Unerwarteterweise genügend Geld und Zeit - was nun tun?

Ich bin momentan in einer Situation, die ich zwar schon so erwartet habe, die sich aber anders anfühlt, als ich dachte. Bis vor etwa einem Jahr hatte ich nicht übermäßig, aber genügend Geld, aber sehr, sehr wenig Zeit. Ich war beruflich extrem eingespannt und musste mich zusätzlich noch um meine pubertierenden Kinder kümmern. Es war ein jährlicher Urlaub drin und auch gelegentliche Restaurantbesuche. Auch eine große Wohnung konnten wir uns leisten.

Kurz vor einem sich anbahnenden Burnout und Problemen mit meinem Jüngsten griff ich zur Notbremse und kündigte meinen gut bezahlten Job sehr spontan. Da ich der Allgemeinheit nicht zur Last fallen wollte, habe ich mich freiberuflich mehr schlecht als recht übers Wasser gehalten. Ich sparte extrem, um die Miete zusammenzubekommen. Viel mehr war auch nicht drin, ich lebte im übrigen von meinen Ersparnissen, die aber auch nicht allzu üppig waren.

Nun bin ich in einem Zustand, den ich so nicht mehr kenne. Durch eine vorher nicht absehbare Erbschaft, eine Teilzeittätigkeit und die Untervermietung meiner Wohnung kann ich bis zur Rente relativ stressfrei leben. Die Kinder sind so ziemlich gleichzeitig, teilweise unerwartet schnell, ausgezogen, sodass ich im Haushalt fast nichts mehr zu tun und ungewohnt viel freie Zeit habe. Ich reagiere aber nicht so, wie ich mir immer erträumt hatte. Ich kann die Zeit nicht richtig genießen, weil ich nicht so recht weiß, was ich mit ihr anfangen soll. Ich hänge nur sinnlos herum, obwohl ich mir vorgenommen hatte, wieder anzufangen zu malen, einem Wanderclub beizutreten, neue Rezepte auszuprobieren und vieles. Das erscheint mir plötzlich nicht mehr erstrebenswert.

Wie würdet ihr eure Zeit verbringen, wenn ihr sie plötzlich und völlig ungewohnt zur freien Verfügung hättet und ihr euch auch um Geld keine Gedanken mehr machen müsstet? Ich schwimme zwar nicht in Geld, aber es reicht für ein normales Leben.

Das nennt man dann wohl Luxusproblem. Ich bin zur Zeit in einer ähnlichen Situation wie du, wenn auch unter ganz anderen Umständen. Ich habe Ferien und wie du auch vor nun schon drei Jahren einiges an Geld Geld geerbt, aber auch viel durch Nebenjobs dazu verdient und habe mir nun schöne Ferien machen können. Bei mir ist die Zeit aber begrenzt gewesen, immerhin beginnt jetzt im September meine Ausbildung und ich habe daher versucht, die Zeit nach dem Abitur einfach zu genießen und Dinge zu machen, die schon lange auf meiner To-Do-Liste in meinem Kopf standen. Zum Beispiel habe ich es mir gegönnt, in den letzten zwei Monaten zweimal einen Freizeitpark zu besuchen.

Aktivitäten wie diese könnten für dich auch in Frage kommen. Es muss ja nicht gleich ein Freizeitpark sein, aber wenn du früher nie viel Zeit hattest, dann warst du vielleicht auch schon lange nicht mehr im Freibad oder hast einen gemütlichen Tag am See verbracht. Gerade im Sommer gibt es ja ganz viele Möglichkeiten, was man in der Hinsicht machen kann. Meine Mutter und ich haben in den letzten Wochen zum Beispiel auch das Geocaching für uns entdeckt. Das verbindet ein bisschen Denksport, zumindest wenn es sich um Caches handelt, bei denen man vorher Rätsel lösen muss, und man kommt aber auch raus und sieht Orte, die teilweise wunderschön sind, nicht weit von zu Hause weg und die man ohne Geocaching eben nie gesehen hätte.

