Scham wegen Luxusproblemen?
Schämen würde ich mich für meine Luxusprobleme dann, wenn ich für die weniger privilegierte Stellung von anderen Menschen direkt verantwortlich wäre oder wenn es in meiner Macht stehen würde etwas Signifikantes zu ändern. Es ist weder mein Verdienst noch mein Verschulden, dass ich der "ersten Welt" geboren und deshalb finde ich Scham genauso unangebracht wie Nationalstolz.
Ich bin mir aber schon bewusst, dass vieles, was hierzulande als Problem gilt, im Prinzip total trivial und unwichtig ist. Über solche Dinge wie Fernsehprogramme rege ich mich schon lange nicht mehr auf und in anderen Fällen kann ich auch gut über mich selber lachen. Wenn ich mich zum Beispiel darüber aufrege, dass es keine Stereoanlage gibt, die gut ist und gut aussieht ist mir auf einer anderen Ebene durchaus bewusst, dass es mir gut geht, weil ich mir eine neue Anlage leisten kann.
Ich denke uns in Mitteleuropa und allgemein der ersten Welt ist der Wohlstand durchaus bewusst. Manchmal regen wir uns dabei auch über lächerliche Kleinigkeiten auf, doch die Frage ist dann eben, wie ernst wir das meinen. Das ist dann eher meckern als ernsthafte Sorge. Es wurden bereits einige gute Beispiele gebracht. Beispielsweise ist es doch absurd, dass wir gleich nichts mehr mit uns anzufangen wissen, wenn einmal das Internet für einige Stunden nicht funktioniert. Genauso meckern wir, weil wir keinen Broccoli oder keine Fisolen mögen, und es für uns unzumutbar ist, das zu essen.
Ich denke, dass man durchaus sagen kann, das wir sehr viel meckern und uns auch dafür schämen sollten. Ich tue es im Nachhinein dann manchmal, wenn ich über mein Verhalten nachdenke. Diese Tatsache zeigt uns, dass man Glück nicht mit Materiellem messen kann. Es wird immer gedacht, dass es uns so gut geht, weil wir alles im Überfluss haben. Es wird aber vergessen, dass Glück und materieller Wohlstand nicht gleichzusetzen ist. Natürlich trägt das zum Wohlbefinden bei, aber nicht ausschließlich. Trotzdem ist die Suizidrate in Industriestaaten um ein Vielfaches höher, als im ärmsten Land der Erde. Wir haben eben mit anderen Problemen zu kämpfen, beispielsweise Stress, Burn-Out, usw.
Das bezieht sich jetzt natürlich auf uns, also die Mittelschicht. Ich denke, dass die meisten hier dieser Gesellschaftsschicht angehören, also dem mittleren bis unterem Gehaltsschichten. Eine Ausnahme bilden die "Reichen". Also Menschen, die reich sind, ohne hart dafür zu arbeiten. Es gibt auch Menschen, die ihr ganzes Leben hart arbeiten und sich ihren Wohlstand verdient haben. Ich denke, dass diese ihr Leben und ihren Luxus auch viel mehr schätzen als die, die kaum arbeiten und geerbt haben. Dazu zählen beispielsweise Prominente, die vollkommen überbezahlt werden. Wenn man sich Sendungen ansieht, in denen Promis auf Wohnungssuche gezeigt werden, dann kommt mir manchmal das Lachen, so lächerlich verhalten sich die. Sie regen sich z.B. auf, weil die Küche nur 25m² groß ist. Frauen geben ihre Schoßhündchen in Hundehotels, in denen sie fragwürdig verwöhnt werden, und tragen gleichzeitig Pelzmäntel. Da läuft einiges falsch. Lösung würde nur eine materielle Reduktion in der ersten Welt bringen, zugunsten der dritten Welt.
