sie schreibt zu ihrem Charakter, dass sie temperamentvoll ist und sich darauf freut, deutsch zu lernen und viel mit mir zu sprechen. Ich habe wirklich schwer mit mir gekämpft, weil ich mich selber als tolerant ansehe und gerade auch Ausländern helfen möchte, sich hier wohl zu fühlen. Ich habe dann trotzdem abgesagt, weil mir Model als Beruf zu wenig aussagekräftig ist und ich in meiner Annonce eigentlich geschrieben hatte, dass es für mich eine reine Zweck-WG ist. Meine Untermieterinnen können gerne ein WG-Leben führen, aber ich ziehe mich zurück und nehme nicht daran teil -genau so habe ich es geschrieben. Außerdem nerven mich sehr temperamentvolle Menschen auf Dauer, da ich vom Naturell her eher das Gegenteil bin.

Ist diese Absage verwerflich? Kommen da unterbewusste rassistische Vorurteile zu Tage? Ich bitte um ehrliche Antworten.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Nimm doch mal den Fakt weg, dass es sich um die Bewerberin um eine Mexikanerin handelt. Allein die Tatsache, dass du keinen engeren Kontakt mit deinen Untermietern möchtest, sie das aber gleich wünscht, ist doch ein Grund sie abzulehnen. Das hat weder etwas mit Rassismus, noch mit Vorurteilen zu tun. Sondern einfach damit, dass du andere Vorstellung zur Vermietung des Zimmers hast, als eben die Bewerberin.

Somit brauchst du dir keine Gedanken machen, weil du eben diese Bewerberin ablehnst. Wobei du dich dafür auch bei niemanden rechtfertigen musst. Und Herkunft, sowie Beruf spielen bei der Entscheidung eine geringe oder gar keine Rolle.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


So wie du es hier schreibst, hast du doch gute Begründungen, warum du das Mädchen abgelehnt hast. Demnach hättest du auch ein deutsches Mädchen, das Model ist und sich viel unterhalten will, abgelehnt. Du musst wissen, ob das jetzt nur Ausreden sind.

Ich habe mal einen Mitbewohner gesucht und dabei hat sich neben den üblichen Studenten auch ein junger Mann beworben, der einen arabischen Hintergrund hatte. Ich habe im "arabischen Viertel" gewohnt, daher war es nicht wirklich eine Überraschung. Aber ich habe letztlich einem anderen Bewerber den Vorzug gegeben. Und das ohne wirklichen Grund. Und obwohl ich sogar Arabistik studiert habe. Ich war einfach unsicher, ob wir zusammenpassen würden und wie es wäre, wenn seine Kumpels vorbeikommen.

Ich bin wirklich nicht stolz darauf und war auch traurig über meine Reaktion. Aber als Rassismus würde ich es nicht bezeichnen. Angst und Unsicherheit kann man trotz Toleranz haben. Die Unterschiede in der Mentalität zu verleugnen, wäre ja auch nur unehrlich. Ich finde es geht darum, dass jeder Mensch gleich viel wert ist, nicht, dass wir alle gleich sind. Denn das sind wir nicht.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich finde dein Verhalten auch nicht rassistisch und würde an deiner Stelle keine Gewissensbisse haben. "Model" ist für mich auch kein sicherer Beruf, der jeden Monat ein festes Gehalt gewährleistet und ich würde so eine Kandidatin erst akzeptieren, wenn sie mir nachweisen könnte, dass sie auf Fashion Weeks mit läuft. Und ehrlich gesagt käme ich persönlich mit jemandem, der von sich selbst behauptet, temperamentvoll zu sein, nicht als Mitbewohner zurecht. Das ist für mich nur eine Beschönigung von zickig oder launisch.

Im Übrigen ist die WG-Suche in Großstädten ein richtiger Kampf und da muss man nun mal nach Ausschlusskriterien suchen. Ich selbst hatte auch mit einem Haufen Vorurteilen zu kämpfen, als ich nach WG-Zimmern gesucht habe. Weil ich Bafög bekomme, wollten mich viele nicht, weil man mir unterstellte, meine Eltern hätten kein Geld, um für mich zu bürgen. Und weil es ja mein Erststudium sei, könnte es sein, dass es mir nicht gefalle und ich abbreche. Diese Vorurteile gehen mir auch auf die Nerven, weil mir mein Studium erstens sehr gefällt und ich mit dem mir zur Verfügung stehendem Geld locker über die Runden komme.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich sehe es so wie dein Sohn, dass es völlig verständlich ist, dass du an einen Untermieter andere Ansprüche hast, als wenn du eine ganze Wohnung vermietest. Bei einer Wohnung ist man ja in der Regel nicht dabei und es kann einem egal sein, wie temperamentvoll ein Mieter ist, solange er andere Mieter nicht stört. Aber wenn man in der Annonce schreibt, dass man sich zurück ziehen möchte und dann jemand kommt, der sich gerne unterhalten möchte, um die deutsche Sprache zu erlernen, dann ist es doch völlig verständlich, wenn man so jemandem dann absagt.

Auf keinen Fall finde ich, dass es irgendwie rassistisch wirkt, dass du dieser Frau dein Zimmer nicht vermieten möchtest. Immerhin hast du ihr doch nicht abgesagt, weil sie Mexikanerin ist. Im Gegenteil, du hast doch geschrieben, dass du Ausländern helfen möchtest, damit diese sich hier wohl fühlen. Und nur, weil du mit diesen Menschen dann nicht auch zusammenleben möchtest, heißt das doch noch lange nicht, dass du rassistische Vorurteile hast und darum dieser Frau das Zimmer nicht vermietest.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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