Schwierigkeiten wenn Familienmitglieder kriminell waren?

Neulich habe ich von einem Bekannten gehört, der Schwierigkeiten hat eine berufliche Anstellung zu finden, weil bekannt ist, dass sein Vater vor vielen Jahren mal einen bewaffneten Tankstellenüberfall gemacht hat. Einige berufliche Türen blieben für ihn geschlossen. Eigentlich wollte er Polizist werden. Aber das durfte er nicht, weil sein Vater kriminell war. Dann wollte er Bankkaufmann werden und auch das wurde ihm verwehrt.

Dann erfuhr ich von einem Fall, wo die Mutter einer früheren Klassenkameradin wegen Drogenhandels im Gefängnis saß. Die Tochter hat damals Pharmazie studiert und hat wegen ihrer Mutter keine Anstellung in einer Apotheke bekommen. Sie ist dann in eine andere Stadt und als herauskam, was ihre Mutter mal gemacht hat, war sie schnell arbeitslos.

Auch habe ich schon oft gehört, dass Menschen von anderen Menschen gemieden werden, wenn sie Angehörige haben, die kriminell waren. So war im Fernsehen mal ein Bericht von einem Bruder eines Kinderschänders, der von allen Leuten gemieden wurde und wird, weil sein Bruder Mist gebaut hat. Eine Mutter wird gemieden, weil der Sohn eine Frau vergewaltigt hat.

Mal ehrlich, warum straft man Angehörige für etwas, was sie nicht gemacht haben? Ist die deutsche Gesellschaft wirklich so verbissen, dass sie die Angehörigen unbedingt mit einem straffällig gewordenen Angehörigen vergleiche und ihm das Gleiche zutrauen? Wie denkt ihr über so ein Verhalten? Darf im Beruf wirklich auch danach entschieden werden, was die Angehörigen gemacht haben?

Ich kenne solche Beispiele auch und muss sagen, dass ich es extrem schade finde, dass die Menschen so ticken. Immerhin kann sich jeder Menschen eigenständig entwickeln und etwas anderes aus sich machen als seine Verwandtschaft vielleicht ist. Wir bestimmen unser Leben doch selber und da sollte man wirklich nicht Verwandte abstrafen nur weil ihre Angehörigen Straftaten begangen haben. Ich finde, dass man gerade beruflich nicht den Leuten im Weg stehen darf und jeder eine eigene Chance verdient hat. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Vielleicht denken die Leute, dass die Genetik dafür sorgt, dass verwandte Menschen gleich handeln, so ist es ja aber nicht.

Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich von mir nicht behaupten, dass ich solche Fälle kenne. Es gibt Fälle, wo vermutet wird, dass jemand Dreck am Stecken hatte, aber ich würde das niemals auf die Angehörigen projizieren. Aber das ist nur in einem privaten Kreis so. Wenn man eine öffentliche Position einnimmt, wie bei der Polizei oder bei der Bank kann ich es in irgendeiner Art und Weise schon nachvollziehen, dass man darauf achtet, dass die Leute eine "weiße Weste" haben - auch in ihrer direkten Umgebung. Bei der Polizei kann ich mir das auch nur so vorstellen, dass nach dem Motto gehandelt wird "Blut ist dicker als Wasser". Wenn der Vater schon einmal straf auffällig wurde, kann es noch einmal vorkommen und da steht die Befürchtung nahe, dass sein Sohn ihn decken wollte. Natürlich ist das nun sehr weit gesponnen, aber ich kann mir vorstellen, dass ich so denken würde, wenn ich in solch einer Position wäre.

Natürlich finde ich es schade, dass die Leute auf ihr Umfeld beschränkt wird, weil sich jeder schließlich alleine entwickelt und nicht dem Vorbild anderer nach eifert - schon gar nicht, wenn es um Kriminalität geht. Aber darüber müssen sich viele Leute wohl erst einmal im Klaren werden.

Ich kenne einen Jungen aus der Nachbarschaft, der hatte mit einigen Nachbarskindern massive Probleme. Sein Vater sitzt seit über 3 Jahren im Gefängnis, weil er nachgewiesenermaßen eine 16-Jährige vergewaltigt hat. Der Sohn kann ja nichts für die Fehler seines Vaters, trotzdem haben ihn viele Nachbarskinder gemieden und manche der älteren haben ihn sogar verprügelt um ihre Angehörigen zu schützen. Ich verstehe so ein Verhalten nicht, aber es scheint fast so, als hätten manche Menschen Angst, dass kriminelles Verhalten in den Genen liegt.

Es ist bestimmt nicht richtig, dass man ein Familienmitglied für die Fehler und Verbrechen eines Verwandten meidet und ihm Steine in den Weg legt. Verstehen kann ich allerdings, dass die Tochter in einer Apotheke nicht willkommen ist, wenn die Mutter mit Drogen gehandelt hat und deshalb auch im Gefängnis saß. Hier muss damit gerechnet werden, dass die Mutter ihre Tochter so beeinflusst, dass diese der Mutter aus dem Arzneimittelbestand der Apotheke das Gewünschte besorgt. Ebenso besteht bei einem Bankkaufmann die Gefahr, dass der kriminelle Vater sich die Schlüssel der Bank über den Sohn beschafft, um so an Geld zu kommen.

Aber wie kommst du darauf, dass dieses ein Problem der Deutschen ist? Es wird überall auf der Welt so sein. Die Familienangehörigen von Verbrechern werden unberechtigt überall diskriminiert. Dagegen können sie kaum etwas machen, nur weit wegziehen und wenn möglich sich einen anderen Namen zulegen. Es ist traurig, dass Unschuldige unter der Kriminalität eines Angehörigen leiden müssen. Leider ist das privat so, wie auch im Berufsleben. Es ist nicht richtig, aber menschlich verständlich.

Ich kenne auch eine Frau, deren Sohn seine Freundin ermordet hat. Sie benimmt sich ganz normal, besucht ihren Sohn im Gefängnis. Zu ihren Vorgesetzten und Kollegen/innen hat sie ein ungetrübtes, ganz normales Verhältnis. Die Kollegen treffen sich und feiern zusammen und niemand rechnet es ihr an, dass ihr Sohn dieses Verbrechen beging. Er war bis zu dieser Tat ein ganz normaler, gut erzogener junger Mann.

Du siehst, es gibt auch andere Fälle. Vielleicht kommt es auch auf das Verhalten des Familienmitglieds an. Ich glaube, wenn ganz normal mit solchen Tatsachen umgegangen wird, ist die Reaktion der Mitmenschen weniger schlimm.