Woher kommt das Interesse an Zombies?
Ob Filme, PC-Spiele oder Bücher: die Verkaufszahlen der Produkte belegen, dass das Interesse an Zombies ungebrochen ist. Es hat ja durchaus irgendwas Faszinierendes an sich. Wandelnde Leichen, die aber doch keine sind und in ihrem Zustand des Wahns immenses Unheil anzurichten vermögen.
In einem Artikel las ich neulich eine ziemlich denkwürdige Erklärung für die Zombie-Affinität: Der Mensch fühle sich zu Zombies hingezogen, da er sich selbst als eine wandelnde Leiche sehe. Ausgelöst sei eine solche Selbstwahrnehmung durch die Gesellschaft. Und wie sollte es anders sein: die These stammt von einer namhaften Soziologin. Das Interview ist auf Welt-Online nachzulesen.
Nun habe ich mir selbst dazu ein paar Gedanken gemacht und habe überlegt, ob eine solche These nicht konträr zu fundierten und wohlbelegten Erkenntnissen der Psychoanalyse steht. Nach der Freud'schen Lehre ist nun eigentlich genau das Gegenteil von der obig genannten These wahr, um das vorwegzunehmen: Der Mensch lehnt genau das ab, was er nicht sein möchte. Dies lässt sich auch tagtäglich auf den Schulhöfen beobachten, wenn Jugendliche mit unterdrückten homosexuellen Tendenzen andere Jugendliche mobben, die ihre Homosexualität offen ausleben. Das heißt: nach Freud steht das abgelehnte Objekt stellvertretend für eine persönliche inakzeptable, tabuisierte Gefühlsregung.
Ist die These der genannten Soziologin wahr, so müsste der Mensch sich ja auch Narkolepsie-Patienten, Robotern und Häftlingen hingezogen fühlen. Schließlich wird er ja - im übertragenen Sinne - genauso von der modernen Gesellschaft behandelt. Das trifft jedoch nicht zu. Zumindest ich finde weder an Narkolepsie-Patienten noch an Robotern irgendetwas Anziehendes.
In Verbindung mit der Freud'schen Lehre ist anzunehmen, dass der Mensch sich vor Zombies aufgrund der weiten Entfernung von der Realität nicht fürchtet. Den Wenigsten droht ein baldiger Tod und so kann durchaus mal mit den Untoten liebäugeln. Umgekehrt wird sich kein Mensch mit Krebs freiwillig mit Zombies und Monstern befassen.
Die Antwort nach der Herkunft des Interesses an Zombies ist in Wirklichkeit recht simpel aufzuspüren: Es ist mehrfach belegt, dass Menschen sich gerne auf reale Gefahrensituationen vorbereiten indem sie sich Horror-Filme angucken. Ist man durch einen Gruselfilm bereits abgehärtet, reagiert man auf eine "echte" Gefahrensituation gelassener und kann reflektierter und effizienter agieren. Da die Funktion von PC-Spielen und Büchern der Funktion von Horror-Filmen weitesgehend gleich ist, bleibt abschließend festzustellen, dass die These der besagten Soziologin so nicht stimmen kann und dass sie nur Publicity dient.
Würdet ihr der These der Soziologin Glauben schenken?
Ich kann mich der Meinung der Soziologin ebenfalls nicht so ganz anschließen. Zwar bin ich auch ein riesiger Zombie Film und Spiele Fan, jedoch nicht aus den von Ihr genannten Gründen.
Zur Zeit bin ich leidenschaftlicher Betrachter der Serie "The walking Dead". Dies nicht aus dem Grunde, dass ich mich mit den Zombies identifiziere, sondern vielmehr weil ich diesen Überlebenskampf zwischen Zombie, also der Bedrohung und dem Menschen interessant finde. Gerade bei dieser Serie ist das Ganze sehr spannend aufgebaut und inszeniert. Ich kann auch nicht sagen, dass ich mich in irgendeiner Form zu diesen Kreaturen hingezogen fühle oder das mich deren Abschlachten in irgendeiner Form emotional erregen würde.
