Billige Kleidung - menschenunwürdige Produktion folgern?
Ich war gestern beim C&A, wo es im Moment billige, etwas dickere Schlafanzüge aus reiner Baumwolle für den Winter gibt. Sie kosten nur 9 Euro und gefallen mir sehr gut. Ich habe kein Schildchen gefunden, wo sie hergestellt wurden, nur "C&A Buying Düsseldorf". Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man sie zu dem Preis in Düsseldorf herstellen kann.
Nun ist man ja gerade bei Kleidung ein bisschen sensibilisiert, was die Produktionsbedingungen anbelangt. Ich habe sehr lange vor dem Schlafanzug gestanden und ihn schließlich gekauft. Muss ich nun ein schlechtes Gewissen haben? Kann man aus dem Preis auf menschenunwürdige Produktionsbedingungen folgern? Oder geht das zu dem Preis in ärmeren Ländern auch in guten Fabriken, die landesgemäße Löhne zahlen? Hättet ihr von dem Kauf Abstand genommen?
Müssen tust du gar nichts. Grundsätzlich darf man auch eines nicht vergessen: die Qualität bestimmt den Preis mit und oftmals ist die Qualität bei billigen Sachen eben auch entsprechend und erklärt später den niedrigen Preis. Man kann sicherlich vermuten, dass die Sachen woanders hergestellt werden. Was man aber trotzdem nicht vergessen darf ist, dass es Arbeitsplätze sind und ohne diese würde es den Menschen schlechter gehen. Man müsste sich wirklich dafür einsetzen, dass der Lohn einfach mehr wird.
Das würde aber wieder bedeuten, dass wir mehr dafür zahlen müssten und nicht alle sind dafür bereit. Ich weiß nicht, ob du den Schlafanzug zum Beispiel auch für 12 Euro genommen hättest. Uns wurde damals in der Dom. Rep. erklärt, dass dort sogar die Wirtschaft zusammen brechen würde, wenn man auf einmal dafür sorgen würde, dass die Löhne angehoben werden. das sieht in China und anderswo sicherlich auch nicht anders aus.
Neun Euro sind wirklich nicht viel für einen Winterschlafanzug. Selbst 12 Euro wären noch verdammt wenig. Aber es gibt mehrere Möglichkeiten, den Preis für ein Produkt niedrig zu halten. Man kann also nie hundertprozentig von einem niedrigen Preis auf eine gewisse Produktionsweise schließen. Genausowenig aber auch andersrum. Nur, weil ein Schlafanzug über hundert Euro kostet, ist es nicht gesagt, dass er nicht von kleinen, indonesischen Kindern für einen Hungerlohn gefertigt und zum Schluß mit dem teuren Markenname versehen wurde. Wenn es einen wirklich interessiert, muss man sich über das Unternehmen informieren.
Aber ansonsten sehe ich es ein wenig wie winny2311. Diese Menschen sind auf ihre Jobs angewiesen und sehr froh darüber, sie zu haben. Ich sehe die Lösung also auch nicht darin, gar nichts mehr aus China, Indonesien oder anderen Ländern, die für Billigarbeit bekannt sind, zu kaufen. Auch ist die Lösung nicht, denen einfach Löhne auf Westniveau zu zahlen. Natürlich funktioniert so keine Wirtschaft von keinem Land.
Das ist ein Prozess, der ganz langsam vollzogen werden muss. Und dazu kann auch der Verbraucher in Deutschland und die Unternehmen beitragen. Es ist doch eine Sache, wenn eine Produktionsfirma 5jährige einstellt und 16 Stunden am Tag in einer dunklen Fabrik ohne Lüftung arbeiten lässt oder ob sie erst ab einem viel höheren Alter einstellt, angemessene Löhne zahlt, Mittagspause gewährt, es Kinderbetreuung gibt oder ähnliches.
Auf der einen Seite finde ich es ja gut, dass Du Dir Gedanken darüber machst, wie das produziert wurde oder unter welchen Bedingungen die Angestellten wohl gearbeitet haben. Aber auf der anderen Seite denke ich mir, dass es doch keinen Unterschied macht, ob Du den Schlafanzug nun kaufst oder nicht, denn ein Anzug mehr oder weniger ändert nichts.
Man kann eben nicht die Welt retten. Wir sind nicht daran schuld, wenn andere unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen, denn schließlich sitzen wir nicht an der Spitze irgendwelcher Textilkonzerne. Wir wollen einfach nur etwas günstig kaufen und das ist auch ein legitimer Wunsch, schließlich hat keiner Geld zu verschenken.
Gerade das Thema Kinderarbeit ist auch im Ethik-Unterricht meiner Tochter dran. Es ist zwar auf der einen Seite schön, dass schon Kinder darüber aufgeklärt werden, dass andere Kinder in anderen Ländern eben nicht zur Schule gehen, sondern schon hart arbeiten müssen. Aber ich sehe auch die Kehrseite der Medaille.
Denn diese Kinder bekommen auch dann keine Schulbildung, wenn nirgends mehr die Kleidung gekauft werden würde, die sie herstellen. Im Gegenteil man würde mit einem Boykott in diesen Ländern nur die Kriminalität fördern. Man kann zwar bei einem solchen Preis vermuten, dass die Kleidung aus der Produktion von Kindern stammt, aber ich habe da kein schlechtes Gewissen, wenn ich die Sachen einkaufe.