Es ist natürlich schwierig, dir nun einen konkreten Tipp zu geben, weil wir deine Interessen nicht kennen. Vielleicht kommt die Begeisterung fürs Kochen beziehungsweise Backen ja irgendwann noch zurück, die Idee, neue Rezepte auszuprobieren finde ich wirklich gut. Liest du vielleicht gern? Bücher lesen ist ja auch ein netter Zeitvertreib und auch kein teures Hobby, wenn man sich die Bücher nicht kauft, sondern in der Bibliothek ausleiht.

Es ist doch die Frage, ob dir das alles reicht? Immerhin ist eine Teilzeitstelle vielleicht nicht das, was du möchtest. Vielleicht brauchst du es ja auch ein bisschen gebraucht zu werden. Ansonsten kann ich dir nur empfehlen einfach raus zu gehen. Bei dem schönen Wetter kann man doch viele Dinge machen, auch sozial kannst du dich engagieren und aushelfen. Vielleicht solltest du dir bei einem lang anhaltenden Tief Hilfe bei einer Fachkraft suchen.

Man kann natürlich immer der Frage hinter her hängen, was man machen kann, aber man muss eben auch erst mal anfangen. Du kannst dir ja mal die Frage stellen, was du nächstes Jahr um diese Zeit machen möchtest. Vielleicht bringt dir das etwas.

Wenn du das Gefühl brauchst, gebraucht zu werden, wäre ein Haustier vielleicht etwas für dich. Durch einen Hund hättest du einen geregelten Alltag, da er ja gefüttert und gebadet werden will. Außerdem muss man mit einem Hund regelmäßig rausgehen. Es muss auch nicht unbedingt ein Hund sein, möglicherweise spricht dich ein anderes Tier mehr an.

Vielleicht entdeckst du eine Leidenschaft fürs Kochen oder Backen, vielleicht wolltest du aber auch schon immer mal ein Instrument erlernen, hattest aber bisher entweder keine Zeit oder kein Geld dafür. Ich habe mal vor Jahren meine Cousine so leidenschaftlich schön Geige spielen hören, dass ich überlegt habe, auch das Geige spielen zu lernen. Aber leider habe ich wegen dem Studium weder die Zeit noch das Geld für solche Aktivitäten. Vielleicht möchtest du lieber verreisen? Ich würde am liebsten die ganze Welt sehen. Ferne Länder erkunden, neue Kulturen kennenlernen, außerhalb eines Auslandssemesters.

Möglicherweise wolltest du schon immer mal eine Sprache lernen oder einen anderen Kurs an einer Volkshochschule oder Fernuni belegen? Vielleicht möchtest du dich künstlerisch betätigen? Eine Bekannte von mir hat auch eine Menge Zeit, seit die Kinder alle aus dem Haus sind und sie selbst seit kurzem in Pension ist. Sie besucht Kurse, in denen sie professionell malen lernt. Sie strickt gerne und beschäftigt sich gerne kreativ. Da sie Anfang der Woche ihren ersten Enkel bekommen hat, beschäftigt sie sich gerne damit, kleine Söckchen und Mützchen zu stricken. Sie hat aber auch früher sehr viel gestickt.

Vielleicht möchtest du dich aber auch einfach nur verwöhnen lassen und entspannen? In dem Fall wäre möglicherweise ein Wellness-Spa-Wochenende etwas für dich. Ansonsten könntest du auch all die Bücher lesen, die du schon immer mal lesen wolltest. Vielleicht interessierst du dich ja auch für alte Klassiker von Tolstoi, Schiller, Goethe.

An Ideen mangelt es dir doch gar nicht. Du hast ja selber schon das Malen, Wandern und Kochen erwähnt. Ich denke, du steckst einfach grad emotional ein bisschen in einem Tief. Wenn die Kinder so plötzlich ausziehen, würde mich alles andere aber auch sehr wundern. Das ist ein ganz schön krasser Einschnitt. Ich denke, du musst dich einfach nur an die neue Situation gewöhnen. Das braucht auch ein bisschen Zeit.

Gerade das Kochen und neue Rezepte ausprobieren. Klingt ja klasse, aber für wen eigentlich? Willst du das dann alleine essen, weil deine Kinder ja nun mal weg sind? Ich kann gut verstehen, dass du dich dazu nicht motivieren kannst. Du solltest es auf jeden Fall mit einer Einladung von Freunden verbinden, am besten noch mit gemeinsamen Kochen.

