Wenn immer Menschen der Zivilcourage zum Opfer fallen

vom 30.09.2013, 20:14 Uhr

Sicherlich sind wir uns hier fast alle einig, dass Zivilcourage leider nur wenig Zuspruch bekommt. Die Gründe sind unterschiedlicher denn je, aber meistens haben sie etwas mit Angst und Überforderung zu tun. Es liegt vor allem auch immer daran, was man wohl zu Gesicht bekommt, um beurteilen zu können, ob hier jemand Zivilcourage aus Angst vermeidet oder eher aus „Lustlosigkeit und Desinteresse“.

Fakt ist und das habe ich jetzt häufiger bei uns auch in den Zeitungen gelesen werden die Menschen, die es sich wenigstens trauen Zivilcouragiert einzugreifen oftmals selber Opfer von brutalen Attacken. Beispiel Person A eine junge Frau im Alter von 17 Jahren ging an einem stark besuchten Bahnhof entlang und wurde von einer ebenfalls jungen Frau stets beleidigt, beiseite gedrängt und mehr. Person A fragte sie dann in einem recht forschen Ton, was sie denn für Probleme mit ihr und den Freunden hätte. Darauf hin ging die wilde Prügelei bereits los. Die Täterin riss Person A zu Boden, trat und schlug auf sie ein. Person A bettelte Passanten und Gaffer an zu helfen, aber nicht einmal die Polizei wurde gerufen.

Szenario 2: Person B ein junger Schüler im Alter von 14 Jahren (ein Familienmitglied von mir) steht an einem gut besuchten Hauptbahnhof mit seinen Klassenkameraden. Einer von ihnen möchte sich ein Ticket ziehen und ein alter Mann schätzungsweise 50 bis 60 Jahre drängelte und schubste den kleinen Jungen stets nach vorne. Person B stellte sich dazwischen und wollte, dass der fremde Mann den Jungen sein Ticket ziehen lässt. Daraufhin wurde der fremde Mann aggressiv schlug mit der Faust Person B ins Gesicht, sodass ein Stück des Zahnes fehlte, und schubste ihn anschließend auf der Straße. Die Passanten drum herum machten wieder überhaupt nichts. Immer weniger Menschen greifen in Notsituationen ein und dies vielleicht auch zurecht, wie das Beispiel Person B zeigt. Es ist jedoch sehr traurig, dass ein Junge von 14 Jahren eingreifen möchte und darauf von einem viel älteren Mann derart traktiert wird. Sehr schade, das mag ich hier gerne sagen, dass ich nicht da gewesen bin. Diese Situation habe ich um genau 20Minuten verpasst, denn ich war vorher an derselben Stelle wie Person A, mit dem ich verwandt bin. Nun gut.

Fakt ist also das viele Angst haben, dass kann ich ja auch verstehen. Man liest und hört immer öfters, dass Zivilcourage nach hinten losging und Leute brutal attackiert wurden. Doch was ist so schwer daran Ordnungshütern & Co Bescheid zu geben, damit die Situation, welche auch immer entschärft und gelöst werden kann? Jugendliche spielen ständig mit ihren Handys herum und machen nichts? Erwachsene Gaffer schauen zu wie Person B von einem erheblich älteren Mann geschlagen und auf eine befahrene Straße geschubst wird? Ehrlich gesagt bringt mich das zur Weißglut und ich könnte „Kotzen“, wenn ich es mal so salopp sagen darf. Ich verlange nicht, dass man sich selber in Gefahr bringt, aber die Polizei anrufen, die im Übrigen zwanzig Meter von dem Geschehen bei Person B Wegstand hätte man kontaktieren können!

Seit ihr engagiert im Notfall Zivilcourage zu leisten? Wart ihr bereits in einer Situation, wo es notwendig war? Wie seht ihr die Entwicklungen unserer heutigen Zeit in puncto Zivilcourage?

» Glasreinigerin » Beiträge: 1008 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich bin eigentlich ein Typ Mensch, der dazu geneigt ist sich in einen Streit einzumischen, wenn es so scheint als würde dieser aus dem Ruder laufen. Jedoch kenne ich besonders in der Großstadt das mulmige Gefühl, dass etwas schlimmeres passieren könnte, wenn man es dann wirklich tut. Nichts desto trotz kommt es immernoch regelmäßig vor, dass ich mich verbal oder auch durch dazwischen stellen einmische.

Es kam aber auch schon vor, dass sich das Pöbelopfer dann einfach verzogen hat und ich einer Bande Jugendlicher allein gegenüber stand und selbst auf Hilfe anderer hoffen musste. Zu meinem Glück hat sich sogar in diesen Fällen jemand gefunden, der mir zu Hilfe kam. Ich weiß aber auch selbst wie selten das ist und dass ich in diesen Situationen echtes Glück hatte.

Spätestens seit ich Vater bin überlege ich mir jedoch mittlerweile zwei Mal ob ich wirklich Courage zeige. Schließlich wartet zu Hause nun ein Mensch mehr darauf, dass ich nach Hause komme und wie man in den Medien des öfteren sehen konnte, werden die Jugendlichen nicht unbedingt umgänglicher.

Es ist ein sehr schweres Thema, dem durch irgendwelche Plakate auf denen gezeigt wird, dass man am besten Courage zeigt in dem man den Notruf Knopf drückt, nur mittelmäßig entgegengekommen wird. Meist ist es dann auch zu spät bis die Hilfe eintrifft und man selbst würde sich, wenn man in einer solchen Situation ist, wohl etwas mehr Mithilfe anderer wünschen.

Da meistens die Menschen, die überhaupt überlegen ob sie eingreifen, nicht so skrupellos sind wie die Angreifer ist es aber immer ein sehr ungleicher Kampf. Gerade da man als normaler vorbildlicher Mensch wesentlich mehr zu verlieren hat als jene Schläger.. Ich selbst kann niemandem einen Vorwurf machen, der doch einfach nur weiter geht und die Augen verschließt.

Wenn man eingreift ist man leider nur einer von wenigen und somit grundsätzlich in der Unterzahl und ob man sich in eine solch schlechte Situation bringen will, sollte man sich stets zwei Mal durch den Kopf gehen lassen.

» Mulucki1989 » Beiträge: 449 » Talkpoints: 14,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich war noch nicht in einer solchen Situation. Daher würde ich jetzt auch nicht behaupten, dass ich so oder so handeln werde. Das kann niemand voraus sagen, was dann real wirklich gemacht wird. Aber ich kann dir eine Situation beschreiben, die ich selbst schon erlebt habe und wo man sieht, wie schnell man einfach nicht mehr rational denken kann.

Die ganze Sache ist mittlerweile um die acht Jahre her. Meine Tochter wurde von einer Biene ins Augenlid gestochen. Ich habe den Erste Hilfe Schein und auch den Ersthelferpass und ein Handy hatte ich damals auch einstecken. Trotzdem war ich unfähig vor Schreck entsprechend zu handeln. Und ich bin sonst auch nicht der Mensch, der eher passiv bleibt.

Solange man nicht unmittelbar mit einer Situation konfrontiert wird, kann man groß reden. Aber wenn man betroffen ist und in irgendeiner Form handeln sollte, ist man schneller innerlich blockiert, als man sich vorstellen mag. Und wie schnell man vom Helfer zum Opfer wird, hat doch erst neulich ein Tatort gezeigt. Dort wurde dieses recht brisante Thema sehr gut umgesetzt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



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