Ohne erlernten Beruf eine Chance auf dem Arbeitsmarkt?
Hat man eigentlich heutzutage auch ohne einen erlernten Beruf Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Ich habe beispielsweise hier gelesen, dass die Ausbildung zur Verkäuferin fast schon sinnlos geworden ist und oft lieber ungelernte Kräfte genommen werden. Ich kenne sogar jemanden, der als überqualifiziert gilt, weil er Einzelhandelskaufmann gelernt hat und sich bei Aldi beworben hat. Er wurde wegen Überqualifikation nicht genommen.
Da frage ich mich, ob man heutzutage nicht doch auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, wenn man nichts lernt. Was denkt ihr? Ist es heutzutage wirklich zwingend notwendig eine Ausbildung zu machen oder hat man, wenn es ganz blöd kommt genau wegen dieser Ausbildung keine Chancen, weil man als überqualifiziert gilt? Was kann man heutzutage auch ohne Ausbildung machen?
ich habe einige Freunde und Bekannte, die leider keine Ausbildung gemacht haben und somit auch nichts gelernt haben. Alle von denen sind aber in Arbeit und üben in dem Sinne schon einen Beruf aus.
Ich glaube man muss sich einfach nur gut anstellen und zeigen, dass man will und das man bereit ist, sich der neuen Herausforderung zu stellen. Was jetzt keine Motivation sein soll für die Personen, die denken, man braucht heutzutage keine Ausbildung.
Quereinsteiger z. B. haben im Prinzip ja auch nicht den Beruf gelernt, in dem Sie dann später mal tätig sind. Die haben vielleicht eine Ausbildung, aber sind in der Tätigkeit die sie dann ausüben auch ungelernt.
Ganz so einfach, dass man sich einfach gut anstellt, ist es leider nicht. Tatsache ist, dass selbst in Deutschland, einem Land, dem es wirtschaftlich noch sehr gut geht, es schlicht nicht genug Arbeitsplätze für alle gibt. Auch nicht für alle mit Ausbildung oder Studium. Ich glaube die Anzahl der freien Stellen beläuft sich auf etwa 500.000 bei einer Arbeitslosenquote von mehreren Millionen (mit den Arbeitslosen Statistiken ist das ja immer so eine Sache).
Es ist also nicht so, dass man sich einfach ein bisschen anstrengt und dann schon etwas bekommt. Aber mein Vorredner hat natürlich insofern Recht, als dass er sagt, dass die Ausbildung nicht alles ist. Auch wenn man Arbeitgebern gern vorwirft, dass sie bei der Bewerbung vor allem auf Ausbildung und Schulabschluss schauen, scheinen gute Beziehungen und selbstbewusstes Auftreten ähnlich wichtig zu sein. Zumal es auch einige Menschen gibt, die, nur weil sie keine Ausbildung gemacht haben, sich auch Zuhause bilden und alles andere als durchschnittsdoof sind.
Wenn man sich die Statistik anschaut, dann sind unter den Arbeitslosen überproportional viele, die keine Ausbildung durchlaufen haben. Abgesehen davon verdient man weniger, wenn man den Beruf nicht erlernt hat, unabhängig davon, ob man dieselbe Tätigkeit ausübt wie jemand mit Ausbildung. Man ist ein Ungelernter.
Natürlich kann man Hunderte von Fällen aufzählen, in dem es Leute ohne Ausbildung zu etwas gebracht haben, viele im Sportbereich oder in der Kunst im weitesten Sinne. Auch als Freiberufler oder als Gewerbetreibende spielt die Ausbildung nicht immer die entscheidende Rolle. Aber im "normalen" Leben verdient halt eine Verkäuferin mit Ausbildung mehr als eine Hilfskraft und ein Geselle weniger als ein Meister.
Quereinsteiger sind meistens keine Leute ohne Ausbildung. Man stellt sie deswegen ein, weil sie vorher etwas geleistet haben. Als Lehrer wird man beispielsweise nicht ohne Ausbildung genommen, man muss schon ein Diplom oder Gleichwertiges vorlegen können.
