Wer wird bei vielen Verletzten zuerst versorgt?

Es gab ja kürzlich den tragischen Fall, bei dem eine Frau bei einem Unfall von den Rettungssanitätern für tot gehalten wurde, dann im Leichensack sozusagen wieder zum Leben erweckt wurde und sich durch Zappeln bemerkbar machte und dann später doch an ihren schweren Körperverletzungen starb, nachdem sie in ein künstliches Koma versetzt wurde.

Die Rettungskräfte wurden von jeder Schuld freigesprochen, weil sie richtig gehandelt haben und sich nach einem kurzen Vergewissern über den Zustand der Frau zuerst um die Kinder gekümmert haben. Ich finde zwar auch richtig, dass sie sich zuerst um die Kinder kümmerten, nachdem sie bei der Frau in ihren Augen nichts mehr machen konnten. Aber hätten sie sie gleich für tot erklären müssen? Sie hätten sie zur weiteren Abklärung vielleicht nicht in einen Leichensack packen, sondern mit einer Trage ins Krankenhaus bringen müssen.

Aber unabhängig davon frage ich mich, ob es für Rettungssanitäter eine Reihenfolge der Rettung gibt, wenn es sich um viele Verletzte handelt. Werden immer erst die Kinder behandelt oder kommen zuerst die Schwerverletzten an die Reihe? Geht es vielleicht nach Alter und Geschlecht oder kümmert man sich zuerst um die, die am nächsten liegen oder um die, die am lautesten schreien? Oder lässt man die, die am lautesten schreien, zuerst in Ruhe, da sie ja offensichtlich noch schreien können und noch eine Zeit lang durchhalten? Weiß jemand von euch, ob es da eine vorgeschrieben Reihenfolge gibt? Oder denkt man auch als Rettungssanitäter in solchen Extremsituationen gar nicht darüber nach und handelt rein instinktiv?

Ich habe darüber auch Berichte im Fernsehen gesehen und dort wurde gesagt, dass die Sanitäter zuerst die behandeln, bei denen sie noch eine Chance sehen, dass diese überleben bzw. bei denen sie Lebenszeichen erkennen. Das wäre auch die richtige Vorgehensweise. Daher denke ich nicht, dass grundsätzlich immer Kinder zuerst versorgt werden.

Bei einem Unfall mit vielen Verletzten ist es sicher nicht leicht zu entscheiden, wer als Erstes behandelt wird. Aber nach irgendeinem Muster müssen die Helfer dabei ja vorgehen.

Zunächst wird sich sicherlich erst mal ein Überblick verschafft. Ganz alleine fahren 2 Leute da ja nun auch nicht hin und so wird sicherlich jeder erst mal angeschaut. Nun geht es sicherlich nach Dringlichkeit. Wenn da ein leicht verletzter Patient liegt, wird man ihm sicherlich sagen, dass gleich jemand kommt, wenn da zu wenige vorhanden sind. Ansonsten werden erst mal schwere Fälle behandelt. Bei denen muss man dann sehen, was man noch machen kann und sie soweit transportfähig machen, danach kommen die weniger schwer Verletzten. Da aber meistens mehrere Einsatzkräfte vor Ort sind, wird auch parallel behandelt und nicht nach der Reihe nach.

Zunächst muss man die Unterschiede der Rettungskräfte beachten. Rettungssanitäter ist eine Fortbildung, Rettungsassistent eine Ausbildung. Allein ein Arzt hat die Befugnis jemanden für Tot zu erklären.

Sind bei einem Einsatz mehrere Verletzte, wird bei offensichtlich bestehender Lebensgefahr z.B. abgetrennte Gliedmaßen, starke Blutungen zu erst behandelt. Eine Regel das Kinder vorrangig versorgt werden gibt es nicht.

Es ist sicher tragisch das solche Fehlentscheidungen vorkommen. Nicht vergessen sollte man dabei das auch erfahrene Einsatzkräfte nur Menschen und deren technische Ausstattung nur Maschinen sind. Dazu kommt die Situation bei einem Unfall die immer Stress bedeutet. Unfehlbar sind leider weder Mensch, noch Maschine.

Naja - soweit ich weiß, hat die Frau nicht quicklebendig im Leichensack herum gezappelt, sondern als sie in die Pathologie gefahren werden sollte, hat man bemerkt, dass sie noch atmet. Ansonsten war sie eben sehr schwer verletzt, weshalb man sie auch für tot gehalten hatte. Ich habe die Meldung noch am gleichen Tag hier im Radio gehört, weil ich aus der Nähe komme, und danach wurden ihr Herzschlag überprüft und der war zumindest nicht messbar.