Ich habe ab und an so meine klaren Momente, wo ich mir sage, man geht es dir gut, aber ich schätze, diese Momente kommen noch viel zu selten und unbewusst, als das ich wirklich von mir sagen könnte, ich wäre mir meiner privilegierten Situation vollends bewusst. Ich glaube aber auch, dass wir das in unserer Situation sogar nicht können, wenn wir noch nie das richtige Elend erlebt haben. Die meisten Menschen hier in Deutschland haben keine Ahnung davon, wie es ist Hunger zu haben, zu frieren und wirklich kein Geld zu besitzen. Wenn sie dann aber schon unter den Verdienst des Mittelstandes rutschen, meinen sie zu den Armen zu gelten und fühlen sich schlecht und elend, eben weil sie keine Ahnung davon haben, was es wirklich bedeutet, kein Geld zu haben. Dem Mittelstand in Deutschland geht es dafür einfach viel zu gut, wir sind bereit mehrere Hundert Euro für unsere Klamotten und Elektrogeräte wie Handys und Konsolen auszugeben, wir können es uns erlauben jede Woche mehrmals Zigaretten und Alkohol zu kaufen und frisch zu kochen, unsere Kinder übertrumpfen sich in der Schule mit Markenklamotten.
Wie also kann jemand der wirkliches Elend noch niemals erlebt hat, von sich sagen er würde es verstehen und sich über seine eigene Lage freuen, damit zufrieden sein. Ich denke schon, dass man sich ein gewisses Bild davon machen kann, wie es in anderen Ländern der Erde zu geht. Wir sehen es im Fernsehen, wir lesen es in der Zeitung, aber was bekommen wir mit? Im Grunde auch nur das, was man uns präsentieren will. Einige Zeit lang wird die Hungersnot in Afrika wieder hoch aufgepuscht und wenige Monate danach weiß keiner mehr davon und alle haben es vergessen, deswegen hungern die Menschen dort aber nicht weniger. Wir haben deswegen eigentlich nur ein sehr beschränktes Bild von dem, was sich woanders abspielt und sind kaum dazu in der Lage, uns in diese Menschen hineinzufühlen und sie richtig zu verstehen, geschweige denn zu erahnen, wie schlecht es ihnen wirklich geht.
Dennoch ist es uns durch diesen Eindruck gewissermaßen möglich, abzuschätzen, dass es uns verhältnismäßig gut geht und wenn es bei den meisten Menschen wohl auch nur wenige lichte Momente sein werden, in denen sie sich dessen bewusst werden. Letztendlich muss man aber sagen, dass uns durch dieses fehlende Bewusstsein einfach ein anderes Lebensstandart aufgezwungen ist, dass eigentlich gar nicht zulässt, dass wir mit unserer Situation zufrieden sind, selbst im Vergleich mit anderen Zuständen nicht. Uns werden Schönheitsideale und Konsumorientierung in den Medien präsentiert und Tag für Tag aufgetischt, wir sind dadurch eigentlich schon so manipuliert, dass unser Weltbild dadurch komplett verfälscht ist. Deswegen werden wir eigentlich nur für ganz kurze Momente wirklich glücklich darüber sein können, was wir haben, im nächsten Augenblick wird uns gleiche wieder vor Augen geführt, dass wir in unserer Gesellschaft eben als arm gelten, eben weil wir das neue iPhone nicht haben, nur einen Acer anstatt dem Apple Laptop, eine Hose von H&M und keiner Prollermarke wie EdHardy.
Meine Erfahrungen in Sachen elend sind eher Bescheiden. In meiner frühen Kindheit und Anfang der Jugendphase hatte ich mit einer schweren Krankheit zu kämpfen, war mehrere Monate im Krankenhaus und bin trotz Untergewicht noch um einiges abgemagert, dass waren schwere Zeiten, aber nicht so schwer, dass ich behaupten könnte mein ein schweres Schicksal erlitten zu haben. Als ich mal eine Tante in Polen besucht habe, die ich sonst kaum sehe, musste ich feststellen, dass sie dort im Sommer nur kaltes Wasser haben, weil sie dann nicht heizen und wenn sie nicht heizen, gibt es eben auch kein warmes Wasser. Wenn man sich die Haare waschen wollte, musste man extra Wasser im Wasserkocher oder Topf warm machen und das war schon ziemlich aufwendig, außerdem eine ziemliche Umgewöhnung. Und wenn man da schon empfindet, als wäre man irgendwo fern der Zivilisation, weil es kein fließend Warmwasser gibt und nur eine Steckdose im Zimmer, dann ist das peinlich!