Ich denke, du musst einfach dein Sozialleben ein bisschen neu strukturieren. Bisher waren eben deine Kinder da. Es war also jemand da, der gefragt hat, wie´s dir geht, der dein Gekochtes probiert hat, dem du hinterher geputzt hast. Das fehlt jetzt alles. Auch wenn sie nicht 24 Stunden um dich rum waren, war dein Leben mit ihnen einfach ein ganz anderes. Dir fehlt jetzt keine Beschäftigung, sondern eher der Grund, etwas zu tun.

Bei allem, was du erwähnt hast, gerne tun zu wollen, hast du nie andere Menschen erwähnt. Aber ohne andere Menschen, ohne Sozialkontakte kommen doch die wenigsten Menschen klar. Vielleicht ist die Vorstellung etwas erschreckend für dich. Viele Eltern träumen von der kinderlosen Zeit, wenn die endlich aus dem Nest sind und sind dann erschrocken, wenn sie es gar nicht so toll finden und wollen das sich selbst gegenüber nicht zugeben. Aber es ist doch total natürlich. Und sobald man darauf eingeht, wird es auch besser werden.

Ist doch schön, wenn man sich in so einer Situation befindet, aber da fällt dir sicher noch die eine oder andere Beschäftigung ein. Jeder hat so seine Vorstellungen wie es ist, wenn ein bestimmter Fall eintritt. Nicht immer wird dann auch so gehandelt oder gelebt, wie man sich das vorher vorgestellt hat. Das ist normal und damit muss man einfach mal umgehen können. In deinem Fall empfiehlt es sich einfach mal den Hintern hochzunehmen und die Sachen zu machen, die du schon immer mal machen wolltest. Jetzt hast du die Zeit dafür. Wann willst du es sonst machen? Später bereust du mit Sicherheit, dass du diese Zeit nicht genutzt hast, also mach was daraus.

Es gibt wirklich so viel, was man machen könnte. Du könntest zum Beispiel mal wieder etwas mehr mit den Freunden unternehmen. Vielleicht gelingt es dir einen Mädelsabend auszumachen, zu dem ihr euch dann regelmäßig trefft. Geh mal eine Runde ins Kino oder geht irgendwo Eis essen und quatscht dort eine Weile, einfach mal genießen ist angesagt. Vielleicht knüpfst du so wieder neue Bekanntschaften und entdeckst weitere Sachen, die du mal ausprobieren könntest. Vielleicht ist ja etwas dabei, was dich dauerhaft begeistert und dann wirst du gut damit zu tun haben.

Eigentlich befindest du dich in einer richtig tollen Situation, um die dich wohl viele beneiden werden. Du musst nur Teilzeit arbeiten, hast nicht sonderlich viel im Haushalt zu tun und hast genügend Zeit für eigene Interessen. Das ist wirklich gut, da du dir absolut keine finanziellen Sorgen machen musst und deine freie Zeit einfach genießen kannst.

Es gibt eigentlich viele Möglichkeiten, wie du dir deine Zeit gut und schön vertrieben könntest. So könntest du dir beispielsweise ein Haustier kaufen. Gerade dann, wenn du nur Teilzeit arbeitest, sollte es dir sogar möglich sein, dir einen Hund oder eine Katze zu kaufen. Mit einem Hund müsstest du auch regelmäßig Gassi gehen, so dass du auch täglich raus kommen würdest. Außerdem hättest du immer Gesellschaft. Ansonsten wäre vielleicht auch ein kleineres Tier möglich.

Wenn du gerne reist, könntest du auch hin und wieder über das Wochenende oder auch so für mehrere Tage verreisen. Wenn es dir nichts ausmacht, alleine zu sein kannst du ja öfters Urlaub machen oder dir einfach in einem Hotel in Deutschland ein wenig Wellness gönnen. Das würde ich auf jeden Fall regelmäßig machen, wenn ich die Zeit und das Geld dafür hätte. Das würde mir riesigen Spaß machen und ich wäre auch schön entspannt.