Vielmehr ist es einfach das Szenario an sich, was mich so fasziniert. Die Welt oder Menschheit wird bedroht und stellt sich gegen eben diese Bedrohung. In deiner These von der Vorbereitung gegen eine solche Apokalypse, kann ich mich eher wiedererkennen, als in der These dieser Soziologin. Vielleicht gibt es ja noch mehr Zombie-Fans die sich hier äußern würden. Mich würden deren Meinungen zumindest sehr interessieren!
Ich finde es ja immer irgendwie lustig, wenn Menschen, die eindeutig nicht Teil der "Popkultur" sind, versuchen irgendeinen aktuellen Trend ganz intellektuell zu betrachten und tiefgründig zu analysieren. Ein Blick von Außen ist nun nicht generell schlecht und natürlich ist es auch nicht schlecht, wenn man etwas völlig unvoreingenommen betrachten kann, weil man davon so gar nicht "betroffen" ist, aber bei mir kommt oft einfach nur an, dass hier Leute über etwas schreiben, von dem sie im Grunde genommen überhaupt keine Ahnung haben.
Das aktuelle Interesse an Zombies kommt also daher, dass sich die Menschen als wandelnden Leichen sehen? Woher kommt denn der plötzliche Wandel in der Selbstwahrnehmung? Vor wenigen Jahren sahen sie sich doch noch als wilde Bestien, die bei Vollmond die Gestalt wechseln und als Blutsauger - denn vor dem Zombie Boom gab es eine ganze Reihe Bücher, Filme, etc., die sich mit Werwölfen und Vampiren beschäftigt haben. Und nicht zu vergessen der recht kurzlebige Trend im fantastischen Bereich, der sich mit Engeln und ihren Verwandten beschäftigt hat. Als was sich die Leser von solchen Büchern wohl gesehen haben?
Zombies sind schlicht und einfach deshalb gerade angesagt, weil irgendwer irgendetwas mit Zombies geschrieben hat, was gut angekommen ist, was dann andere Leute dazu veranlasst hat dem nachzueifern. So funktionieren Trends doch immer. Vielleicht wurde auch noch etwas nachgeholfen, weil inzwischen die meisten Leute von Vampiren die Nase voll haben dürften und weil man sich bei den Verlagen oder Filmfirmen natürlich gefragt haben wird, was danach kommt. Die Leute, die auf das fantastische Genre stehen, werden sich keine Soaps anschauen oder Liebesromane lese, also muss man etwas neues finden, das diese Zielgruppe anspricht, um weiter im Geschäft zu bleiben.
Mit Freud kann ich selber jetzt nicht so viel anfangen. In seinen Theorien geht es ganz oft um irgendwelche gesellschaftlichen und sexuellen Tabus - manchmal werden diese explizit erwähnt und manches kann man auch zwischen den Zeilen lesen - die heute nur noch bedingt bestehen.
Ich denke, der Zombie-Kult, der ja nicht erst seit ein paar Jahren die Menschheit fasziniert, spricht eine Urangst der Menschen an, die Angst, lebendig begraben zu werden. Bis ins späte Mittelalter war es schlicht und einfach nicht möglich, den Tod eines Menschen hundertprozentig sicher festzustellen. Verständlicherweise haben die Menschen dann damals eine große Angst davor entwickelt und manche Personen haben sich im Sarg per Seil mit einer Glocke an der Oberfläche verbinden lassen, um im Falle des Erwachens dies den Lebenden auch mitzuteilen.
