Windelwechseln als Wartegrund auf die Wahlkabine OK?
Laut Radio hat neulich eine Frau in der Wahlkabine nicht nur gewählt, sondern auch ihrem Baby die Windel gewechselt. Eine andere Frau hätte, weil das zu lange dauerte, dort hineingesehen. Dafür wurde sie ermahnt, weil sei die geheime Wahl gestört hatte. Die Frau zeigte kein Verständnis und meinte, die Frau mit dem Baby gehörte ermahnt, weil die die Wahl blockierte.
Für wen zeigt Ihr mehr Verständnis? Ist die Frau, die unverhältnismäßig länger warten musste, die zu Bemitleidende oder diejenige, die dort Windeln wechselte oder dies auch am WC hätte erledigen können?
Beide haben sich unmöglich verhalten. Die Wahlkabine darf nicht zweckentfremdet werden. Dort Windeln wechseln geht gar nicht. Andererseits darf man natürlich nicht in die Wahlkabine hineinschauen. Das verletzt das Wahlgeheimnis. Man darf sich in der Wahlkabine so lange aufhalten, wie man braucht, und das kann durchaus sehr lange dauern, wenn man sich alles genau durchliest und noch überlegt.
Für mich ist das ein klassischer Fall von Alltags-Egoismus, der nur allzu oft vorkommt: "Mein Kind hat in die Windeln gekackt, also haben meine Bedürfnisse Top-Priorität vor allen anderen". Dass die Leute, die nach dieser Person die Wahlkabine benutzen müssen, höchstwahrscheinlich mit Urin- oder Fäkalienspuren konfrontiert werden, ist ja so was von egal. Ich halte es sowieso für eine Unsitte, irgendeine Form des Umgangs mit Urin und Kot außerhalb einer Toilette abzuhandeln, und dazu gehört auch Windelnwechseln. An der Front ist bei mir also weder "Mitleid" noch Verständnis zu erwarten.
Andererseits hat sich die andere Person auch nicht besonders geschickt verhalten. In die Wahlkabine zu spähen geht einfach nicht. Sonst könnten wir uns das ganze Theater mit den Trennwänden und den Wählerlisten gleich sparen und unsere Volksvertreter auf Zuruf wählen. In einer ähnlichen Situation hätte ich mich wohl an den Wahlhelfer gewandt mit der Frage, was man da tun könne. Oder ich hätte eben augenrollend gewartet und der Person, die in der Wahlkabine Windeln gewechselt (noch mal: Igitt!), Mails gecheckt oder Brotzeit gemacht hätte, einen extra giftigen Blick zugeworfen.
Auf eine offene Konfrontation hätte ich mich sowieso nicht eingelassen: Leute, denen ihre Mitmenschen so offensichtlich egal sind, stellen meistens auch fiese und unfaire Gegner beim Wortgefecht dar.
Sicherlich hat sich die Mutter da nicht sehr geschickt verhalten. Allerdings kennt man eben die anderen Umstände nicht und weiß nicht, ob sie denn in einem Nebenraum hätte die Windeln wechseln können. Und wenn ein Baby halt genau dann die Windeln voll hat, dann handeln die meisten Mütter eben auch. Ich hatte einen Kinderwagen mit Tragetaschen und habe auch schon darin mitten in einem Fastfoodrestaurant einer meiner Töchter die Windeln gewechselt.
Eine andere Möglichkeit gab es dort nicht und ehe mir das Kind den ganzen Laden zusammen brüllt, wechsle ich dann eben an Ort und Stelle die Windel. Das hat auch mit Respekt gegenüber seinem Kind zu tun, dass man es nicht in der vollen Windel lässt bis es schon zum Kragen raus quillt. Wobei ich in dem Fall des Wahllokals eher gefragt hätte, ob man eben ein stilles Eckchen für diese Prozedur hat.
Dass die andere Frau einfach in die Wahlkabine geschaut hat, kann man unterschiedlich sehen. Je nach Abgrenzung kann man ja nicht mal die Beine sehen und wenn es eben ungewöhnlich lange dauert, dann macht man sich vielleicht auch Gedanken, ob die Person vielleicht ein Problem hat.
Gerbera hat geschrieben:Für mich ist das ein klassischer Fall von Alltags-Egoismus, der nur allzu oft vorkommt: "Mein Kind hat in die Windeln gekackt, also haben meine Bedürfnisse Top-Priorität vor allen anderen"..
Ich denke einmal, dass du keine Kinder hast, denn ansonsten würdest du vermutlich anders reden. Natürlich haben diese Bedürfnisse einen Stellenwert, den andere nicht beurteilen können. Ein quengelndes Kind ist oft nicht nur für die Mutter unerträglich und zudem kann es sein, dass der Kot Entzündungen am Popo des Babys hervorruft und das schon nach sehr kurzer Zeit.
Gerbera hat geschrieben:Dass die Leute, die nach dieser Person die Wahlkabine benutzen müssen, höchstwahrscheinlich mit Urin- oder Fäkalienspuren konfrontiert werden, ist ja so was von egal.