Möglicherweise bist du auch ein wenig unterfordert mit deiner Arbeit und es wäre gar nicht schlecht für dich, wenn du dir noch einen zusätzlichen Job suchen würdest. Dabei solltest du aber in erster Linie darauf achten, dass dir dieser zusätzliche Job auch viel Spaß macht und nicht nur auf das Geld schauen.

Wenn plötzlich Aufgaben wegfallen, die vorher viel Zeit gekostet haben, fällt man schnell in ein Loch und weiß mit der gewonnenen Zeit zuerst nicht viel anzufangen. Man kommt ja aus einer Stresssituation und ist es nicht gewöhnt, viel freie Zeit zu haben. Daran muss man sich erst mal gewöhnen und man sollte sich genug Zeit dafür lassen, sonst baut man ja gleich wieder neuen Erwartungsdruck auf sich selbst auf.

Es gibt ja auch Verluste zu verarbeiten, Kinder die ausgezogen sind und erben tut man ja auch nicht ohne Grund. Vielleicht solltest du nicht gleich zu viel von dir erwarten sondern, langsam anfangen, deine Hobbys wieder zu entwickeln und neue zu entdecken. Vielleicht gibt es noch alte Freundschaften, die in der hektischen Zeit zu kurz gekommen sind, die wieder aufgenommen werden können.

Es klingt ja so, als hättest du alles gut organisiert, also kannst du dich auch darüber freuen, dass dir alles gut gelungen ist und dass du finanziell sorgenfrei sein kannst. Das ist ja auch ein großes Glück. Bewegung an der frischen Luft, Kontakt mit Menschen und kreativ-sein sind Dinge, die das Leben schön machen.

Dir fehlt scheinbar der Zuspruch oder Dank deiner Kinder. Selbst wenn sie dir vielleicht nie direkt ihren Dank gesagt haben, für die Dinge die du erledigt hast, so sind doch Blicke meist wesentlich aussagekräftiger. Nun sind sie ausgezogen, du hast daher weniger zu tun und fühlst dich eher verlassen, als freier. Du kannst malen, dann setze dich doch einfach mal in die Stadt und tue es.

Da kann man auch recht schnell mit anderen Leuten in Kontakt kommen. Vielleicht gibt es bei euch sogar Ecken, wo oft andere Menschen malen und zeichnen, dann wärst du unter Gleichgesinnten ohne den Zwang unbedingt miteinander zu reden oder sich zu helfen.

Oder du entschließt dich etwas ganz neues zu probieren. Es gibt so viel, was man machen kann und wo man dann vielleicht auch interessante Leute kennen lernen. Trauer nicht dem Stress nach, den du mit und durch deine Kinder und deinem Job hattest, sondern schaue dich nach neuen Erfahrungen um.

Im Prinzip arbeitet man ja genau auf dieses Zustand hin, allerdings kann ich es verstehen, wenn man dann damit Probleme hat, wenn man ihn tatsächlich erreicht hat. Irgendwas treibt einen ja immer an: Kinder, Karriere, Miete. Irgendwas ist ja immer. Und ich kenne, wenn ich so darüber nachdenke, auch niemanden, der den Zustand erreicht hat, wo man dann alles hat und zufrieden ist. Wobei, zufrieden scheinst du ja auch nicht zu sein.

Irgend einen Traum hat ja jeder. Würde ich viel Geld zur Verfügung haben, würde ich trotzdem weiter arbeiten. Mir wäre es auch zu langweilig, nichts zu tun. Dann arbeitet man nicht mehr weil man es muss, sondern weil man sonst Langweile hat. Also würde ich einen Job annehmen, der einfach nur Spaß macht. Und wenn ich wirklich mal Zeit hätte, dann würde ich mal ein Sabbatjahr nehmen und eine Weltreise machen. Es gibt einfach Orte, wo ich unbedingt mal gewesen sein will und die würde ich dann bereisen. Allerdings macht das allein auch nicht wirklich Spaß. Da muss man sich schon einen angenehmen Reispartner suchen.

Naja und wenn ich zu viel Geld über hätte, würde ich mir ein Eigenheim zulegen. Das ist definitiv etwas, was ich mir dann gönnen würde.