Nein, mir fällt gerade nicht wirklich etwas ein, wo ich mich dann auch richtig geschämt hätte. Manchmal sind mir Kommentare sauer aufgestoßen, aber geschämt habe ich mich wohl eher nicht so recht. Vielleicht eher wegen meinem stoischen Verhalten, aber nicht wegen dem Problem an sich, denke ich gerade.
Ich habe mir letztens auch erst wieder anhören müssen, dass es andere ja noch viel schlechter haben, auch wenn es mit einer Einschränkung gesagt wurde, hat es mich dennoch getroffen. Denn ich sehe mich selbst nicht so, dass ich viel unnötig herum jammere, eher kümmere ich mich häufiger nicht so sehr, um meine Grenzen. Manchmal brauche ich auch einfach mal eine Umarmung von einem Freund, damit ich mich nicht so schlecht fühle. Das kann so hilfreich sein, wenn es einfach nur ernst gemeint ist.
Luxusprobleme habe ich derzeit eh wirklich weniger, allerdings fehlen mir hier und da ein paar Kleinigkeiten, die mir mein wohnen noch etwas unnötig erschweren. Hätte ich jetzt plötzlich all die Sachen, wäre ich vermutlich überfordert, weil ich nicht wüsste, wo ich nun anfangen sollte und gerade eh mal so stark erkältet bin, wie schon lange nicht mehr und mich wirklich elend fühle.
An wirklich kleinen Dingen störe ich mich aber schon viel seltener, als das mal der Fall gewesen ist. Das ist auch wirklich gut so.
Natürlich kann man sagen, dass die meisten unserer Probleme eher unbedeutend sind, wenn man sich mal anguckt, dass andere Leute wirkliche Probleme haben. Allerdings schäme ich mich nicht dafür, wenn ich sowas anspreche, denn für mich sind diese Sachen dann auch in dem Moment Probleme. Zugegebenermaßen jammere ich auch nicht darüber, wenn die Nudeln im Supermarkt gerade nicht erhältlich sind, denn das ist wirklich kein Problem.
Allerdings gibt es auch in meinem Umfeld Menschen, die größere Probleme haben als ich und da achte ich dann schon ein wenig darauf, dass ich nicht nur von meinen "Problemchen" erzähle. Und gerade solche Kommentare wie: "Ich habe immer nur Pech im Leben", klemme ich mir dann schon. Wenn mir sowas doch mal rausrutscht, ist mir das sonst schon ein wenig unangenehm.
Hm, gute Frage! Ich würde mich da zu den Individuen zählen, die sowohl echte als auch reine "Luxusprobleme" (gutes Wort übrigens!) an der Backe haben. Jetzt bin ich von Haus aus schon ein Mensch der sich überhaupt nicht so leicht aufregt bzw. aufregen lässt, aber man muss auch generell sagen dass sich die Perspektive schon durch Vieles zurechtrückt. Damit meine ich, dass ich beispielsweise wenn es mir gesundheitlich grade ganz gut geht mich nicht im gleichen Maß über einen zum Beispiel versäumten Autobus aufrege wie ich das früher vielleicht mal getan hätte, ganz einfach weil mir bewusst ist dass das absolut belanglos ist im Vergleich.
