Wie definieren Jugendliche das Chillen?

Wenn ich mir die Jugendlichen in meinem Umfeld anschaue, heißt es oft, sie wollen einfach nur chillen. Ich würde es so definieren, dass sie sich einfach nur ausruhen wollen, wobei ich mich frage, wovon sie sich ausruhen wollen. Ansonsten wäre es wohl einfach nur herumhängen oder abhängen. Aber etwas Produktives kommt da auch nicht raus.

Denke ich an meine Jugendzeit zurück, war das Herumhängen schon Thema, aber man war wohl doch auch aktiv. Es wurden zumindest auch mal Bücher gelesen oder man hat sich mit anderen getroffen, mit denen etwas unternommen, war unterwegs, man hat sich aber nicht angeschwiegen oder gemeinsam Musik gehört.

Sind nur die Jugendlichen aus meinem Umfeld so einfach gestrickt beziehungsweise zu schwer zu motivieren, oder kennt Ihr es auch? Wie kann man solche Jugendliche zum Aufraffen zu bewegen?

Ich würde dieses "Chillen" tatsächlich eher als "Abhängen" definieren. Jedes Mal, wenn ich das Wort höre, muss ich an folgende Situation denken: Ich arbeitete in einer Jugendhilfeeinrichtung und ein junges Mädel - notorische Schulverweigerin - murmelte jeden Morgen, wenn man sie weckte nur "Ja, ich steh' gleich auf, ich muss erst noch chillen!" (Natürlich stand sie dann nie auf.) In der von ihr verwendeten Form war "Chillen" also auf jeden Fall mit "Nichtstun" gleichzusetzen.

Ich gebe Dir recht, zumindest wirkt das Ganze auf Außenstehende ganz und gar nicht produktiv. Ich weiß nicht, ob Jugendliche heutzutage wirklich weniger Interessen haben, ob so etwas wie Lesen, Fahrradausflüge etc. wirklich komplett "out" sind - oder ob die Wichtigkeit des "Chillens" an etwas anderem liegt. Es könnte damit zusammenhängen, dass Jugendliche (wie alle Menschen) heutzutage viel mehr täglichen Einflüssen und Reizen ausgesetzt sind, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Fast jeder hat praktisch überall sein Smartphone oder Tablet dabei und ist damit ständig vernetzt, bekommt ständig E-Mails, SMSen, Updates über WhatsApp und so weiter und so fort.

Womöglich wirkt sich diese ständige Reizüberflutung insbesondere auf Heranwachsende so aus, dass sie einfach mal abschalten, eben "abhängen" und beispielsweise nur Musik hören und mit ihren Freunden zusammen sitzen wollen - weil es ihnen sonst alles zu viel wird. Das ist natürlich nur eine Theorie. Jedenfalls ich denke mit Sicherheit nicht, dass die heutigen Jugendlichen in irgendeiner Weise "schlechter" oder fauler sind, als etwa die Jugendlichen vor dreißig oder vierzig Jahren.

Ich sehe "chillen" ebenfalls einfach als Synonym für "abhängen" an. Wenn ich hier am Laptop sitze und etwas bei Talkteria schreibe, ist das für mich auch nur eine Form des Chillens, da ich ja nicht wirklich aktiv bin und etwas produktives tue. Wenn meine Freunde und ich uns treffen, dann "chillen" wir auch, indem wir uns ein Glas Sekt genehmigen, Musik einschalten und uns unterhalten. Das sind für mich alles Formen des Chillens. Na klar kann "chillen" auch nichts tun bedeuten und heißt, dass man nur auf der Couch gammelt, während nebenher Musik läuft. Aber wenn du in Zukunft von jungen Leuten hörst, dass sie zusammen chillen, kannst du davon ausgehen, dass sie dabei schon mit einander kommunizieren. Da fällt mir noch ein, dass "einen chillen" auch kiffen bedeuten kann.

"Chillen" kann man da rech weitläufig interpretieren. Ich persönlich sage auch oft, dass ich mal eine Runde chille, aber dennoch etwas nebenbei erledige. Meistens läuft dann alles etwas ruhiger und entspannter ab. Zum Beispiel schreibe ich dann ein wenig bei Talkteria oder kümmere ich um den Haushalt. Auch wenn ich mal einen Abend etwas mehr an meiner Konsole hänge, dann bezeichne ich auch das als "chillen".