Nur weil die Kleidung billig ist, heißt das noch lange nicht, dass sie unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert wurde. Soweit ich weiß kam doch vor einiger Zeit ein Skandal in die Medien als herauskam, dass sogar Hugo Boss in der Türkei unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lässt und die Preise von Hugo Boss kann man schon gar nicht mit denen von C&A vergleichen. Daher finde ich es falsch, nur wegen dem Preis sich gleich derartige Vorurteile zu bilden anstatt sich vorher zu informieren.
Sicherlich ist es nicht falsch, bei billiger Kleidung anzunehmen, dass sie unter schlechten Bedingungen hergestellt wurde. Allerdings ist es auch nicht richtig, anzunehmen, dass teure Kleidung immer unter besonders guten Bedingungen hergestellt wurde.
Auch viele bekannte Hersteller großer Marken lassen ihre Kleidung auch unter relativ schlechten Bedingungen produzieren, um einen möglichst hohen Gewinn zu machen. Von daher ist der Preis nicht ausschlaggebend dafür, ob ein Produkt nun fair produziert wurde oder nicht und ich finde nicht, dass man sich dafür ausschließlich am Preis orientieren kann.
Leider ist es heutzutage für Kunden nicht unbedingt einfach, zu wissen, ob ein Produkt nun unter schlechten Bedingungen hergestellt wurde oder nicht. Auch mit viel Recherche kommt man dabei nicht unbedingt weiter. Von daher bringt es da auch nicht so viel, ausschließlich teure Kleidung zu kaufen, da man sich nie sicher sein kann, unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurde.
Wenn man wirklich auf Nummer sicher gehen möchte, keine Kleidung aus schlechten Bedingungen zu kaufen, dann bleibt einem wohl nichts anderes übrig, sich seine Kleidung einfach selbst zu nähen oder in Fair Trade Shops einzukaufen. Ansonsten muss man doch immer mit der Ungewissheit leben.
Alle großen Ketten geraten in regelmäßigen Abständen in die Kritik, weil sie in Billiglohnländern produzieren und die rechte der Arbeiter nicht gewahrt werden. Das ist nicht nur bei C&A, H&M oder Kik so, sondern auch bei bekannten Marken. Und es bleibt doch nicht bei der Produktion der Kleidung, sondern fängt schon viel früher an.
95 % der Baumwolle kommt aus Afrika und ich habe eine Reportage gesehen, in der auf ganz vielen Baumwollplantagen Kinder gearbeitet haben. Was nutzt es wenn die Kleidung fair produziert wurde, aber die Baumwolle von Kindern unter menschenunwürdigen Bedingungen gepflückt wurde?
Wenn man wirklich 100% fair produzierte Kleidung möchte, muss man schon sehr tief in die Tasche greifen. Solche Kleidung bekommt man auch nicht in normalen Läden.
Bleibt die Frage ob wir den Menschen helfen würden, wenn wir die Kleidung nicht mehr kaufen würden. Ich denke eher nicht, denn in diesen Ländern gibt es kein Sozialsystem, wo man einen Antrag ausfüllt und dann genügend Geld bekommt um sich zu versorgen.
Wenn da tausende von Jobs wegfallen würden, hätten diese Arbeiter ein Problem ihre Familien zu ernähren. Und wenig Geld ist immer noch besser als gar kein Geld, auch wenn es makaber klingt, denn wir kaufen billig ein, auf deren Kosten.
Fakt ist, dass die Transparenz einfach nicht vorhanden ist, da viele Hersteller ja Subunternehmer und Subsubunternehmer beschäftigen und man daher gar nicht mehr weiß, wo die Ware herkommt und wie sie hergestellt worden ist. Daher wird man sich nicht wirklich auf die offiziellen Angaben der Hersteller verlassen können.
Man darf auch nicht vergessen, dass da eine riesige Imagekampagne zu Gange ist und die Hersteller alleine deswegen darauf bedacht sind, auf die Selbstdarstellung zu achten. Denn mittlerweile ist die Gesellschaft so weit, dass Unternehmen deswegen zu Grunde gehen könnten, wenn sie nicht ethisch und nachhaltig sowie umweltfreundlich produzieren.
Natürlich kannst du für 9 Euro keinen Schlafanzug zu fairen Bedingungen herstellen, das ist völlig unmöglich. Und natürlich sind vor allem die Arbeiterinnen die Opfer von dieser Preispolitik, weil sie in diesem ganzen System die wenigste Macht besitzen. Das bedeutet aber leider im Umkehrschluss nicht, dass du einen fair produzierten Schlafanzug bekommst wenn du nur genug Geld ausgibst.
Es gibt faire Labels, die sind auch zertifiziert und alles, von daher kann man sich auf deren Angaben schon verlassen. Und die Sachen sehen inzwischen wirklich gut aus und sind nicht mehr von "normalen" Sachen zu unterscheiden. Es ist auch nicht mehr wirklich schwer solche Marken zu finden.
Oder man schaut einfach erst mal second hand. Ist bei Schlafanzügen jetzt natürlich nicht so gut, aber andere Kleidungsstücken findet man gebraucht ja oft in neuwertigem Zustand.
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