Dass das Windeln wechseln allerdings wohl in der Wahlkabine stattfand, finde ich auch nicht in Ordnung, wenn auch aus anderen Gründen wie du, denn Fäkalien oder Urin werden sicherlich nicht mehr zu finden sein. Dafür gibt es Unterlagen und auch aus den Windeln kommt normalerweise nichts heraus. Aber dass dadurch die anderen Leute warten mussten, finde ich nicht in Ordnung. Klar muss die Windel gewechselt werden, aber das hätte sicherlich auch abseits der Wahlkabine stattfinden können. Da gebe ich dir ganz Recht.
Gerbera hat geschrieben:Ich halte es sowieso für eine Unsitte, irgendeine Form des Umgangs mit Urin und Kot außerhalb einer Toilette abzuhandeln, und dazu gehört auch Windelnwechseln.
Nein, da hast du komplett Unrecht, denn nicht immer ist eben eine Toilette vorhanden, zumal diese eine Wickelvorrichtung enthalten muss, da man sonst nicht Wickeln kann. Man kann auch durchaus auf Parkbänken, auf dem Rasen, auf dem Boden oder sonst wo wickeln. Oder auch einen kurzen Weg nach Hause in Kauf nehmen. Ich habe meine beiden Kinder auch überall gewickelt. Allerdings habe ich es immer so gemacht, dass es die übrigen Leute um mich herum so wenig wie möglich belästigt hat. Wenn die Frau das auch so gemacht hätte, dann wäre es bestimmt nicht zu dieser heiklen Situation gekommen, wo die hinein schauende Frau ermahnt wurde.
Grundsätzlich stört es mich ja wenig, wenn jemand sein Kind wickelt, wo auch immer. Wenn ein Baby gewickelt werden muss, dann muss man das eben manchmal auch an Orten tun, die unpassend erscheinen. Allerdings muss das nun wirklich nicht unbedingt eine Wahlkabine sein. Das hält nun einmal schlicht und ergreifend den Betrieb auf und daran sollte man schon denken. Da kann man nun wirklich nach dem Wählen einfach aus der Kabine gehen und sich einen Ort suchen, wo man wickeln kann. Insofern finde ich das Verhalten unangebracht.
Unangebracht ist es nun einmal aber auch, wenn man einfach in eine Kabine schaut. Sowas geht einfach nicht. Da müsste man höchstens mal jemanden darauf aufmerksam machen, dass das eben in der Kabine ungewöhnlich lange dauert. Aber man kann da nicht einfach mal selber rein sehen. Die Mutter des Babys hat sich sicherlich gedacht, dass das ein guter Ort ist. Es schaut keiner zu und sie hat ihre Ruhe. Das ist ja auch richtig, aber wie gesagt, man sollte eben auch Rücksicht darauf nehmen, dass auch noch andere wählen müssen oder wollen und die vielleicht nicht grenzenlos viel Zeit darein investieren wollen.
Einfach die Tür zur Wahlkabine aufzumachen, finde ich hier schlimmer. Die Person, die das gemacht hat, hat ja gar nicht gewusst, dass die Wahlkabine gerade zweckentfremdet wird. Dort hätte tatsächlich auch jemand sitzen könne, der minutenlang grübelt, wo er denn nun seine Kreuzchen setzen soll. Wenn jemand ewig nicht mehr rauskommt, kann man ja auch einem Wahlhelfer Bescheid sagen, der dann eventuell mal klopft und dezent nachfragt, was los ist.
Ich wäre sicherlich nie auf die Idee gekommen, während dem Wählen noch mein Kind zu wickeln, aber das liegt vielleicht auch daran, dass wir in unserem Wahllokal keine Kabinen haben, sondern einfach nur Tische mit einem Sichtschutz, da wäre das ein bisschen sehr auffällig. Natürlich ist das ein ziemlich unpassendes Verhalten von dieser Mutter, aber wenn die Windel voll ist, muss sie eben gewechselt werden. Ich habe das Wahllokal und dessen Umgebung nun nicht gesehen und kann deshalb nicht sagen, ob sie ihr Kind nicht auch woanders hätte wickeln können. In der Toilette, sofern überhaupt eine da ist, die Windel wechseln geht im übrigen sehr schlecht, wenn dort kein Wickeltisch steht. Man muss das Baby schließlich irgendwo hinlegen können und der Klodeckel ist dafür nun wirklich nicht geeignet.
Ich habe eigentlich keine Seite im Internet gefunden, wo das stehen würde, ob das nun erlaubt oder verboten wäre! Es wurden diverse Beispiele in den Medien gezeigt, wie Katze und Hund in der Wahlzelle oder ein Maskottchen, was alles erlaubt war. Wahrscheinlich kommt so etwas auch nicht so häufig vor, denn ich glaube auch nicht, dass so viele alleinstehende Frauen mit einem Kleinkind wählen gehen.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-224961.html
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