Ansonsten gibt es eine klare Regel - wer am schwersten verletzt ist, wird zuerst versorgt, denn bei ihm kann es um Leben und Tod gehen. Wer nur eine einfache Schürfwunde hat, wird auch nach einer halben Stunde noch leben und kann dann versorgt werden. Diese Regel, dass Kinder zuerst versorgt werden, gibt es nicht. Allerdings muss man bei Kindern nach einem Verkehrsunfall auch schon bei der ersten Bestandsaufnahme sehr genau gucken, ob sie nicht vielleicht doch schwer verletzt sind, denn Kinder haben leider die Angewohnheit, dass sie auch schwere Verletzungen, z.B. innere Blutungen nicht so richtig anzeigen können.

Ansonsten gibt es meines Wissens in etwa die Faustregel: Wer noch schreien kann, dem kann es nicht so schlecht gehen, dass er gleich tot ist. Aber das sind eben alles nur Faustregeln. Ich denke, die Entscheidung bei einem so chaotischen Verkehrsunfall zu treffen, wer als erstes behandelt wird, ist sehr schwer. Das sieht man aber auch in Notaufnahmen im Krankenhaus, wo auch nicht immer die richtige Entscheidung getroffen wird. Mein Vater wäre beim Warten fast gestorben, weil er nichts gesagt hat, sondern brav wartete - es wusste nur leider keiner, dass er akutes Nierenversagen hatte.

Bei vielen Verletzten gibt es auch die sogenannte Triage. Die wird im Katastrophenfall angewendet. Ein "normaler", wenn auch schwerer, Verkehrsunfall zählt da sicherlich noch nicht so ganz dazu, sondern es betrifft eher solche Ereignisse wie Erdbeben, Zugunglücke und solche Sachen, wo es wirklich zu sehr vielen Verletzten kommt, um die man sich nicht alle gleichzeitig kümmern kann.

Dort werden die Verletzten zunächst gesichtet und in Kategorien eingeteilt. Es ist schon eine Weile her, dass ich das mal gelernt habe, aber die Kategorien müssten sich gliedern in Leichtverletzte, Schwerverletzte, lebensgefährlich Verletzte, Schwerstverletzte ohne Überlebenschance und Tote. Jeder Verletzte bekommt ein entsprechendes Kärtchen mit einer bestimmten Farbe zugeordnet, sodass man sofort erkennen kann, in welche Kategorie die Person fällt.

Als erstes wird sich dann um die Verletzten gekümmert, bei denen eine lebensnotwendige Behandlung erforderlich ist. Danach sind die Schwerverletzten dran, die ebenfalls dringend behandelt werden müssen, aber keine akute Lebensgefahr besteht und schließlich folgen die Leichtverletzten. Die Leichtverletzten werden oft erst mal nur gesammelt betreut, wenn es denn möglich ist. Die Schwerstverletzten ohne Überlebenschance werden gar nicht behandelt. Wenn genügend Personal vorhanden ist, werden diese jedoch betreut.

Hierbei werden dann auch keine Kinder bevorzugt, höchstens vielleicht innerhalb einer bestimmten Kategorisierung. Wenn man dann irgendwann bei den Leichtverletzten angekommen ist, während alle anderen schon versorgt wurden und dabei ist ein Kind mit einem gebrochenen Arm und ein Erwachsener mit einem gebrochenen Arm, dann würde man sich sicherlich erst um das Kind kümmern.

Ich selbst bin kein Rettungssanitäter oder dergleichen und habe außer meinem Erste-Hilfe-Schein auch sonst keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Verletzten bei Unfällen, etc., aber eigentlich sagt der logische Menschenverstand einem doch, wie man in einer solchen Situation vorgehen muss. Ganz egal, ob bei Autounfall, Sportunfällen, Plötzlichen Panikreaktionen auf Großveranstaltungen, etc., eigentlich sollte man doch immer überall gleich handeln. Dein Beispiel mit der Frau im Leichensack ist vielleicht ein bisschen unglücklich gewählt.

Ich würde natürlich genauso handeln und wenn ich feststellen würde, dass die Frau augenscheinlich tot ist, dann würde ich mich zuerst um die Kinder kümmern. Hätte ich wiederum festgestellt, dass die Frau jedoch schwer verletzt ist, die Kinder aber sonst nichts weiter haben, hätte ich mich selbstverständlich zuerst um die Frau gekümmert und hier noch versucht, deren Leben zu retten. Ich denke mal, dass jeder so handelt. Wie würdest denn du vorgehen, wenn vor dir eine Frau mit einer offenen Kopfwunde liegt, und daneben ein Kind, dessen Knie offen ist? Welche Maßnahme ist bei wem wohl dringlicher? So würde ich entscheiden, und nicht andersrum. Ich denke mal, dass man es als Rettungssanitäter auf keinen Fall anders lernen wird. Man beurteilt denke ich mal immer nach eigenem Ermessen.