Und es muss beängstigend gewesen sein, in diesem ohnehin schon sehr finsteren Kapitel Menschheitsgeschichte seine totgeglaubten Mitmenschen am Glockenseil hängend zu vernehmen. Und ebenso wie die Angst vor Dunkelheit oder wilden Tieren hat sich daraus eine Urangst in den Menschen entwickelt, die in jedem von uns steckt. Zeigt sich ja auch an den weltweit einzigen realen Zombies, den Opfern der Vodoo-Priester in Hawaii und Co. Und auf die Urangst vor den Untoten werden wir wohl durch Zombies und Vampire gleichermaßen angesprochen nur letztere wurden durch Filme wie Twilight ja ziemlich, wie soll man sagen, verniedlicht. Auch die Angst vor Menschheitsbedrohenden Krankheiten spielt im Zeitalter von Vogelgrippe, SARS und Co sicherlich eine größere Rolle beim gegenwärtigen Zombie-Hype.
Ich selbst bin großer Zombie-Fan, liebe Filme wie "28 days/weeks Alter", "Dawn of the dead" oder aktuell die Serie "The Walking Dead". Ich persönlich ziehe dieses Genre anderen Horrorgenren vor, da ich zum Beispiel Filme mit Psychokillern zu realistisch empfinde, um sie "gut" zu finden und Fantasyhorror mit bösartigen Wölfen, Riesenspinnen und anderen Fabelwesen im Gegensatz dazu zu unrealistisch. Zombies und die dargestellten Reaktionen von Menschheit, Sozialwesen und Militär erscheinenbei plausibel und realistisch aber dennoch weit genug entfernt um beim Schauen ein schlechtes Gefühl zu bekommen. Ich glaube, dies ist der ausschlaggebende Grund, warum ich Zombies mag.
MasterOers hat geschrieben:Es ist mehrfach belegt, dass Menschen sich gerne auf reale Gefahrensituationen vorbereiten indem sie sich Horror-Filme angucken. Ist man durch einen Gruselfilm bereits abgehärtet, reagiert man auf eine "echte" Gefahrensituation gelassener und kann reflektierter und effizienter agieren
Das halte ich für wesentlich plausibler als die von Dir zitierte soziologische These. Aber ein noch wichtigerer Grund für die Popularität von Zombie- beziehungsweise Horrorfilmen allgemein liegt für mich schlichtweg im Unterhaltungsfaktor. Sich zu gruseln, dabei aber zu wissen, dass man in Sicherheit ist, ist nun mal eine besondere Art der Unterhaltung, die von vielen Menschen geschätzt wird.
Sehr interessant in Bezug auf die Frage, woher das Interesse an Zombies kommt, finde ich folgende Beobachtung: In den frühen Zombiefilmen in den späten sechziger und siebziger Jahren geschah die "Zombiefizierung" häufig aufgrund von Radioaktivität - die Zombiefilme beispielsweise von George A. Romero waren also in gewisser Hinsicht eine Reaktion auf die Angst der Menschen vor einem drohenden Atomkrieg. "Moderne" Zombies sind in ihrem Bewegungen und ihrem Vorgehen viel schneller und aggressiver, spiegeln damit also auch die in vielerlei Hinsicht immer schneller werdende moderne Welt wieder. Zunehmend entstehen die Zombies in heutigen Produktionen aufgrund von (Virus-) Infektionen, die sich rasend schnell und meistens in der ganzen Welt ausbreiten. Darin spiegelt sich die Angst vor realen Bedrohungen wie beispielsweise dem SARS-Virus oder der Schweinegrippe wieder.
Auch daran sieht man meiner Meinung nach, dass die Figur des Zombies vielmehr eine Verarbeitung von Ängsten vor (als real empfundenen) Bedrohungen ist, jedoch keine Identifikationsfigur. Ich denke, fast jeder, der einen Zombiefilm sieht, wird den Zombie als das "Fremde", "Andere", "Angsteinflößende" empfinden und keineswegs sich selbst in ihm sehen. Auch zur Beschäftigung mit dem eigenen Tod taugt die Figur des Zombies meiner Ansicht nach nicht wirklich, da er ja eben untot ist und somit in einem Zustand, den ein lebender Mensch nicht kennt und in aller Regel sicherlich auch gar nicht kennenlernen möchte.
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