Wahlgeheimnis auch in kleinen Dörfern gewahrt?

Gerade waren mein Mann und ich zum Wählen im Wahllokal. Unser Dorf ist mit knapp über 150 Einwohnern wirklich sehr klein. Dennoch haben wir ein eigenes Wahllokal. Da wir noch nicht lange hier wohnen, ich sogar aus dem bösen Westen komme (manche sehen das hier wirklich so) und uns die meisten einfach nicht kennen, könnte ich mir vorstellen, dass sie recht neugierig sind, was wir wohl gewählt haben. Und auch bei allen anderen Einwohnern wäre es ja nicht uninteressant.

Nun sitzen da 5 Damen, 10 Stunden lang. Da kann doch nun wirklich eine Schmiere stehen und die anderen schauen nach, was auf den zwei obersten Zetteln in der Urne draufsteht. Also ich hab da jetzt schon so meine Bedenken, ob meine Wahl auch wirklich geheim geblieben ist. Nicht, dass ich nicht zu meiner Wahl stehe, aber es ist eben ein Grundrecht. Bisher habe ich nur in größeren Gemeinden gewählt, wo dafür gar keine Zeit blieb.

Kann man die Wahlurne nach jedem Zetteleinwurf öffnen oder kann man sie vielleicht nur so öffnen, dass alle Zettel rausfliegen? Also z.B. wenn man nur den Boden wegklappen kann, dann würden die Zettel immer durcheinandergeraten und es wäre unmöglich, sich nur den obersten anzusehen. Habt ihr da auch Bedenken? Oder vertraut ihr da den Wahlhelfern?

Soweit ich weiß, sind die Wahlurnen während des gesamten Wählvorgangs, also bis zur offiziellen Schließung des Wahllokals, geschlossen und/oder versiegelt zu halten. Erst danach dürfen sie von Wahlausschussmitgliedern (also nicht von bloßen Wahlhelfern!) zur Auszählung geöffnet werden. Ich weiß nicht, was geschieht, wann die Urne nach Ende des Wahlgangs beschädigt vorgefunden wurde beziehungsweise offensichtlich ist, dass sie zwischendurch geöffnet worden sein muss. Die große Frage ist in so einem Fall natürlich, ob die Stimmen dann gültig wären oder (wegen der Gefahr von Manipulationen) nicht und ob im letztgenannten Fall die Wahl in diesem Gebiet wiederholt werden müsste.

Auf jeden Fall: Wenn die Wahlhelfer bei Dir im Dorf tatsächlich so vorgehen würden, wie Du es befürchtest, würden sich mit Sicherheit (mal platt gesagt) von oben eins auf den Deckel bekommen. Deshalb denke ich, Du kannst relativ beruhigt sein, dass etwas derartiges, wie zwischendurch die Urne zu öffnen und auf diese Weise zu versuchen, bestimmte Wahlzettel einzelnen Dorfbewohnern zuzuordnen, nicht geschieht.

Ich wohne zwar nicht in einem kleinen Dorf, aber die Zahl der Wähler in meinem Wahlkreis ist auch recht überschaubar, weil die Bebauung hier eher spärlich ist. Deshalb habe ich mir auch schon überlegt, dass man bei uns recht gut heraus finden könnte, wer was gewählt hat. Dafür muss man ja nicht den Wahlzettel anschauen sondern einfach das Ausschlussverfahren anwenden. Bei manchen kennt man ja die politische Meinung und kann recht gut einschätzen, was sie wählen werden, andere kommen schon alleine wegen des Alters als potentielle Wähler der Piraten nicht in Frage und stehen wahrscheinlich selbst den Grünen noch skeptisch gegenüber und so weiter.

Ich habe eben beim Wählen wegen dieses Themas mal etwas genauer auf die Wahlurne geschaut und festgestellt, dass sie vorne ein Vorhängeschloss hat, also ist es nicht möglich den Deckel mal kurz anzuheben. Und wenn die Wahlurne in einem anderen Winkel aufgestellt gewesen wäre hätte ich das Schloss nicht bemerkt, deshalb ist das vielleicht nicht in jedem Fall so offensichtlich, dass der Deckel abgeschlossen ist.

Die Wahlurnen sind doch verschlossen und die Personen, die im Wahllokal sitzen, werden kaum einen Schlüssel dazu haben. Wenn dir also beim Zettel einwerfen versehentlich noch der Personalausweis rein fällt, dann musst du schon bis 18 Uhr warten. Vorher wird die Wahlurne nicht geöffnet. Es kann also niemand einfach mal den Deckel abheben, um den obersten Zettel anzuschauen.

