Sich über Bewerber lustig machen?

Ich habe noch nie erlebt, dass Angestellte in Bewerbungsmappen Einsicht nehmen dürfen und finde das auch sehr daneben. Bei den Bewerbern handelt es sich schließlich um Menschen, die eine Arbeit suchen und respektiert werden wollen. Mitunter können solche Bewerber sogar höher qualifiziert sein, als manch Angestellter des Unternehmens. Arbeit suchende sind keinesfalls Menschen, über die man sich lustig machen sollte. Ursachen gibt es viele, wieso sie eine neue Arbeit suchen.

Da ich noch nie in einem Betrieb gearbeitet habe, kann ich leider keine Aussage über eine solche Erfahrung machen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass in der Personalabteilung über die Bewerbungen und demenstprechend die Bewerber hergezogen wird. Vor allen Dingen das Foto wird ausschlaggebend sein, da es das markanteste an einer Bewerbung ist. Ich finde es auch gut, wenn ein Foto weggelassen werden kann, da es eben den Bewerber selbst nicht wiederspiegelt. Natürlich zeigt man sich von seiner besten Seite auf dem Bild, aber ist das auch in Echt so?

Ich finde es total daneben, dass Leute meinen, sich über andere aufgrund einiger Rechtschreibfehler und eines unvorteilhaften Fotos lustig zu machen. Immerhin könnte das ein baldiger Kollege sein, den man dann doch ganz nett findet. Am schlimmsten ist es aber wohl, wenn der Chef bei solchen Lästereien mitmacht. In einem solchen Betrieb wäre ich wirklich nicht gerne tätig.

Ich war während meiner Praktikumszeit mal eine ganze Weile in einer Personalabteilung untergebracht. Dort war es so, dass man wirklich diskret und vor allem fair mit den Bewerbungsunterlagen umgegangen ist. Ich war auch mal für die Einladungen und Einteilungen zuständig. Hier hat man also schon die eine oder andere Bewerbung gesehen. Teilweise waren wirklich extreme Rechtschreibfehler dabei oder eben andere größere Patzer, die so schon fast das Ausscheiden bedeutet hätten. Darüber gelästert oder gelacht haben wir eigentlich nie, zumindest habe ich es nie mitbekommen.

Es gab jedoch einen Bewerber, der richtig hartnäckig war und wirklich bei jeder Stellenausschreibung eine Bewerbung geschrieben hat. So oberflächlich betrachtet war sie auch in Ordnung und sah auch anständig aus, aber der genaue Inhalt war schon merkwürdig. Warum? Weil er jedesmal den Lebenslauf fast komplett verändert hat. In der einen Bewerbung hat er angeblich vorher 10 Jahre in Firma A gearbeitet und in der anderen 5 Jahre in Firma B. Das war schon sehr seltsam und darüber haben wir uns dann auch mal unterhalten. Direkt darüber lustig haben wir uns aber auch nicht gemacht.

Also ich finde so was ist unterste Schublade. Man bietet einen Ausbildungsplatz an, schaut sich die Bewerbungen durch und macht sich dann lustig über die Bewerber? So was finde ich nicht okay, die Bewerber bemühen sich diesen Ausbildungsplatz zu ergattern und in der Firma wird dann einfach alles schlecht geredet.

Bei meiner alten Firma war es so, dass die Bewerbung zur jeweiligen Abteilung weitergeleitet wurde. Dann lag die Bewerbung dort ca. 3-4 Tage, bis sich die jeder angeschaut hat, obwohl die Entscheidung direkt am ersten Tag fiel.
Selbst ich sollte sie mir anschauen, da ich vielleicht "etwas erspähe, was die anderen übersehen haben". Übrigens, ich bin wahrscheinlich der letzte, der entscheiden darf, wer bei uns Azubi wird. Also wurde da wirklich nach Fehlern gesucht um den bei uns nicht einzustellen, bis dann mal wirklich eine fehlerfreie Bewerbung kam (Ja ich dachte auch, so was gibt es nicht, aber ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen.) Find ich generell schade, aber was will man machen? Will man sich da gegen einsetzen und damit vielleicht seinen eigenen Job riskieren?

Sei froh, dass du da weg bist! Es ist eine Frage des guten Stils, dass man sich nicht über seine Mitmenschen lustig macht, schon gar nicht über Bewerber, die sich ja eh schon verbiegen müssen, um zu gefallen. Bei uns ist das nicht so. Selten schütteln wir mal den Kopf, wenn sich z.B. jemand für ein Praktikum bewirbt und dann als Verfügungszeitraum einen knappen Monat angibt. Aber das würde nie dazu führen, dass wir uns abfällig äußern über diese Person. Mehr als ein "Wir vergeben keine Schülerpraktika" wird es da von unserer Seite nicht zu hören geben.

Ich habe es bei meiner eigenen Bewerbung sozusagen mitbekommen. Ich hatte mich Mitte April in einer Tierarztpraxis für die Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten beworben und wurde sofort zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Als ich dort ankam, lag da ein Riesenstapel an Bewerbungen. Ich wurde direkt nach dem Bewerbungsgespräch zum Praktikum eingeladen und 4 Tage später haben wir bei der Tierärztekammer den Vertrag angefordert.

Im Laufe der Zeit kamen immer wieder Bewerbungen an, die ich dann auch mit einsehen durfte. Und was da ankam, war teilweise echt peinlich. Jemand hat zum Beispiel geschrieben, dass er unbedingt mit Tieren arbeiten möchte, weil die so ein weiches Fell haben und so niedlich sind. Dahinter standen dann drei Herzchen Smileys. Das Mädel war 18. Sorry, aber sowas kann ich nicht Ernst nehmen. Eine Andere Bewerberin hatte 13 Piercings im Gesicht und an den Ohren und hatte nur vieren und fünfen auf dem Hauptschulzeugnis. Der Bewerbungstext ließ das auch hindurch scheinen. So jemand kann nicht in einer Tierarztpraxis arbeiten. Nichts gegen Piercings und auch nichts gegen Hauptschüler (meine Schwester war auch auf der Hauptschule) aber solche Leute kommen bei den Kunden nicht gut an und die suchen sich dann eine andere Praxis.

Da ich eine Zeit lang in einem Büro in leitender Position arbeitete, bekam ich die Bewerbungen natürlich auf meinen Tisch. Und da ich eine Schnüffelnase habe, schnüffelte ich eben sehr gründlich. Und immer fand ich auch ein oder mehrere Haare in der Suppe ... Das ist an sich ja nichts Verwerfliches, aber natürlich belächelte ich auch manche Bewerber, wenn sie zum Beispiel mit allzu schlechter Rechtschreibung auftrumpften und gleichzeitig schrieben, dass sie schon immer im Kindergarten arbeiten wollten, weil sie den Kleinsten etwas beibringen möchten. Das sind so Lacher ...

Manchmal aber da sprachen mich die Bilder der Bewerber an, ebenso die, zumeist kaputten Lebensläufe und ich spürte Mitleid. Einige Bewerber wirkten auf ihren Fotos nämlich richtig verzweifelt: Jahrelang beim Jobcenter "zu Gast" versuchten sie nun im Alter von 50 und mehr Jahren noch einmal Fuß zu fassen. Da tat es mir wirklich Leid, dass ich nicht allein entscheiden durfte.