Natürlich hat man auch ohne erlernten Beruf eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Nur sind diese Chancen tendenziell eher geringer und das Gehalt bleibt meistens sehr beschränkt. Wenn man eine "falsche" Ausbildung hat, bei der es einfach nicht genügend freie Stellen gibt, steht man im Prinzip aber genauso schlecht da. Außerdem gibt es viele Stellen für ungelernte Kräfte, die trotzdem von ausgebildeten Fachkräften in einer fremden Fachrichtung besetzt werden. In der Industrie ist es gängige Praxis, Handwerker (zum Beispiel Elektriker oder KFZ-Mechaniker) als Produktionshelfer einzustellen.
Man darf nicht vergessen, dass auch eine gute Ausbildung absolut keine Garantie für einen Job sind. Natürlich gibt es auch viele Ingenieure oder ähnlich gut ausgebildete Leute, die keinen Job finden. Hier spielt auch einfach das persönliche Engagement und der Charakter eine Rolle. Es nützt nichts, wenn man eine gute Ausbildung hat, aber dann kein Interesse hat, sein Wissen auch effektiv zu nutzen oder man einfach nicht "gesellschaftsfähig" ist.
Ich kenne auch ein Mädel, die nichts gelernt hat und trotzdem einen Beruf ausübt. Sie arbeitet genau wie ich als Verkäuferin und hat auch das Zeug dazu. Gelernt hat sie den Beruf allerdings nicht. Sie hat sich gleich als Verkaufshilfe beworben und wurde eingestellt. Mittlerweile übernimmt sie sogar höhere Aufgaben, wie sämtliche Bestellungen und hat richtig Verantwortung. Sie bereut es auch nicht, nie eine Ausbildung gemacht zu haben.
Also ich bin schon der Meinung, dass es sehr wichtig ist, dass man einen Beruf gelernt hat. Ohne dem kommt nicht wirklich weit. Es mag ja sein, dass man auch ungelernte Kräfte in gewissen Bereichen einsetzt, aber das ist irgendwo auch gut so. Auch die Leute, die keine Ausbildung gemacht haben, warum auch immer, sollten mal die Gelegenheit bekommen einen solchen Job auszuüben. Ich möchte jetzt niemanden zu nahe treten, aber im Einzelhandel würde ich auch nicht überall arbeiten wollen.
Es gibt sicher ein paar Jobs, die man auch ohne Ausbildung machen kann, man muss aber eben auch bedenken, dass man dann nur einen Hilfsarbeiterlohn bekommt. Das kann für manche ausreichend sein, aber wenn man damit eine ganze Familie durchbringen muss ist das alles andere als genügend. Reinigungskräfte oder so etwas wie Botenfahrer wird sicher keine Ausbildung voraussetzen. Hier hat man auch als ungelernte Person eine kleine Chance auf so eine Arbeit, auch wenn es nicht das Gelbe vom Ei ist.
Wenn jemand als Einzelhandelskaufmann überqualifiziert für Aldi ist, kann ich mir nur vorstellen, dass diese Firma nur Kräfte zum Einsortieren der Ware suchte. Da benötigt man bestimmt keine Ausbildung. Als Einzelhandelskaufmann hat er ja auch kaufmännische Arbeiten gelernt, die er bei Aldi so nicht brauchen kann, weil alles zentral abläuft.
Hat man nichts gelernt, darf man nicht allzu wählerische bezüglich der Arbeit sein. Die Frage ist dann, ob man mit der zugewiesenen Arbeit zufrieden ist und glücklich werden kann. Im Gegensatz zu gelernten Kräften muss man einen geringeren Lohn hinnehmen. Aber wie schon aus einem anderen Thread ersichtlich, werden im Verkaufswesen ja kaum noch gelernte Mitarbeiter eingestellt, weil die ungelernten Kräfte billiger sind.