Wenn ihr natürlich die beiden einzigen Wähler im Ort seid, die ihren Zettel abgegeben haben, dann ist klar, was ihr gewählt habt. Aber so schlecht wird selbst in einem so kleinen Ort die Wahlbeteiligung nicht sein. Und wie wollte denn die Person, die nach deinem Gedankengang Schmiere steht, andere Wähler beschäftigen, die gerade kommen?

Erst danach dürfen sie von Wahlausschussmitgliedern (also nicht von bloßen Wahlhelfern!) zur Auszählung geöffnet werden.

...die Personen, die im Wahllokal sitzen, werden kaum einen Schlüssel dazu haben.

Und wie wollte denn die Person, die nach deinem Gedankengang Schmiere steht, andere Wähler beschäftigen, die gerade kommen?

Soweit ich mich erinnern kann, sind die Wahlurnen schon so verschlossen, dass sie nicht mal schnell zum Reingucken geöffnet werden können. Ehrlich gesagt habe ich mir da aber auch nie große Gedanken gemacht, obwohl ich auch in einem kleinen Dorf wohne, wo mich die Wahlhelfer kennen. Wenn du aber auf Nummer Sicher gehen willst, mach es doch so wie ich: nicht aus diesem Grund, aber aus praktischen Erwägungen wähle ich seit ein paar Jahren nur noch per Briefwahl. Da steckst du deinen Wahlzettel in einen Umschlag und schickst ihn anonym per Post ab, kein Mensch kann ihn dir dann noch zuordnen und so herausfinden, was du gewählt hast.

Ich hätte da keinerlei Bedenken, denn wer riskiert schon Strafen bis zu zwei Jahren oder hohe Geldstrafen, nur um zu schauen, wie jemand gewählt hat. Solche Strafen stehen nämlich auf die Verletzung des Wahlgeheimnisses. Wer deinen Zettel herausnimmt und das Ergebnis dadurch verfälscht, wird sogar mit bis zu fünf Jahren bestraft. Die Wahlhelfer müssten sich absprechen und da schon der Versuch strafbar ist, ist das Risiko viel zu groß.

"Nachschauen" wird nicht drin sein, weil die Urnen verplombt sind und die Behälter müssen bis 18 Uhr verschlossen bleiben. Wenn denn bei der Auszählung auffällt, dass die Urne eben nicht verschlossen war, gibt es eine entsprechende Untersuchung - so was bleibt nicht "geheim". Und geprüft wird dies nicht nur vom "Dorfrat" oder ähnliches, sondern von Wahlhelfern. Und die setzen sich aus unterschiedlichen politischen Lagern zusammen, so dass auch hier Manipulationen eher schwierig sein dürften.

Dennoch kann in so einem Dorf das Wahlergebnis durchaus zu Spekulationen über das Wahlverhalten der "Neuen" anregen. Schließlich zählt bei 150 Einwohnern (davon vielleicht 100 Wähler) jede Stimme gleich mal 1% - wenn dann der Wahlausgang einen anderen Ausschlag hat, als vor dem Zuzug, kann man abschätzen, was "die Neuen" mit ihrer Stimme gemacht haben. Aber das dies wieder Folgen hat, bedarf es vermutlich noch anderen "Verfehlungen" innerhalb der Dorfgemeinschaft.

Solange du Deinen Namen nicht auf den Wahlzettel schreibst, ist alles gewahrt. Dieser wird ja nicht nach Deiner Abgabe aus dem Kuvert genommen und gelesen. Ich war da schon skeptischer mit der Briefwahl, weil es hier viel leichter ist, nachzuvollziehen, wer was gewählt hat. Ich werfe den Stimmzettel immer selber in die Urne ein und fühle mich so sicher.

Ich finde, dass es dir egal sein sollte, was andere von dir denken. Gerade in einem kleinen Ort wird nun mal auch mal gelästert, aber das meint doch keiner böse, die Leute sind eben manchmal so und da muss man mit leben. Die Wahlurne ist mit einem Schloss geschützt. Das Schloss zu öffnen würde sicherlich auffallen und ich kann mir nicht vorstellen, dass man da mal so eben mit einem Gespräch ablenken kann. Zumal man sich ja dann auch unbeliebt beim ganzen Ort macht, wenn das auffällt und sicherlich gibt das auch jede Menge Ärger.