Wenn ich ein paar Freunde von mir anschaue, dann besteht bei denen "chillen" wirklich richtig aus faulenzen. Da wird sich auf das Sofa geschwungen und Bier getrunken und nebenbei geredet. Das ist ja auch schön und muss auch mal sein, aber eben nicht zu oft, wie es hier leider gerne mal vorkommt. Irgendwo braucht man schon seine Erholung. Wer einen langen und anstrengenden Tag hat, der kann sich so etwas schon mal gönnen und da ist es in meinen Augen auch gerechtfertigt.

Ich weiß, welche Gruppe von Personen du hier ansprichst. Zum Glück kenne ich nur wenige solcher Leute, aber es gibt schon einige davon. Man muss aber auch hier erwähnen, dass man dies nicht verallgemeinern kann, gemäß dem Motto:"Die Jugend von heute ist einfach nur faul". Das ist falsch, wenn es auch auf einige zutrifft. Diese hängen dann lieber mit ihren Freunden ab und haben kein Interesse an Schule oder Arbeit. Dies definieren sie dann als "chillen". Der Begrifft wird also recht weitläufig verwendet.

Ich denke, dass Chillen wirklich mittlerweile einfach als abhängen bezeichnet werden kann. Dabei muss man dann auch nichts machen. Ich finde nicht, dass es verschwendete Zeit ist. Immerhin müssen Jugendliche sich ja auch mal ausruhen, die Schule, das viele Lernen und der Rest kann auch Stress sein, auch wenn man das als Erwachsener nicht sieht. Die Zeit "sinnvoll" nutzen kann man doch später immer noch.

So wie du es definierst, ist es glaube ich nicht ganz richtig. Es bedeutet zwar schon im weitesten Sinne "sich ausruhen", "abhängen", aber wenn du den Vergleich mit Bücher lesen, was du während deiner Jugendzeit getan hast, heranziehst, könnte das bei einem Jugendlichen auch unter chillen verstanden werden.

Beim chillen geht es einfach darum, die aktuelle Lage (egal ob angespannt oder nicht) zu entspannen. In der Schule wäre es demnach "chillig" eine Stunde früher nach Hause gehen zu können und Hausaufgaben wären chillig, wenn es einmal nicht so viele oder zumindest nicht so schwierige wären. Es geht nicht prinzipiell darum gar nichts tun zu müssen.

Ich benutze "chillen" auch sehr oft. Ich drücke damit aus, dass ich alles etwas ruhiger angehen lasse oder ich einfach mal ein Tag zu hause sitze und nichts tue. Für mich ist chillen etwas schönes, es hat etwas mit ausruhen zu tun. Man nimmt sich den Tag nichts vor und nimmt sich einfach mal Zeit für dich und um über Dinge nach zu denken.

Ich benutze den Begriff des Chillens nicht oft, weil ich finde, dass er nicht wirklich in mein sonstiges Vokabular passt, außerdem scheint er in meinem Freundeskreis offenbar nicht üblich zu sein und daher kaum verwendet zu werden. Dennoch würde ich ihn nicht unbedingt mit "abhängen" übersetzen, das hat für mich immer einen negativen Touch und erinnert in der Tat an Zeitverschwendung. Warum nicht ein wenig neutraler und offener formulieren und übersetzen, dass man eine ruhige Zeit verbringen möchte?

Ich denke, diese Interpretation deckt die Bandbreite des Begriffs viel besser ab. Natürlich gibt es diejenigen klischeebelasteten Jugendlichen, für die Chillen schlichtweg Nichtstun und Apathie bedeutet, genauso kann es aber heißen, einen ruhigen Tag mit Freunden - wahlweise bei Musik, einem Film oder einer Unterhaltung - zu verbringen.

Ebenso kann Chillen bedeuten, den Tag für sich und ohne Gesellschaft haben zu wollen, auch das schließt sinnvolles Surfen im Internet oder die Lektüre eines Buches nicht aus. Für mich ist der Begriff gesellschaftlich viel negativer besetzt, als er von der Mehrheit der Jugendlichen vermutlich gemeint wird, im Zweifelsfall sollte dann bei den jeweiligen Verwendern des Wortes noch einmal nachgefragt werden, was es nun konkret bedeutet.