Eine Ausbildung ist nicht immer notwendig, aber anzuraten. Ist man ein bescheidener Mensch und mit dem zufrieden, was einem geboten wird, dann kann man die Ausbildung vergessen. Möchte man aber in einen bestimmten Beuf einsteigen, geht das nicht immer ohne Ausbildung, das sollte man schon wissen. Selbst wenn du ein Feuerwehrmann werden willst, musst du eine handwerkliche Ausbildung vorweisen, sonst hast du keinerlei Chance.
Ich sehe das jedoch so, dass jeder in einen bestimmten Beruf möchte. Und da sollte man gut überlegen, ob dafür eine Lehre erforderlich ist. Denn ein Berufsleben kann lange dauern. Da ist es besser, wenn man mit der Arbeit zufrieden ist, sonst wird man mit der Zeit mürrisch und verhärmt oder schmeißt alles hin.
Ampelmännchen hat geschrieben:Er wurde wegen Überqualifikation nicht genommen.
Wobei hier zu beachten ist, dass hier u.U. dieses "Überqualifiziert" als Begründung genommen wird, weil man das "zu teuer" vermeiden will. Nur weil ein Personalverantwortlicher solche "Gründe" von sich gibt, bedeutet dies ja nicht, dass das der wahre Grund für die Ablehnung ist! Mit der Wahrheit wird hier wirklich - wie es so schön heißt - taktisch umgegangen. Was nicht mal notwendig ist, weil eine Absage besser gar nicht begründet wird.
Wie hier im Thread schon geschrieben wurde, muss man sich nur die Statistik der Arbeitslosen anschauen, wenn hier nach Ausbildung mit aufgeschlüsselt wird. Mit Abstand die höchste Wahrscheinlichkeit auf Arbeitslosigkeit hat man ohne Ausbildung! Bedeutet ja nicht, dass die die eine Ausbildung haben, auch im entsprechenden Beruf arbeiten. Aber allein die Tatsache, dass sie einen Ausbildungsberuf erlernt hatten, reicht aus, um auch in anderen Branchen Fuß zu fassen bzw. das Vertrauen zu erwecken, Fuß fassen zu können.
Ampelmännchen hat geschrieben:Was kann man heutzutage auch ohne Ausbildung machen?
Alles, wofür man eingestellt wird. Das sind dann aber eher "gering qualifizierte" Jobs, bei denen man wirklich eher einfache Arbeiten machen muss. Wobei man dazu sagen muss, dass auch für diese Berufe Ausbildungsstellen existieren. Wird oft gemacht, um das Image der Tätigkeit aufzuwerten. So ist, um ein Beispiel zu nennen, für den Beruf des "Müllwerkers" keine Ausbildung erforderlich. Und dennoch kann man sich zur "Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft" ausbilden lassen. Und dann eben auch als "Müllwerker" arbeiten (aber nicht nur).
Die Firma, für die ich gearbeitet habe, ist in der Lebensmittelbranche tätig und hat viele Leute für die Produktion eingestellt, beispielsweise Maschinenführer. Das waren alles relativ stupide Jobs, Fließbandarbeit und auch körperlich schwere Arbeit. In der Produktion arbeiteten neben Deutschen auch viele Ausländer, die nur gebrochen deutsch sprachen und teilweise auch keine Zeugnisse nachweisen konnten. Viele von ihnen hatten tatsächlich nichts gelernt oder waren ohne Schulabschluss (darunter natürlich auch Deutsche).
Aber bei Lagerhelfern ist das wirklich egal und man kann von einen Tag auf den anderen anfangen, solange man zäh ist und die körperlichen Voraussetzungen mitbringt. Dafür muss man aber auch mit einer miesen Bezahlung rechnen. Von daher würde ich niemandem empfehlen, die Schule abzubrechen, nur weil man als ungelernter auch Arbeit bekommt.
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