Ein bisschen verändert sich dadurch auch die Einschätzung meiner Umgebung, wenn ich zum Beispiel grade bei einem Zoobesuch arg zu kämpfen habe mit dem Gehen und meine Bekannte (quietschfidel und gut zu Fuß) die mitgeht sich endlos darüber aufregt dass man nicht an jeder Ecke ein kühles Getränk kaufen kann und dass das eine Frechheit wäre und sich stundenlang darüber auslässt wie arm sie denn ist, weil sie 3 Meter extra gehen muss; da denke ich mir natürlich meinen Teil, obwohl das für sie sicher auch ein "echtes" Problem ist.
Wer sich mit Luxusproblemen herum schlägt hat doch selber Schuld. Hier stellt sich für mich erst einmal die Frage, was ist denn Luxus. Doch nicht unbedingt die materielle Seite im Leben. Für mich ist Luxus z.B. die Gesundheit, die mit viel Geld nicht zu bezahlen ist, oder ist nicht auch Luxus, wenn man einen Partner hat, der einen liebt und zu einem steht ? Da ist doch irgendwelche Luxusklamotte von irgendeinem Designer doch wohl nichts dagegen.
Warum muss man denn auch alles neu kaufen. wenn man schon irgendwelchen Luxus haben möchte. ? Geht nicht auch ein Rolex.Duplikat ? Das sieht sowieso keiner, wenn man die Uhr am Handgelenk trägt. Hauptsache da steht Rolex drin. Die Fachleute, die den Wert schätzen können, sehen das doch erst bei einem Verkauf. Oder Designerkleidung aus zweiter Hand; warum nicht ? Das sieht doch auch kein Mensch, ob das Abendkleid oder Kostüm aus zweiter Hand ist. Vielmehr kommt es meiner Meinung nach darauf an, wie es getragen wird. Sieht man toll darin aus, wird man auch bewundert und vielleicht sogar beneidet. Das ist gut für das Ego.
Ich lebe auch so und habe wenig Probleme damit, gebrauchte Designersachen zu tragen. Ich sage mir, im Bekleidungsgeschäft probiere ich ja auch die teuren Sachen an. Gute Gebrauchte Designerkleidung ist auch wenig getragen und wenn man Glück hat, kauft man sogar neue Kleidung wegen einem Fehlkauf.
Ich schäme mich wegen meiner Probleme grundsätzlich nicht. Ich weiß zwar, dass meine Probleme sicherlich nicht so schwerwiegend sind, wie beispielsweise die Probleme von hungernden Kindern in Afrika, wobei ich trotzdem nicht finde, dass meine Probleme nun unbedeutend sind. Mir ging es oftmals in meinem Leben schlecht und ich finde nun nicht, dass es sich dabei um wirklich luxuriöse Probleme gehandelt hat. Natürlich gibt es immer Menschen, mit weitaus schlimmeren Problemen, aber mich haben meine Probleme auch oftmals sehr mitgenommen und von daher denke ich nicht, dass meine Probleme so unwichtig waren.
Natürlich habe auch ich hin und wieder Probleme, die man wirklich als unsinnig bezeichnen könnte. Immerhin ist es doch eigentlich schwachsinnig, sich so große Gedanken um ein Outfit zu machen. Trotzdem erwische ich mich hin und wieder dabei, wie ich fast verzweifle, weil ich einfach nicht weiß, welches Outfit ich für die Party anziehen könnte.
Ich denke, dass es in der heutigen Gesellschaft jedoch völlig normal ist, dass man solche völlig unwichtigen Probleme so ernst nimmt. Immerhin sind wir so aufgewachsen und haben es gar nicht anders kennen gelernt. Von daher ist es für uns absolut normal, dass wir hin und her überlegen, was wir anziehen könnten, wenn wir beispielsweise ein Bewerbungsgespräch haben. Niemand von uns würde auf die Die kommen, dieses Problem als unwichtig zu bezeichnen. Von daher denke ich, dass diese Probleme einfach zu unserer Gesellschaft dazu gehören und auch nicht wegzudenken sind, weshalb einem so etwas auch nicht peinlich sein muss.
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