Wohnung pfänden nur durch Vollstreckungsgericht?

vom 09.09.2013, 13:26 Uhr

Im Fernsehen kam eben eine Sendung, wo ein Gerichtsvollzieher sagte, dass er nichts pfänden kann, weil dort nichts zu holen ist und nun das Vollstreckungsgericht in Kraft treten muss. Die Gläubigerin musste nun zum Vollstreckungsgericht um ihr Geld zu bekommen. Die Familie hatte eine Eigentumswohnung. Kann eine Eigentumswohnung nicht durch einen Gerichtsvollzieher gepfändet werden? Warum muss man dazu das Vollstreckungsgericht in Anspruch nehmen, wenn doch schon ein Titel besteht? Was macht dann das Vollstreckungsgericht genau? Wann muss das Vollstreckungsgericht noch in Anspruch genommen werden?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Was macht dann das Vollstreckungsgericht genau?

Zum Glück war ich ja noch nicht in einer derartigen Situation, aber ich würde mal meinen das Vollstreckungsgericht prüft erst einmal die Erfolgsaussichten eines Pfändungsbeschlusses der Eigentumswohnung. Auch Pfändungsbeschlüsse bedürfen einer gewissen Reihenfolge. Zuerst wird das pfändbare Einkommen geprüft, dann womöglich wertträchtige Gegenstände wie Schmuck oder Wohnungsinventar. Stellt jetzt der Gerichtsvollzieher den Besitz einer Eigentumswohnung fest, gibt er diesen Pfändungsbeschluss an das Vollstreckungsgericht zurück, denn er kann diese Pfändung sicherlich nicht mal eben so beschließen.

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» sachsendreier » Beiträge: 154 » Talkpoints: 43,17 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Gepfändet werden kann nur das bewegliche Vermögen, vergleiche § 803 ZPO. Bewegliches Vermögen sind unter anderem körperliche Sachen, aber auch Forderungen. Die Pfändung beweglicher (kleinerer) körperlicher Sachen erfolgt gemäß § 808 ZPO dadurch, dass der Gerichtsvollzieher diese in Besitz nimmt - mit anderen Worten: Findet der Gerichtsvollzieher beim Vollstreckungsschuldner etwa Bargeld, Aktien oder Schmuck vor, so kann er diese gleich mitnehmen. Andere Sachen (also etwa eine Hifi-Anlage oder ein Auto) werden beim Schuldner belassen, aber mit einem Pfandsiegel (umgangssprachlich "Kuckuck") versehen. Auf diese Weise wird die Pfändung erkennbar gemacht. Rechtsfolgen einer Pfändung sind die Verstrickung der gepfändeten Sache (die Sache ist beschlagnahmt und der Vollstreckungsschuldner darf nicht mehr darüber verfügen) und die Entstehung eines Pfändungspfandrechts (§ 804 ZPO). Das Pfändungspfandrecht ist Rechtsgrund für die Befriedigung des Anspruchs des Gläubigers aus der Pfändung (häufig durch Versteigerung der gepfändeten Sache).

Die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen (also Grundstücke oder eben auch Eigentumswohnungen) läuft anders ab: Es handelt sich ja gerade nicht um bewegliche Sachen, der Gerichtsvollzieher ist daher nicht zuständig, sondern gemäß §§ 764, 864, 866 ZPO das Vollstreckungsgericht (= Amtsgericht, in dessen Bezirk jeweils das Vollstreckungsverfahren stattfindet). Einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gibt es nur bei der Pfändung von Forderungen (und anderen Vermögensrechten), nicht bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen! In Grundstücke wird vollstreckt, indem entweder eine Zwangshypothek eingetragen oder die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung angeordnet wird, vergleiche § 866 ZPO.

Das Bestehen eines Titels ist Voraussetzung für die eben genannten drei Möglichkeiten. Aber der Titel (zum Beispiel Urteil) allein bringt dem Gläubiger ja noch nichts, insbesondere kein Geld. Beispiel Zwangsversteigerung: Der Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht prüft , ob der Gläubiger einen ordnungsgemäßen Antrag gestellt hat, das heißt, ob er den Vollstreckungstitel inklusive Vollstreckungsklausel vorgelegt hat und ob Titel und Klausel dem Schuldner zugestellt wurden. Ist das alles der Fall, wird wiederum der Anordnungsbeschlusses bezüglich der Zwangsversteigerung an den Schuldner zugestellt (= Beschlagnahme des Grundstücks) und im Grundbuch eingetragen, dass die Zwangsversteigerung angeordnet ist. Es wird ein Versteigerungstermin festgesetzt und mit dem Zuschlag geht das Eigentum an dem Grundstück auf den sogenannten Ersteher (= Höchstbietenden) über. Der Erlös wird dann an den Gläubiger (nach Abzug der Kosten der Zwangsversteigerung) ausgekehrt, so dass er nun endlich "sein Geld", wegen dem er ursprünglich mal geklagt hatte, bekommt.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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