Wie kann ein Priester Beichtgeheimnis und Gesetz vereinbaren

vom 19.09.2013, 13:47 Uhr

Wenn ein katholischer Priester bei der Beichte jemanden die Beichte für einen Mord abnimmt, dann weiß er von einem Verbrechen. Wenn jemand in der Beichte einen geplanten Mord beichtet, dann ist er genauso in einem Gewissenskonflikt und auch in einem Gesetzeskonflikt. Eben wurde im Fernsehen von so einem Fall berichtet. Und wer von einen geplanten Mord erfährt muss diesen zur Anzeige bringen, weil er sich strafbar macht. Da aber ein Priester dem Beichtgeheimnis unterliegt, muss dieser das nicht anzeigen.

Wenn ein Priester es anzeigt, dann droht ihm die Exkommunizierung. Das heißt, dass er die längste Zeit Priester war. Aber wenn er es nicht anzeigt, dann verstößt er gegen das Gesetz. Denn das StGB sieht in §138 vor, dass man mit dem Wissen einer geplanten Straftat eine anzeige machen muss.

Wie kann man das Beichtgeheimnis mit dem Gesetz vereinbaren? Wie kann es sein, dass man durch die Kirche ein Gesetz außer Kraft treten lassen kann? Warum gilt ein Gesetz für Kirchenmitarbeiter nicht? Ist die katholische Kirche wirklich so mächtig, dass sie ein Gesetz dementsprechend aushebelt?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Zum einen: Ja, die Kirche ist so mächtig. Aber hier empfinde ich es eher als gerechtfertigt, als was sie sich sonst so erlaubt. Das Kirchenrecht ist sehr viel älter als jeder nationale Gesetzestext. Die deutsche Bundesrepublik ist gerade mal etwas älter als 60 Jahre. Das Beichtgeheimnis wurde 1215 ins Kirchenrecht integriert, also vor knapp 800 Jahren. So sehr ich die Kirche als Institution ablehne, finde ich es gut, dass so alte Gesetze nicht von einer nationalen Regierung einfach übergangen werden.

Die Aufgaben eines Beichtvaters sind vergleichbar mit denen von Therapeuten. Und Therapeuten haben auch weitreichendere Befugnisse, die Geheimnisse ihrer Patienten zu bewahren. Diese dürfen und unter bestimmten Umständen müssen sie ihre Schweigepflicht brechen, wenn Leib und Leben ihres Patienten oder einer anderen Person gefährdet sind. Aber einen Mord könnte man ihnen anvertrauen.

Beide Personengruppen - Therapeuten und Beichtväter - können nur agieren, wenn man ihnen dieses Vertrauen entgegenbringen kann. Und ich denke, durch dieses Vertrauen gelingt es ihnen, Gutes zu tun und Schlechtes abzuwehren. Viele Gewalttäter hadern mit ihrer Persönlichkeit, viele Kinderschänder wollen keine Kinder missbrauchen. Sie brauchen diese Unterstützung, um anderen nicht wehzutun. Ich denke, das wiegt es auf, dass Morde gestanden werden und die Polizei nichts davon erfährt.

Dass Priester aber auch bei Gefahr nicht handeln dürfen, ist ein strittiger Punkt, der auch mir nicht gefällt. Da spielt dann wieder das "Gott wird es schon richten" eine Rolle, das mir als Atheisten natürlich schnurzegal ist.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ein solcher Fall wird wohl nicht vorkommen. Man beichtet doch keine geplanten Straftaten. Denn in dem Moment, wo man sie plant, kann man sie ja nicht bereuen und beichten. Man kann Fantasien beichten, aber das ist noch keine Planung. Wenn man eine Planung beichtet, nimmt man ja auch die Buße des Pastors auf sich. Diese könnte dann einfach sein, die Tat nicht zu begehen. Also dein Szenario ist völlig unlogisch.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



anlupa hat geschrieben:Ein solcher Fall wird wohl nicht vorkommen. Man beichtet doch keine geplanten Straftaten. Denn in dem Moment, wo man sie plant, kann man sie ja nicht bereuen und beichten. Man kann Fantasien beichten, aber das ist noch keine Planung. Wenn man eine Planung beichtet, nimmt man ja auch die Buße des Pastors auf sich. Diese könnte dann einfach sein, die Tat nicht zu begehen. Also dein Szenario ist völlig unlogisch.

So unlogisch ist das nicht. Derjenige muss die Tat ja nicht im Einzelnen planen. Aber er könnte sich rächen wollen und darin den einzigen Weg sehen, aber moralisch noch mit sich hadern. Oder eben unter einem psychischen Zwang stehen. Wie gesagt wollen viele Mörder gar keine Mörder sein, sondern ein innerer Zwang treibt sie dazu. Sie spüren, wenn der Zwang immer größer wird und einige könnten in der Situation Hilfe bei einem Therapeuten oder einem Priester suchen. Der Therapeut kann zur Polizei gehen, wenn er die Situation als gefährlich einstuft. Der Priester darf es nicht, wenn er Priester bleiben will.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Der Paragraph 139 des Strafgesetzbuches aber beschreibt doch genau die Fälle, in denen es Straffrei bleibt, wenn man von einer geplanten Straftat weiß aber keine Anzeige erstattet. So steht hier schon im Absatz 2, dass ein Geistlicher sich nicht strafbar macht, wenn ihm so was im Rahmen einer Beichte anvertraut wird. Steht der Geistliche hingegen an der Kasse im Supermarkt und hört ein Gespräch mit, in dem ein konkreter Mordplan besprochen wird, muss er natürlich auch eine Anzeige erstatten und kann sich nicht auf sein Beichtgeheimnis berufen.

Nebenbei glaube ich auch, dass auch Rechtsanwälte, Psychologen oder Ärzte straffrei bleiben, sofern sie ihr Wissen von der bevorstehenden Straftat im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Täter oder die Täterin erfahren haben.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


derpunkt hat geschrieben:Der Paragraph 139 des Strafgesetzbuches aber beschreibt doch genau die Fälle, in denen es Straffrei bleibt, wenn man von einer geplanten Straftat weiß aber keine Anzeige erstattet... Nebenbei glaube ich auch, dass auch Rechtsanwälte, Psychologen oder Ärzte straffrei bleiben, sofern sie ihr Wissen von der bevorstehenden Straftat im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Täter oder die Täterin erfahren haben.

Aber Rechtsanwälte, Ärzte und all die anderen stehen unter Absatz 3. Also für die gelten die Ausnahmen, die unter 1., 2. und 3. genannt werden, oder?! Mord, Totschlag, Völkermord. Terroranschlag, erpresserischer Menschenraub etc. Diese Einschränkungen gelten aber nicht für einen Priester bei der Beichte? (Link zum Paragraphen 139 )

Also die Kirche hat den Paragraphen 138, der vorschreibt, eine Straftat anzuzeigen natürlich nicht ausgehebelt, aber Priestern steht tatsächlich sehr viel mehr zu als anderen Berufsgruppen, denen Straftaten gestanden werden.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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